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James Yuill – Movement in a storm

Mit seinem Debüt „Turning down water for air“ gelang dem Briten James Yuill die Verquickung von pulsierender Laptop-Kunst und behutsamen akustischen Elementen. Ein großer Schuss Electro gepaart mit einem Hauch Lagerfeuerromantik, durchzogen von der anschmiegsamen Stimme des Engländers. Für die Aufnahmen des Nachfolgers „Movement in a storm“ hat sich der bescheidene Musiker wiederum in sein Schlafgemach zurück gezogen, um wiederholt in die durch den ersten Tonträger bewährte Atmosphäre eintauchen zu können.

Er habe bewusst versucht, so wenig wie möglich an dem ihm so vertrauten Umfeld zu ändern, gestand Yuill während unseres Gespräches im Rahmen des kürzlich statt gefundenen Immergut-Festivals. Ferner blicke er der Veröffentlichung seines zweiten Albums mit einer gewissen Unsicherheit entgegen, da es nunmal sein zweites Album sei und man seine Langspieler nun miteinander vergleichen könne. Zweifel, die nahezu bezeichnend sind, für das gesamte Schaffen des Künstlers: sympathisch, zutückhaltend, selbstkritisch, höflich. Yuill ist zumindest kommunikativ kein Mann der lauten Töne. Musikalisch hingegen schon eher. So ließ der lange Schlacks verlauten, er habe versucht die elektronischen Elemente für „Movement in a storm“ zu optimieren und gleichermaßen die akustischen Segmente zu erhalten. Vielmehr ist das neue Werk noch pumpender, noch rhytmischer geraten, als es sein Vorgänger ohnehin schon war.

Elektronik ist es auch, die den Auftakt dominiert. „Give you away“ beginnt mit einer animierenden Melodie-Linie, die peut à peut durch rhytmische Elemente ergänzt wird. Yuill singt dabei mit gewohnt gefühlvoller Nüchternheit:“Nobody knows it but it’s true/ I hate myself and I hate you too/ But I won’t tell anyone.“ Die Synthesizer wabern und es scheint bereits, als habe Yuill tatsächlich nahtlos an sein Debüt anknüpfen können. Zu dem konnte der Brite für besagten Song Rebecca, Sängerin der Band Slow Club, gewinnen, deren Gesang wunderbar mit dem seinen harmoniert.

Während des zweiten Songs „Crying for Hollywood“, dessen Konzeption entfernt an die des Stückes „No pins allowed“ vom Debüt erinnert, ist auch erstmals wieder die von Yuill behutsam gezupfte Akustik-Gitarre zu hören, die bei „First in line“ wieder gänzlich in den Hintergrund rückt. Ein Umstand, der die Qualität dieses atmosphärischen Songs keinen Abbruch tut. Ganz im Gegenteil. „First in line“ ruft Erinnerungen an die frühen Pet Shop Boys wach. Der sanfte Gersang, die Rhythmik, die süßen Melodien, der Detailreichtum. Ein Song mit nahezu unausweichlichem Ohrwurmpotential.

Kurz um, dem Engländer gelingt es seinen prägnanten Stil konsequent weiter zu verfolgen. Folktronica? Vielleicht. Aber vor allem ist all gegenwärtig, dass eindeutig zwei Herzen in der Brust des Kunstlers schlagen. Das verhälnismäßig kurze „Foreign shore“ ist von einer Behutsamkeit und Sanftmut durchzogen, die selbst Szene-Größen wie Bright Eyes gemäß wäre. Es ist spürbar, wie Yuill entwickelt, nachdenklich nach Worten sucht und diese bedächtig nach außen trägt. Sein Gitarrenspiel ist dabei sauber und akzentuiert. Spartanische Synthesizer erklingen hier und da, gewinnen aber niemals die Überhand. Auch das ist zweifelsohne James Yuill.

„On your own“ , die erste Single-Auskopplung des neuen Machwerks, hingegen rennt wieder los. Die Synthesizer vibrieren, die Rhytmik treibt. Mittels Bell-Pad hebt der Brite Melodie-Linien hervor, lässt diese wieder verstummen und wird auch diesmal wieder durch ein charmante Frauenstimme ergänzt.

Bereits die erste Hälfte des Albums gewährt einen aussagekräftigen Einblick in das komplexe Schaffen Yuills. Eine brisante Mischung, die jedoch in diesem Fall hervorragend funktioniert und entgegen den Befürchtungen des Musikers, in keinster Weise enttäuscht, sondern vielmehr an das anknüpft, was Yuill auszeichnet. In Sachen Elektronik ist der Engländer sicherlich mutiger geworden, gönnt sich jedoch auch bewusst den Luxus das Tempo heraus zu nehmen, ohne dabei zu riskieren das Interesse seines Hörers zu verlieren. So etwa bei „Sing me a song“. Andernfalls pumpt das Album bis zum Exzess: „My fears“, um anschließend wieder zur Besinnung zu kommen: „Wild goose at night“. Eine Aneinanderreihung von Songs die begeistert.

Sicherlich ist „Movement in a storm“ kein Massenprodukt, das jeden Hörer direkt in seinen Bann zieht. Aber letztendlich dürfte der Künstler dies auch nicht intendiert haben. Dafür ist die Musik des Engländers zu tiefgründig. Wer jedoch bereit ist, sich gänzlich in diesen Tonträger fallen lassen kann, dürfte bei mehrmaligem Erfassen des Langspielers etliche sinnliche Farcetten und Details dieses Werkes erschließen. Leidenschaft ist es, die dieses Album erst möglich machte und Leidenschaft ist es gleichermaßen, die zu berühren vermag. Ein Album, das durch Aufmerksamkeit hornoriert werden sollte.

„Movement in a storm“ erschien am 18. Juni 2010 bei Cooperative Music

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