Nachdem VIMES nicht mehr mit Hot Chip durch Südamerika tingeln, sondern wieder in deutschen Gefilden sind, hatten wir die Gelegenheit und trafen Azhar Syed, Julian Stetter und Neuzugang Johannes Klingebiel (mit dem es jetzt auch Drums gibt) zur Geburtstagsfeier des Labels Humming Records im Hallenser Klub Drushba. Bei der Gelegenheit haben wir mal etwas gebohrt, was es mit der Musik von VIMES auf sich hat, wann es nach der Singlerelease von „UpStairs“ (VÖ: 2.11.2012 via Humming Records/Rough Trade) ein Album geben wird, und was es mit dem Bandnamen auf sich hat.
„Indie-Electropop“ oder „Future-Rock“, solche oder ähnliche Bezeichnungen für euren Musikstil gibt es einige im Internet zu finden. Wie würdet ihr selbst eure Musik beschreiben, oder soll es lieber gar keine Schublade sein, in die ihr gesteckt werden wollt?
Azhar: Ich glaub einfach Pop, oder?
Julian: ‚Indie‘ finde ich immer ein ekliges Wort.
Azhar: Pop!
Julian: Ja, Popmusik ist glaube ich das einzige, wogegen man keine Aversion hat. Aber Future-Pop, das ist auch geil!
Als „Musik zum Sehen“ könnte man eure Musik aber auf jeden Fall bezeichnen, denn während eures Auftritts gibt es im Hintergrund Visuals zu sehen, die sich immer wieder verändern, die zu eurer Musik und der Stimmung des Publikums passen. Wie kam es zu dieser Idee?
Julian: Darauf gekommen sind wir eigentlich, als wir noch zu zweit gespielt haben. Wir haben dann immer überlegt, dass es optisch einen ganz anderen Reiz hat, sich auch etwas anderes anzuschauen, als nur zwei Typen, die Musik machen oder eine große Band. Deshalb haben wir überlegt, wie man das bereichern kann. Konkret kam es dann dazu, weil Till (Anm.d.Red. Till ist der ehemalige Mitbewohner von Azhar und Julian) einfach Bock hatte, das zu machen, oder?
Azhar: Und weil wir visuell …
Julian: Weil wir nicht so ästhetisch sind? (beide lachen) Wir haben mal zusammen gewohnt, Azhar und ich, ziemlich lange und haben die ganze Zeit eigentlich schon zusammen Musik gemacht. Wir hatten auch noch einen dritten Mitbewohner, der war immer etwas gelangweilt, weil man mit uns sonst nichts anfangen konnte und so hat er angefangen, Visuals zu unserer Musik zu machen.
Azhar: Er war Design-Student und hat deshalb sowieso auf einer visuellen Ebene gearbeitet, weswegen es klar war, dass er so dazu beiträgt.
Warum ist er nicht mehr dabei?
Julian: Dabei ist er nicht mehr, nein. Er wird Design-Doktor, promoviert gerade. Deshalb bereitet er die Sachen für uns vor, kümmert sich darum und gibt es uns dann mit.
So wie sich die Visuals mit der Reaktion des Publikums zu verändern scheinen, verändern sich da auch eure Songs? Könnt ihr mit eurem eigenen Material während des Auftrittes experimentieren?
Azhar: Ich glaube währenddessen kriegen wir nicht so viel von Visuals an sich mit, wir können sie schon steuern und kontrollieren, sind aber eigentlich gar nicht in der Lage … (beiden lachen)
Julian: Ja, dadurch, dass die Projektion hinter uns ist, kriegen wir das nicht so mit, auch wenn wir natürlich wissen, was wir vorbereitet haben … (überlegt kurz) Aber prinzipiell ist das tatsächlich eine sehr interessante Vorstellung, die wir, und vor allem Till, hatten. Dass der Weg nicht nur ist, dass wir Musik machen und er die Bilder dazu, sondern dass man das gemeinsam macht … Aber eigentlich hat das noch nicht so funktioniert, wir machen Musik, er macht Bilder dazu … (lacht).
Azhar: Naja, ganz so profan ist es nicht! Mit den Songs, die wir vorbeiten und Till geben, findet dann bei ihm ein kreativer Prozess statt, indem er versucht mit den Bilder, die er macht, die Stimmung der Songs festzuhalten, und weil das einzelne Segmente sind, können wir so damit auch die Stimmung irgendwie steuern.
Julian: Till bekommt die Sachen von uns auch immer in einer realtiv frühen Urfassung, wir arbeiten immer ziemlich lang an unserem Material. Da kann es schon mal sein, dass sich die Bildentwürfe, die er uns dann zeigt, unglaublich darauf auswirken, wie wir an dem Song weiterarbeiten.
Azhar: Das Chi ändert sich.
Hört sich auch an, als wäre es besonders schwierig und komplex, diese Stimmungen auch auf eine Platte zu pressen. Ist nach eurer Single-Veröffentlichung trotzdem eine LP in Planung?
Julian: Es ist immer die Frage, wann dafür der richtige Zeitpunkt ist. An einem Album kann man endlos lang arbeiten.
Azhar: Ein Album ist auch nicht nur eine Ansammlung von Songs, sondern gewissernmaßen auch ein Kunstwerk, da muss dann alles zusammenpassen.
„Erst“ seit 2 Jahren gibt es VIMES, doch ihr wart schon mit Hot Chip auf Tour in Südamerika. Das ging schnell, wie war das für euch?
Julian: War ganz gut! (lacht) Es war natürlich grandios, und es war auch erstaunlich, wie anders die Leute in verschiedenen Regionen auf Musik reagieren. Man merkt das schon in Deutschland, dass man beispielsweise in Berlin, das den Ruf hat, sehr kritisch zu sein, erstmal alles scheiße finde. Kann ich jetzt nicht unbedingt beurteilen, aber es fällt eben schon auf, dass man in kleineren Städten viel mehr wert geschätzt wird. Da hat man mehr das Gefühl, dass die Leute wirklich Bock haben. Wir kamen da so gut an, das wär wirklich ’ne schöne Bestätigung, dass man mit dem, was man macht, in die richtige Richtung geht.
Nun seid ihr zurück in Deutschland, heute im Klub Drushba. Sehr viel kleiner, enger, gemütlicher? Ist euch das lieber, oder doch die großen Bühnen der großen, weiten Welt?
Azhar: Beides. Es ist der Rahmen wichtig .Ich muss das immer wieder sagen, das Chi kann auch auf einer kleinen Bühne genauso interessant sein wie auf einer großen!
Zur letzten Frage: Wie kam es zu eurem Bandnamen, Vimes ist ja der Nachname einer der Hauptfiguren in Terry Pratchetts Scheibenweltromanen. Seid ihr Fans, identifiziert euch mit der Figur, dem Trunkenbold Sam Vimes, oder macht sich der Name einfach gut als Bandname?
Julian: Ich kann gar nicht lesen, musst du Azhar fragen. (beide lachen)
Azhar: Ja, ich bin sehr großer Pratchett-Fan. Die Figur ist interessant, sie wandelt auf dem schmalen Grad zwischen Dunkelheit und Licht, so könnte man das sagen. Sie ist ein Charakter, der nicht so ganz dem Schwarz-Weiß-Schema von manch anderen Geschichten oder Helden entspricht. Das findet sich auch in unserer Musik wieder, deswegen passt das ganz gut. Natürlich ist auch der Name ganz angenehm auszusprechen.
Vielen Dank für das Interview!
Wie der Autritt von VIMES war, gibt’s hier nachzulesen.