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Im Gespräch mit James Yuill

Im Rahmen des Immergut Festivals in Neustrelitz haben wir erneut die Möglichkeit ein Gespräch mit dem britischen Singer/Songwriter und Laptop-Künstler James Yuill zu führen. Unser vorheriges Treffen ereignete sich kurz nach dem Erscheien seines Debüts „Turning Down Water For Air“. Mittlerweile ist bereits der Nachfolger „Movement In A Strorm“ fertiggestellt und steht kurz vor der Veröffentlichung.

Ein offensichtlich bewegender Moment für den langen Schlacks, der vorab gar zu Protokoll gab, dass er die momentane Situation, ob der Preisgabe des neuen Materials, beängstigend fände. Und das aus dem Mund eines hochaufgeschossenen Mannes, der gleichermaßen positive Kritiken von Presse und Publikum erhält. Rein charakterlich scheint sich Yuill also überhaupt nicht gewandelt zu haben. So gestand er bei unserem ersten Treffen in Hamburg vollkommen ungeschönt, dass er sein Gitarrenspiel eindeutig als seinen Schwachpunkt erachte und nicht wirklich wisse ob seine momentane Situatuion tatsächlich Erfolg verheiße.

Ein Jahr ist vergangen und uns sitzt auf den Holzbänken zwischen einer Pommes-Frites-Bude und einem Bier-Wagen auf dem Festivalgelände des Immergut ein augenscheinlich gänzlich unverwandelter James Yuill gegenüber. Er habe im vergangenen Jahr viel gespielt und als er Erfolg wolle er seine Welt-Tournee auch nicht bezeichnen. Das Gitarrenspiel sei immer noch sei immer noch sein Schwachpunkt und am Umfeld zu den Aufnahmen habe er so wenig wie möglich verändert. Nicht langweilig, sondern sympathisch bodenständig.

Unter freiem und bewölktem Himmel sitzend, sind wir froh, dass wir während unseres Gesprächs von Regen verschont bleiben. Natürlich sprechen wir über das demnächst erscheinende Album, aber auch über den Exkurs des Künstlers in die japanische Kultur und sein Arrangement mit dem von ihm eigentlich ungeliebten Tour-Apparat.

Mainstage: Es ist ein Jahr vergangen seit dem Du „Turning Down Water For Air“ veröffentlicht hast. Du warst viel unterwegs. Welche Impressionen hast Du während dieser Zeit gewonnen?

James Yuill: Das war alles ganz schön verrückt, wenn ich daran zurück denke, dass ich das Album in meinem Schlafzimmer für mich selber aufgenommen habe und dann damit ein Jahr lang auf Tour war und in Japan oder am Strand auf den Bahamas gespielt habe. Es war überwältigend an Orte zu kommen, an denen ich zuvor noch nie gewesen bin und dort auf Leute zu treffen, die meine Songs mitgesungen haben. Ich glaube, dass hat mit der globalen Verfügbarkeit des Internets zu tun. Trotzdem ist es schon verrückt, an Orte zu kommen, an denen du noch nie warst und die Leute dich erkennen.

Besonders die Japaner sind diesbezüglich etwas besonders.

Das war der einzige Ort, an dem ich mich wirklich wie ein prominenter gefühlt habe.. Nach dem Konzert haben die sich angestellt, um Autogramme und Fotos zu bekommen. Ich war dort mit The Answering Machine, einer anderen Band aus England, die eine akustik Show gespielt haben. Schon als wir dort ankamen, waren alle Blicke auf uns gerichtet, aber trotzdem in einem respektvollen Rahmen.

Hinzu kommt, dass die Japaner durchschnittlich etwas kleiner sind. Du hingegen bist sehr groß.

Na ja, so schlimm war es nicht. Ich habe mich nicht so sehr wie ein Freak gefühlt. Außerdem waren dort auch einige große Japaner. Ich hatte eine tolle Zeit dort.

Das japanische Volk gilt als sehr höflich.

Das stimmt. Sie sind sehr respektvoll. Normalerweise gibt es Hintergrundgeräusche während eine Band spielt, etwa das Klirren von Gläser. Dort war Totenstille während ich auch gespielt habe, weil alle auf die Musik konzentriert waren. Auch nach einem Song war erst mal ein Moment kompletter Stille.

(Eine große Mücke landet auf der Stirn des Sängers, der jedoch einem Stich gerade noch zu entgehen scheint. Auch die um uns herum befindlichen Bierzeltgarnieturen sind mittlerweile gut ausgelastet.)

Ich erinnere mich noch an Deinen Auftritt in der hamburger Prinzenbar im vergangenen Jahr. Mittlerweile hast weltweit beachtlichen Erfolg erlangt. Immerhin tritts Du weltweit auf.

Ich weiß nicht, ob ich das als erfolgreich bezeichnen würde. Wenn du keine große Plattenfirma hinter dir hast, ist das genau was du tun musst- reisen und spielen. Du musst viele Städte bereisen, um den Leuten dort deine Musik vorzustellen.

Du bist bei MoshiMoshi unter Vertrag. Ein eher kleines Label.

Ja, das ist es in Großbritannien. Ich finde das sehr gut. Die Leute von MoshiMoshi wissen was sie tun und wenn du dort als Künstler unterschreibst, kannst du das vertrauensvoll tun, weil sie den Eindruck von dir haben, dass du gut seist. Ein sehr beliebtes Label in Großbritannien.

Außerdem hast Du sehr viel Freiraum, was Deine Arbeit betrifft.

Im kreativen Bereich auf jeden Fall. Das habe ich vor allem mit dem Album festgestellt. Dort hieß es ‚Dein Album ist fertig, willst du es veröffentlichen?‘

Hast Du Dein neues Album „Movement In A Storm“ wieder in Deinem Schlafzimmer aufgenommen?

Ja, habe ich. Der einzige Unterschied war diesmal, dass ich ein Studio anmieten musste, um das Material zu mastern, weil ich zu Hause lediglich Mono-Spuren aufgenommen habe. Um die Songs fertig zu stellen, musste ich dann ins Studio gehen. Ansonsten habe ich versucht, nicht zu viel an der Situation zu verändern. Selbes Mikrofon, selbe Gitarre. Ich glaube, ich habe nicht einmal die Saiten meiner Gitarre gewechselt.

Würdest Du also sagen, dass Du den Geist Deines ersten Albums beibehalten konntest?

Ich denke schon. Es war schon komisch, wieder in diese Atmosphäre einzutreten, weil es so lange her war, dass ich ein Album aufgenommen habe. Ich würde schon sagen, dass alles gleich geblieben ist und dass das auch der einzige Weg für mich ist, weil ich in anderen Dingen nicht wirklich bewandert bin.

Du hast im Bezug auf das neue Album gesagt, dass es toll sei neues Material zu veröffentlichen, mit diesem Schritt bei Dir allerdings auch eine gewisse Angst einher ginge.

Ich meine, es ist mein zweites Album. Wenn du ein Album hast, wird es gemocht oder nicht. Jetzt haben die Leute die Möglichkeit zu vergleichen. Ich hoffe, dass die Leute mein zweites Album favorisieren. Ein gewisser Druck ist damit natürlich verbunden.

Denkst Du wirklich?

Oh ja, der ist eindeutig präsent- du kannst ihn förmlich spüren. Du hast ein ganzes Team um dich herum: Manager, Plattenfirmen und dazu die Presse. Außerdem natürlich die Fans, die dein erstes Album mochten. Du musst viele Leute zufrieden stellen.

Hat sich Dein Team großartig verändert, seit Du Dein erstes Album veröffentlicht hast?

Nein, eigentlich ist es so ziemlich dasselbe. Der Druck hat sich einfach verändert. Ich meine, es besteht immer ein Druck, wenn du ein gutes Album machen möchtest, schließlich willst du keinen Mist raus bringen. Es ist einfach die Art, wie ich die Leute zufrieden stellen muss.

Das ist, was Du gefühlt hast, als Du in Deinem Schlafzimmer gessen und diese Songs geschrieben hast?

Ja, was komisch ist, weil die Umstände eigentlich gleich geblieben sind. Es ist einfach die Situation ein zweites Album zu machen.

Ich hatte bisher leider nur die Möglichkeit mir einen Deiner neuen Songs anzuhören. „Give You Away“. Dieser Song klingt viel elektronischer, als Dein komplettes erstes Album.

Ja. Das ist der einzige Song auf dem neuen Album, für den ich keine Akustik-Gitarre eingespielt habe. Allerdings habe ich ihn auf meiner Akustik-Gitarre geschrieben und anschließend auf die Bass-Linie übertragen. Ich würde ihn als Elektro-Ballade beschreiebn. Er fängt sehr langsam an, ein bisschen wie Nick Drake. Es ist immer noch ein Song, den man auf der Gitarre spielen kann.

Zu dem hast Du gesagt, Du hättest versucht die akustischen Sequenzen beizubehalten und die elektronischen Sequenzen zu optimieren. Ist Dein zweites Album demnach konzeptioneller?

Ich denke nicht. Mein Hauptaugenmerk lag eigentlich darauf, wieder diesen umfassenden Bereich abzudecken. Ich meine, ich mag gute akustische Musik. Das Einzige, was ich bewusst verändert habe, war dieses Album tanzbarer zu machen. Ich glaube, das habe ich hinbekommen.

Deine Konzerte sind verhältnismäßig hart. Zumindest ist das, was Du auf der Bühne leistest nicht das, was man erwartet, wenn man sich „Turning Down Water For Air“ anhört.

Ich weiß. Das kam daher, weil mir mein originaler File für das Album gestohlen wurde und ich einen neuen für die Auftritte remixen musste, der etwas härter war. Das neue Set ist etwas abwechslungsreicher und hat auch einige ruhigere Passagen, ist also nicht komplett House lastig, aber trotzdem noch ziemlich hart.

Wie gesagt, Deine Konzerte weisen einen großen Kontrast auf.

Ja, ich finde, du musst deine Konzerte von der CD abheben. Das versuche ich. Ich meine, wenn es den Leuten nicht gefällt, können sie sich die CD anhören, aber ich genieße die Freiheit, meine Songs für Auftritte remixen zu können. Das hält die Musik für mich und auch für das Publikum interessant.

Das ist vielleicht auch ein Grund dafür, warum Dein Publikum sehr gemischt ist. Sowohl jüngere, als auch ältere Menschen besuchen Deine Konzerte. Die älteren Besucher sehen James Yuill vielleicht lieber als einen klassischen Singer/Songwriter, die Jüngeren sehen Dich eher anders. Gefällt Dir diese Mischung Deines Publikums?

Manchmal erhalte ich vor Auftritten den Hinweis, dass ich eher akustisch spielen solle. In Clubs ist es natürlich weitaus schwirieger einen akustischen Song unterzubringen, weil die Leute sich nicht so sehr dafür interessieren. Manchmal funktioniert auch beides. Das kommt natürlich auch darauf an, wo du einen Song im Set platzierst. Ich finde es großartig, dass meine Fans einfach meine Musik, die ich mache, zu mögen scheinen. Manchmal hatte ich das Gefühl eines der beiden Segmente durch den jeweiligen Trend ein wenig zu verlieren. Entweder zu elektronisch oder zu akustisch.

Bei unserem letzten Treffen hast Du die Verbindung aus Gesang und paralellem Gitarrenspiel als Deinen Schwachpunkt bezeichnet. Siehst Du das immer noch so?

Das verlangt mir immer noch am Meisten ab. Ich meine, ich versuche es für die Leute interessant zu machen mir zu zusehen.

Bist Du während des letzten Jahres selbstbewusster geworden- vor allem auch durch die vielen Konzerte, die Du gespielt hast?

Definitiv. Das habe ich gegen Ende des letzten Jahres festgestellt. Normalerweise bin ich sehr nervös bevor ich auf die Bühne gehe, allerdings gelangte ich mit meinem damaligen Set an einen Punkt, an dem ich nicht mehr wirklich nervös war, was sehr ungewohnt für mich war. Allerdings glaube ich, dass ich mit dem neuen Set wieder bei Null anfange und wieder in meine Nervosität zurück falle.

Hast Du schon neue Songs live gespielt?

Ja. Ich spiele nur noch drei oder vier alte Songs, der Rest ist neu.

Probst Du Deine alten Songs überhaupt noch?

Als ich das neue Set entwickelt habe, gingen auf jeden Fall viele Proben damit einher. Ich komme hoffentlich irgendwann an den Punkt, an dem ich das Set einfach abrufen kann.

Du spielst viele Festivals, unter anderem auch in England. Ist es etwas Besonderes für Dich ein Festival in Deiner Heimat zu spielen?

Natürlich ist das immer schön, aber um ehrlich zu sein, ist ein Festival ein Festival, ganz egal wo du gerade bist. Das Einzige, was sich verändert, ist der Ort. Alles andere bleibt ziemlich gleich. Das Problem an Festivals ist, dass du schnell in einen Trott gerätst. Du reist an, du reist ab. Als ich begonnen habe Festivals zu spielen, bin ich das ganze Wochenende geblieben. Aber wenn du in der Situation bist zwei Festivals an einem Wochenende zu spielen, funktioniert das natürlich nicht mehr. Morgen früh fliegen wir schon wieder zurück.

Du bevorzugst es also in Clubs zu spielen?

Hmm, nicht unbedingt. Ich mag beides. In Clubs ist es immer sehr laut. Das Publikum ist meistens sehr gut, keine Frage, aber ich mag auch einen etwas internationaleren Rahmen. In einem Club würde ich beispielsweise keinen akustischen Song spielen.

Aber hast Du es in Clubs nicht einfacher? Du hast Deinen Lichttechniker und meistens sind die Leute nur dort, um Dich zu hören. Bei einem Festival musst Du, ich meine nicht unbedingt kämpfen, aber auf jeden Fall härter arbeiten.

Ich sehe das als Chance Leute zu erreichen, die sonst nicht unbedingt eines meiner Konzerte besuchen würden. Bei einem Festival schauen die schon eher vorbei, wenn ich spiele. Deswegen genieße ich es bei Festivals zu spielen.

Hast Du den Eindruck, dass Dich die Organisatoren seit Deinem Erfolg mit „Turning Down Water For Air“ ernster nehmen und Dir vielleicht bessere Spielzeiten geben, als sie es vorher getan haben?

Ehrlich gesagt befindet sich das noch in der Schwebe. Ich fühle mich immer noch, als ob ich gerade anfangen würde, weil das letzte Jahr so schnell vergangen ist. Ich fühle mich immer noch, als wenn ich das erste Album bewerben würde. Wenn das neue Album draußen ist und wir sehen wie die Reaktionen sind, werde ich wahrscheinlich ein bisschen mehr entspannen. Im Moment bin ich allerdings noch ein wenig unsicher. Ich meien, die Leute können es lieben oder hassen.

Hast Du überhaupt noch freie Zeit, die Du zu Hause mit Deinen Freunden verbringen kannst?

Ende vergangenen Jahres habe ich begonnen mein Album aufzunehmen, war also zu Hause und bin nicht viel gereist. Es ist schön nicht jede Woche im Flugzeug zu sitzen, aber das entspricht einfach naturgemäß meiner Arbeit.

Du hast Dich also mit dem Tour-Apparat arrangiert?

Es ist einfach Teil meiner Arbeit und das ist auch in Ordnung. Dem entsprechend genieße ich es auch.

Zwischen unserem Gespräch mit dem Briten und seinem späteren Auftritt fällt schließlich doch ein wenig Regen. Zu Beginn des Konzerts Yuills jedoch strahlt erneut die Sonne und verhilft dem Künstler mitunter auch zu einem zahlreichen Publikum, das sich auch außerhalb des an den Seiten geöffneten Zirkus-Zelts positioniert. Wie angekündigt spielt der Engländer vornehmlich neue Songs, die wunderbar das ältere Material ummanteln. Und auch bezüglich tanzbarkeit hat Yuill keinesfalls übertrieben. Die Menschen bewegen sich und spenden großzügig Applaus, was der Künstler sichtlich genießt. Wir genießen ebenfalls und freuen uns, dass James Yuill bald für weitere Auftritte nach Deutschland zurück kehrt.

Unser erstes Interview mit James Yuill findet Ihr hier.

Zum Rückblick auf das Konzert in der Prinzenbar gelangt Ihr hier.

James Yuill auf Deutschland-Tour

18. Jun. 10 Berlin – Magnet

24. Jun. 10 Köln – CoPop Music Fair

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