Startseite » Im Gepräch mit Steiner&Madlaina

Steiner&Madlaina Foto: Nils Lucas

Im Gepräch mit Steiner&Madlaina

Es ist Sommer, als der Brief mit der CD von Steiner&Madlaina reinflattert. Wir essen Wassermelone und Eis, das einzig Wahre bei der Hitze, die Süße tropft auf Haut und Seele. Gegen Abend kommen Freunde vorbei, nehmen ungefragt Wein aus der Küche. Einer sieht zufällig die CD, fischt sie vom Schreibtisch und hält sie hoch und lacht: „Guckt mal, da steht „Cheers“ drauf!“ Er köpft eine Flasche und legt den Tonträger in die Anlage. Wir setzen uns auf den Balkon, die nackten Beine auf der Brüstung, trinken Wein aus Wassergläsern und sinnieren über den endlosen Sommer. Nach einer Weile fragt jemand erstaunt: „Ist das immer noch dieselbe Musik?“ Die Sprache hat gewechselt und auch der Sound. Was zärtlich angefangen hat, klingt nun groß und orchestral, als wolle man eine Filmleinwand füllen! Der Regler wird lauter gestellt, wir hören zu und bleiben lange still. Schön ist das.

Nur beim letzten Lied gucken wir uns fragend an und müssen lachen. Die Sprache klingt wie von einem anderen Stern.

Steiner&Madlaina sind zwei Musikerinnen aus Zürich. Sie lernen sich in der Schule kennen, haben einen ähnlichen Humor und beschließen  zusammen das zu machen, was sie lieben: Musik. Sie spielen kleine Konzerte vor Freunden, die so gut ankommen, dass sie weitermachen. Die ersten beiden EPs erscheinen bei Lauter, Label und Musikagentur in Zürich, die nicht nur Heimat und Sprungbrett für Schweizer Bands in die weite Welt ist, sondern die auch ein kleines, feines Festival in Zürich ausrichten. Steiner &Madlaina sind dabei und haben mittlerweile den Sprung nach Deutschland geschafft. Ihr Debütalbum „Cheers“ erscheint am 19. Oktober bei dem deutschen Label Glitterhouse Records. Wir haben sie in Leipzig getroffen, kurz bevor sie als Support von Faber ein Konzert spielen.

Mainstage: Ich hab mir euer Album „Cheers“ angehört und mag das sehr. Es wird mit jedem Anhören etwas besser!

Madlaina: Danke, das freut uns.

Nora: Danke!

Mainstage: Es ist vielseitig geworden, sowohl stilistisch, als auch sprachlich. Wie habt ihr die Auswahl der Lieder getroffen und die Reihenfolge festgelegt? Das ist ja sprachlich wild durcheinander gemischt.

Madlaina: Also erstens haben wir Lieder genommen, die uns gleich gut gefallen haben. Zweitens sollten sie zusammenpassen, ob nun thematisch oder vom Sound her. Wir haben die Reihenfolge gewählt ohne auf die Sprache zu achten, sondern haben geschaut, was vom Gefühl und von der Musik den schönsten Bogen macht.

Mainstage: Auf dem Album singt ihr in drei Sprachen: Deutsch, Englisch und am Ende in Schweizerdeutsch. Es hätten ja auch fünf sein können – Italienisch und Griechisch dazu. War das mal eine Option?

Madlaina: Nein, wir singen zwar manchmal auf Italienisch und Griechisch, aber schreiben damit keine Songs.

Nora: Dafür kann ich es auch zu wenig, als dass ich auf dem gleichen Niveau schreiben könnte.

Mainstage: Wie entstehen eure Songs? Ist es so, dass die eine mehr den Fokus auf den Text hat und die andere auf die Musik? Teilt ihr euch das?

Madlaina: Wir machen beide beides. Bei mir ist es so, dass da meistens erst ein Satz ist, den ich irgendwo aufschnappe oder der mir einfällt und dann entsteht daraus der Text und zeitgleich die Musik. Ich kann keinen Text schreiben ohne Melodie, das gehört bei mir zusammen.

Nora: Das ist bei mir ähnlich. Entweder hab ich etwas auf der Leber und muss es loswerden oder es geht mir schlecht, dann geht’s darum das rauszulassen und das macht dann die Musik. Ich hab auch schon einmal einen Text geschrieben, der konstruiert war, das war bei „Linen Sheets“ auf unserer zweiten EP. Da wusste ich genau, was ich wollte. Das ist eine Konversation zwischen zwei Menschen, ich weiß nicht ob man das merkt. Wenn man´s weiß, wahrscheinlich schon.

Mainstage: Ihr habt jetzt zwei Singles vom neuen Album draußen: „Wenn du mir glaubst“ und „Das schöne Leben“. Ich hab ja zuerst das Album, also die Lieder gehört, ohne das Video zu kennen und natürlich hat man da seine eigenen Bilder im Kopf. Das Video zu „Das schöne Leben“ hat mich dann schon überrascht.

Madlaina: Welche Bilder hattest du denn im Kopf?

Mainstage: Vor allem Resignation. Da sind Leute, die sich ihr Leben schön trinken und nichts tun, um es zu ändern. Sie denken, dass sie das sowieso nie erreichen können und versuchen es erst gar nicht. Das Video dagegen ist für mich eher Kritik am Konsum des immer Gleichen.

Nora: Das Video haben zwei Freunde von uns gemacht. Da wird eine Werbung dargestellt und deshalb passt es ganz schön, finde ich. Werbung für ein Produkt stellt ja das vermeintlich schöne Leben dar und ist eigentlich immer Fassade. Frauen sind darin immer wunderschön, keiner hat Fehler oder Makel und wenn doch, wird´s mit Photoshop kaschiert. Die Frau isst diesen Joghurt, weil sie denkt, dass sie damit schön bleibt, obwohl sie ihn eigentlich gar nicht mag.

Madlaina: Ich finde es ganz schön, dass das Video losgelöst ist von den Fakten im Text. Wir wollten nicht alle Aspekte zeigen, die das schöne Leben haben könnte.

Nora: Und ich bin auch ein Fan davon, dass in einem Video die Idee gut ist, aber der Inhalt simpel bleibt. Das Video ist ja am Anfang schon ein bisschen lustig und später dann nicht mehr…

Madlaina: …dieses Bittersüße, das ist im Song genauso. Die Musik ist ja eher peppig und der Text gar nicht.

Nora: Ja genau, da entspricht das Video der Ästhetik des Songs. Und es ist ein Doppelvideo! Da kommt ja noch eines.

Mainstage: Zu welchem Lied?

Madlaina: Zu „Prost Hawaii“. 

Mainstage: Bei „Prost Hawaii“ musste ich ein bisschen an Element of Crime und „Am Ende denk ich immer nur an dich“ denken, zumindest was den Text angeht. Ich finde es schön, wenn mit Texten Bilder gemalt werden. Bei euch ist es ein Kind, das auf einem Platz Toast Hawaii kaut, bei Element of Crime ist es das Kind auf der Schaukel. Habt ihr dieses Kind wirklich so gesehen oder ist das ein fiktives Bild?

Nora: Doch, das war schon so, auch wenn es etwas verwirrend klingt. Da, wo wir früher gewohnt haben, gab es einen Platz mit einem Brunnen in der Mitte. Ich war da gerade in einer komischen, verwirrten Phase, alles ging schief und ich dachte meine ganze Welt bricht zusammen – was dann aber nicht so war. Zur Beruhigung saß ich an diesem Platz und hab die Leute beobachtet. Da war diese Gruppe Touristen, die vorbei ging, die auch im Song vorkommt und eben dieses Kind.

Madlaina: Element of Crime ist auch etwas, was wir uns oft anhören. Die Texte sind megaschön. Das stimmt mit der Ähnlichkeit. Aber lustig: Ob es das Kind wirklich gab, das hat noch nie jemand gefragt! Also: ja! Das war ein echtes Kind.

Mainstage: Welche Bands oder welche Musik haben euch beeinflusst? Was habt ihr gehört als ihr jünger wart?

Madlaina: Ich hab früher megafest Deutschpunk gehört. Die Ärzte, da war ich ein Megafan. Das ist jetzt nicht die Musik, die ich mache, aber von den Texten und Gedanken hat mich das schon beeinflusst.

Nora: Was die Platte jetzt betrifft, würde ich sagen Timber Timbre. Das ist Musik, die wir beiden sehr mögen. Oder die Platte von The Kooks „Listen“, die ist megacool. Da mochten wir die Art, wie das Schlagzeug aufgenommen wurde und die Snare. Das hat uns schon inspiriert.

Mainstage: Und früher?

Nora: Da war ich Riesenfan von Shakira. Aber nur eine kurze Zeit, mit 8 oder so. Und dann hatten wir alle so eine Skater-Phase in unserem Jahrgang…

Madlaina (lacht): Ja, das stimmt!

Nora: … und haben diese wirklich schlechten Skater Bands gehört.

Madlaina: Blink 182 

Nora: Die hab ich nie gehört. Aber Sum 41. Was eigentlich noch schlimmer ist. (Beide lachen)

Mainstage: Ihr spielt ja seit vielen Jahren schon live, erst in der Schweiz, jetzt immer mehr auch in Deutschland. Könnt ihr einen Unterschied zwischen Konzerten in der Schweiz und in Deutschland sehen, mal abgesehen von der Größe?

Nora: Ja, das Publikum ist offener in Deutschland und dieses „Fan-Ding“ ist extremer als in der Schweiz. Das liegt wahrscheinlich an der Mentalität der Schweizer. Die Leute sind grundsätzlich zurückhaltender, man soll nicht auffallen. Die Deutschen sind da schon anders, sie sind offener und kommen auf einen zu.

Madlaina: Vielleicht ist es auch so, dass die Deutschen sich schneller auf etwas Neues einlassen. Die Schweizer sind da kritisch. Wenn da etwas kommt, das sie noch nicht kennen, sind sie zurückhaltender. Aber so ganz genau kann ich das noch nicht sagen, da wir ja bisher viel Support gemacht haben. Das muss man dann vielleicht nach der ersten eigenen Tour nochmal sehen.

Mainstage: Die ja bald kommt… (Anm.d.Red.: Tourdaten folgen unten)

Madlaina: Ja genau. Da freuen wir uns schon drauf.

Mainstage: Jetzt würde ich gerne noch eine schnelle Fragerunde machen. Ich gebe euch ein Stichwort oder einen unvollendeten Satz und ihr sagt mir, was euch spontan dazu einfällt.

Beide: Okay!

Mainstage: Bei welchem Song habt ihr das letzte Mal lauthals mitgesungen?

Nora: Lana Del Rey „Born to die“

Madlaina: Die Höchste Eisenbahn mit „Gierig“. Das war heute im Auto.

Mainstage: Das beste Album, das je produziert/komponiert worden ist?

Madlaina: Oh Gott! Das kann man nicht spontan beantworten. Moment mal bitte.

Nora: „Division Bell“ von Pink Floyd. 

Madlaina: Hätte ich auch gesagt. Ach scheiße. Ich nehme das auch… ist ein starkes Album.

Mainstage: Der beste Song ever?

Nora: Leonard Cohen „Suzanne“

Madlaina: Es gibt so viele…vielleicht Led Zeppelin „The Rain Song“.

Mainstage: Der beste Song, den ihr selbst geschrieben habt?

Nora: Ich finde „Linen Sheets“. Also bei mir jetzt.

Madlaina: Ich nehme „Groß geträumt“. Das ist von meinen Texten der Emotionalste für mich.

Mainstage: In eurem Video zu Still (von der ersten EP „Ready to climb“) – fehlt euch da jemand?

Madlaina: Da fehlt jemand?

Mainstage: Ich weiß nicht…

Madlaina: Ich hätte gern Pete Doherty dabei gehabt.

Nora (überlegt): Warte, ich will was anderes sagen.

Madlaina: Doch… unser Bassist Nico fehlt!

Nora: Ich hätte gerne Vujo Gavric dabei gehabt.

Mainstage: Entschuldigung…wer ist denn das?

Nora: Das war einer der ersten Bachelors bei uns.

Mainstage: Interessant.

Nora: Der war legendär in der Schweiz!

Mainstage: Ok. Nächstes Stichwort: Festivals.

Madlaina: Anstrengend! Das ist das erste, was mir einfällt. Aber natürlich nicht nur.

Nora: Schön.

Mainstage: Nils Lucas.

Nora: Der hat unsere schönen Fotos gemacht. Ein Freund.

Madlaina: Der ist super! Und er ist heute auch hier und fotografiert.

Steiner&Madlaina | Foto: Nils Lucas

Mainstage: Fußball. 

Nora: Interessiert mich nicht.

Madlaina: Ich verbinde das immer damit: Ich war klein, mein Vater guckt Fußball und ich fand´s megalustig.

Mainstage: Lauter.

Beide: Freunde!!

Mainstage: Zürich bei Nacht…

Madlaina: …ist immer sehr schön, wenn man über eine Brücke geht. Das sieht super aus bei Nacht.

Nora: …ist immer spannender geworden. Man kann mittlerweile auch an einem Wochentag weggehen, es gibt fast immer ein Programm. Also wenn man nicht schlafen möchte, kann man weggehen und Party machen. Tatsächlich geh ich lieber unter der Woche aus, weil es am Wochenende richtig voll ist.

Mainstage: In 10 Jahren werden wir…

Madlaina: …werde ich 32 sein.

Nora: …werden wir hoffentlich noch das Gleiche machen und hoffentlich gut davon leben.

Mainstage: Heute Abend werden wir noch…

Madlaina: …ein Konzert spielen! Jetzt gleich.

Nora: Und vielleicht noch Leipzig anschauen. Sonst sind wir ja immer gleich nach den Konzerten nach Hause gefahren. 

Madlaina: Und heute haben wir endlich mal etwas Zeit!

Nora: Ich war noch nie in Leipzig und bin neugierig wie das ist.

Mainstage: Okay, das war es schon. Vielen Dank für das Gespräch und viel Spaß beim Konzert und in Leipzig!

Beide: Dankeschön!

Album: „Cheers“ 
(VÖ 19.10.2019 bei Glitterhouse Records) 
Mehr Infos unter: Steiner&Madlaina. 

Tourdaten:

  • 08.01.19 Freiburg, Jazzhaus Freiburg
  • 09.01.19 Würzburg, CAIRO, Jugendkulturhaus Würzburg
  • 10.01.19 Karlsruhe, Substage
  • 11.01.19 Köln, Stereo Wonderland
  • 12.01.19 Düsseldorf, The Tube
  • 13.01.19 Langenberg, KGB – Kultur.Güter.Bahnhof
  • 15.01.19 Hannover, LUX – Concerts
  • 19.01.19 Bremen, Zollkantine
  • 20.01.19 Hamburg, Nochtwache
  • 22.01.19 Mainz, Kulturclub Schon Schön
  • 23.01.19 Berlin, Musik & Frieden
  • 24.01.19 Lübeck, Riders Cafe & Riders Classic
  • 25.01.19 Magdeburg, Moritzhof
  • 26.01.19 Osnabrück, Kleine Freiheit
  • 27.01.19 Darmstadt, TIP – Theater im Pädagog
  • 29.01.19 Dresden, Ostpol
  • 31.01.19 AT-Wien, Rhiz Vienna
  • 02.02.19 Nürnberg, club stereo
  • 03.02.19 München, Backstage München
  • 04.02.19 Reutlingen, Kulturzentrum franz.K Reutlingen
  • 05.02.19 Ansbach, Ansbacher Kammerspiele
  • 06.02.19 Leipzig, Moritzbastei
  • 07.02.19 Erfurt, Museumskeller und HsD Erfurt

Wir freuen uns über deinen Kommentar: