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Franz Ferdinand & The Cribs // 20.11.2009 // Hamburg, Alsterdorfer Sporthalle

Franz FerdinandÄsthetisch mutet die Alsterdorfer Sporthalle sowohl äußerlich, als auch innerlich sicherlich nicht an. Allerdings ist dies auch ein Fakt, den es am heutigen Abend zu vernachlässigen gilt. Schlicht die Größe der Lokalität ist von Belang, denn offensichtlich bedarf es dieser hohen Kapazität, um all den Besuchern Einlass gewähren zu können, wenn Franz Ferdinand in der Hansestadt spielen. Des Weiteren erweist sich das Vorprogramm als Superlativ – mit The Cribs tritt eine Formation auf, die in ihrer britischen Heimat längst die großen Hallen füllt.

Leider wird der Gruppierung aus dem nord-englischen Wakefield nicht die bombastische Stimmung zu Teil, die das Publikum während des kompletten Konzerts der Schotten von Franz Ferdinand versprühen wird. Darüber hinaus ist der Zuschauerraum bis dato nur sperrlich besetzt, was jedoch der spielerischen Leistung der Engländer keinen Abbruch tut. Sowohl die drei Jarmann-Brüder Ryan, Ross und Gary, als auch der kürzlich hinzu gekommene Johnny Marr wirken frisch und motiviert. Das eröffnende „We Were Aborted“ vom neuen Machwerk „Ignore The Ignorant“ erklingt fast ein wenig diabolisch. Sänger und Gitarrist Ryan springt, stampft, schreit. The CribsSchlagzeuger Ross nutzt seinen Hocker als Podest um mit brachialer Energie auf seine Becken zu schlagen. Das Mikrofon Garys scheint unterdessen den Auftritt nicht wohlbehalten überstehen zu können. Immer wieder presst der Bassist seinen Mund gegen das Mikro, bringt das Stativ aus dem Gleichgewicht, lässt es vor und wieder zurück pendeln. Johnny Marr, gleichermaßen Gitarrist und Legende seines Fachs, spielt seine Fender aufreizend tief und erweist sich als flexibel in seinen Bewegungen. Kurz um, dieses Kollektiv wirkt nicht wie eine Vorband.

Als zweiten Song intonieren The Cribs das zum Szene-Klassiker aufgestiegene „Hey Scensters“. Erfreut darf registriert werden, dass Marr keineswegs die Harmonie des brüderlichen Trios negativ beeinflusst.Vielmehr ist es ihm gelungen, sich als Teil in die Band zu integrieren. So etwa bei „Mirror Kissers“, welches das ehemalige Mitglied von The Smiths gar einleitet.

The CribsNeben den altbewährten Songs der ersten drei Alben, spielt die Band überwiegend Stücke von „Ignore The Ignorant“, die allesamt psychedelisch angehaucht durch die Halle wabern. „City Of Bugs“ begeistert allem voran. Zeitlich überrascht angenehm, dass die Engländer anstatt der üblichen 30 ganze 45 Minuten eingeräumt bekommen. Es wäre ohnehin unmöglich ein derart breites Portfolio, das The Cribs zweifelsohne besitzen, befriedigend in eine halbe Stunde konzipieren zu können. Wie erwähnt, das Quartett ist keine Vorband im eigentlichen Sinne, sondern weit mehr als das.

Nach 30-minütigem Umbau betreten schließlich die Wahl-Glasgower von Franz Ferdinand zu den Klängen einer orchestralen Overtüre die vollends abgedunkelte Bühne. Alex Kapranos, der ehemalige Koch und Lehrer präsentiert sich wie gewohnt gepflegt gekleidet. Sein Gesicht ziert neuerdings ein dezenter Oberlippenbart. Die Band beginnt mit „The Dark Of The Matinée“. Wohl dem, der bereits mit einem derartigen Hochkaräter eröffnen kann, ohne dabei nur ansatzweise die Spannung des Fortverlaufs des Sets zu gefärden.

Das überdimensionale Banner auf dem der Bandname in gothischen Schriftzeichen prangt fällt herunter und enthüllt den Blick auf eine nicht minder große Video-Wand. Es folgt „No You Girls“ von „Tonight: Franz Ferdinand“. Ohnehin gestalten die vier Schotten ihr Programm überwiegend anhand der neuen Werke, wobei Songs der beiden ersten Alben teilweise keine Beachtung finden. Ein beherztes „Do You Want“ darf jedoch genau so wenig fehlen wie das ebenfalls auf „You Could Have It So Much Better“ vertretene „Outsiders“.

Franz FerdinandAlex Kapranos brilliert in seiner Rolle als Gastgeber und bewegt sich geschmeidig über die Bühne. Die weit über 3000 Besucher in der Alsterdorfer Sporthalle sind dem Sänger gänzlich hörig, klatschen frenetisch mit und glänzen durch firme Textkenntnisse. So blickt das Quartett auf ein weites Meer aus Händen, das sich in nun dezentem Licht bewegt, als die Formation das durch Synthesizer getragene „Ulysees“ intoniert. Der Funke ist zweifelsohne übergesprungen. Kapranos übereignet der Masse sein Sakko, Nick McCarthy klettert gar auf eine neben der Bühne befindliche Lautsprecherbox. Sein Gitarrenspiel wirkt impulsiv wie eh und je. Schade ist hingegen, dass der in München aufgewachsene McCarthy an diesem Abend nicht auf seine hervorragenden Deutsch-Kenntnisse zurück greift. Allgemein scheinen die Musiker wenig gesprächig, dafür allerdings umso intensiver in ihrer musikalischen Erscheinung.

Bassist Robert Hardy bewegt sich eher gedankenverloren hin und wieder an den vorderen Rand der Bühne, während sich Schlagzeuger Paul Thomson gänzlich verausgabt.

„Take Me Out“ fegt als Druckwelle über das Publikum hinweg, im Hintergrund funkeln grelle Neon-Quadrate und verleihen dem Auftritt eindeutig psychedelische Aspekte. Ein zweites Schlagzeug wird herein getragen, welches die Band-Mitglieder fortan rücksichtslos bearbeiten werden. McCarthy kniet vor der Bass-Drum während er auf selbige drischt. Alex Kampranos bedient die Becken, Robert Hardy spielt die Toms und Paul Thomson spielt mit großer Hingabe sowohl Snare als auch Tambourin.

Franz FerdinandDieses rhytmische Spektakel ist gleichbedeutend Schlusspunkt des regulären Sets. Selbstverständlich kein befriedigender, da überraschend und eindeutig zu früh. Sofort betritt die Crew die Bühne um Gitarren zu stimmen und die Bühne bestmöglich in ihren Urzustand zurück zu versetzen. Das Quartett lässt sich anschließend nicht lange bitten und setzt mit „This Fire“ einen bestimmten und würdigen Abschluss, der die Zuschauer nochmals zu bedingungsloser Interaktion nötigt und schallend verkündet, dass „das Feuer außer Kontrolle geraten sei und man die Stadt abbrennen müsse“.

So schallt es heraus in eine regnerische Hamburger Nacht, in deren Luft jedoch die energetische Spannung eindeutig noch greifbar ist. Ein Konzert, zwei großartige Bands und überaus leidenschaftliche Musik machen diesen Abend unvergesslich.

Bilder des Abend findet Ihr demnächst hier.

weitere Deutschland-Termine von Franz Ferdinand & The Cribs

24. Nov. 09 Berlin – Arena

25. Nov. 09 Düsseldorf – Philippshalle

4 comments

  1. Christine says:

    Ein großartiges Konzert! Danke, Marc, für die detaillierte Beschreibung! So kann ich alles noch einmal in Ruhe Revue passieren lassen. Für mich waren The Cribs mit Johnny Marr ein echtes Highlight! Die Wiederbegegnung mit Johnny war unglaublich bewegend. Schade, dass Franz Ferdinand die Gelegenheit nicht genutzt haben, gemeinsam mit der Legende einen Smith-Song zu spielen…

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