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Jason Collett – Here’s To Being Here

CoverWeiße Ostern, Wintereinbruch, Schnee überall, Frost und Kälte – in Europa scheint der Frühling, die Wärme, die Sonne noch in weiter Ferne zu liegen. Dabei liegt die Lösung ganz nah, denn pünktlich zum Frühlingsbeginn erschien das dritte Album „Here’s To Being Here“ von Jason Collett, hierzulande in erster Linie bekannt als Gitarrist bei der Broken Social Scene. Und nachdem jener Herr bereits auf dem letzten Album sang „I’ll bring the sun“, so macht er dieses Versprechen auch mit dem aktuellen Album wahr.

Collett ist zuhaus dreifacher Vater und bändigt, nach eigenen Angaben, unterwegs das Kollektiv der Broken Social Scene. Ob das Eine mit dem Anderen zu tun hat, darüber darf spekuliert werden. Aber es zeigt, dieser Typ besitzt einen klaren Kopf und dies schlägt sich selbstverständlich auch in der Musik nieder. Ist Herr Kevin Drew für den Spaßpart in der BSS verantwortlich und machte dies auch seinem im letzten Jahr erschienen großartigen Album „Spirit if…“ deutlich, so steht Collett eher für klassische Songstrukturen und Lyrics, die klare Geschichten erzählen. Und dabei trotzdem Spaß verstehen. Dieser Mann kennt aber auch die anderen Seiten des Musikerdaseins. So zog er sich, als es galt die Kinder groß zu ziehen, komplett aus der Musik zurück und arbeitet als Tischler. Um seine Familie ernähren zu können.

Heute kann er beides, Musiker sein und sich um die Familie kümmern. Ein Ergebnis dessen ist, dass Collett seine Lieder hauptsächlich unterwegs schreibt. Also meist im Bus, auf den Straßen dieser Welt. Und genau dies hört man nahezu all seinen Songs an. Es ist Road Music. Die Musik fließt dahin, lädt zum Reisen ein, fliegt fast mühelos von einem Ort zum nächsten. Und trägt immer den Geist von Freiheit und Unabhängigkeit in sich. So kommt der erste Song „Roll on Oblivion“ mit dem Rhythmus einer Bahnfahrt daher und eröffnet damit die Reise. Spätestens beim dritten Lied „Out of Time“ ertappt man sich beim schamlosen Mitsingen und spürt die Sonne im Herz. Bis mit „Waiting For The World“ das Album mit Lagerfeuerromantik unterm Sternenhimmel ausklingt.

Beim 2006 erschienen Album „Idols of Exile“ versammelte Collett noch nahezu das komplette BSS-Kollektiv um sich. Beim neuen Album nahm man bewusst Abstand davon. Was dem Album sehr gut tut, es kommt im Vergleich viel klarer und besser strukturiert daher. So wurden die Songs hauptsächlich mit Collett’s Liveband Paso Mino eingespielt. Außerdem standen noch jener schon erwähnter Kevin Drew, Liam O’Neill von The Stills, Gitarrist Tony Scherr (Norah Jones, John Scofield, Bill Frissell) und Andrew Whiteman (Apostle of Hustle) zur Seite. Über all dem wachte, wie schon beim vorigen Album, Produzent Howie Beck. Dem es auch zu verdanken ist, dass dieses Album in nur sechs Tagen eingespielt wurde. Obwohl einige Lieder in ein komplett neues Kleid gehüllt wurden. So sagt Collett über Beck:

He’s the Woody Allen of rock and roll: he’s neurotic, funny, he’s got crazy ears – he can hear things that other people can’t, which drives ME crazy. He works fast, and i like working fast.

Aufgenommen wurde das Album dabei im tiefsten kanadischen Winter, was man beim Hören nicht glauben mag. So klingt es eher nach weiten Landschaften unter glühender Sonne, staubigen Pisten und wolkenlosem Himmel. „Charlyn, Angel of Kensington“ kommt sogar karibisch angehaucht daher.
Und dabei ist die Instrumentierung im Vergleich zum letzten Album deutlich zurückhaltender, aber auch durchdachter eingesetzt. Man hört keine Bläser mehr, es reichen bereits einige Akkorde der E-Gitarre zur Unterstützung aus, um den Songs den ihnen gerechten Rahmen zu geben. Hier hat Howie Beck ohne jeden Zweifel großartige Arbeit geleistet. Die Musik ist dazu dies, was man als „zeitlos“ bezeichnet. Etwas was heute, wo jeder möglichst einen eigenen Trend setzen möchte, eine absolute Ausnahme ist. Aber „Here’s To Being Here“ hätte man vor 30 Jahren hören können und kann es in 30 Jahren noch hören.

Die Texte Colletts tragen bei aller Ernsthaftigkeit immer eine große Portion Hoffnung in sich. Eine Eigenschaft, die sehr wohltuend ist. Mit gut vier Jahrzehnten Lebenserfahrung kann der Mann aber auch entspannter mit Ängsten und Sorgen umgehen. Und kann so Trost spenden, auf eine angenehm leichte Weise. Dazu passt auch seine lockere Art zu Singen. Nicht von ungefähr vergleicht man ihn oft und gern mit einem gewissen Bob Dylan. Womit dieser unumgänglichen Punkt der Rezension auch abgehakt wäre. Und dabei gelingt es ihm aber auch, sehr genaue und differenzierte Bilder zu beschreiben. Und er hat Profil, wie er eben nicht nur auf dem Albumcover zeigt.

Wenn man also den kommenden Frühling mit luftiger, sonniger Musik, die weitläufige Landschaften aufzeigt, gepaart mit ehrlich hoffnungsvollen Lyrics begegnen möchte, sollte man sich dieses Album zulegen. Und wenn es mit dem Frühling doch nicht klappt, dann fährt man eben mit „Here’s To Being Here“ im Ohr der Sonne entgegen.


„Here’s To Being Here“ ist bereits im Handel erhältlich.

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