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Johnny Flynn | 02.12.10 | Molotow Hamburg

Ein neuer Mädchenschwarm ist geboren. Johnny Flynn ist spätestens seit er Anfang des Jahres mit seiner Band The Sussex Wit im Vorprogramm von Mumford & Sons auftrat vielen ein Begriff. Das auch völlig zu recht, denn der junge Engländer ist wirklich sehr bemerkenswert, auch wenn er auf Solopfaden unterwegs ist.

So trafen sich am Donnerstagabend Freunde der Folk-Musik im Molotow in Hamburg zusammen. Oder vielleicht waren es auch nur Freundinnen von hübschen, talentierten Folk-Musikern, denn das Publikum war also größtenteils weiblich und um die 20 Jahre alt. Sie kamen bewaffnet mit Kameras und belagerten die ersten zehn Reihen. Das sind so ziemlich alle Reihen, die es im Molotow gibt.

Bevor Johnny Flynn die Bühne betrat, war jedoch ein anderer Künstler dran. Ein Mann mit Gitarre, der während seines Auftritts beteuerte, dass er kein Marketing-Talent ist, denn er habe von seinen drei Platten keine Einzige dabei. Der Name des jungen Mannes ist nun leider auch unbekannt, da er im Nachhinein nicht ausfindig zu machen war. Aber unterhaltsam war der Sänger aus Cardiff definitiv. Teilweise freiwillig, aber auch unfreiwillig. So hörte man an einer plötzlich ruhigen Stelle seines Auftritts ein „Das ist Mist“ aus dem Publikum. Vermutlich war es komplett aus dem Zusammenhang gerissen worden, aber gelacht wurde herzlichst. Und es wissen nun alle, die vor Ort waren, Bescheid über die Touristenattraktion Cardiffs: Groß Britanniens kleinstes Haus! Wieder was dazu gelernt…

Als nächstes kam nun Johnny Flynn. Da wurde sich im Publikum noch mal schnell das Näschen gepudert und das „Ich bin die Frau deiner Träume“-Gesicht geübt. Johnny Flynn kam seinerseits im „Used-Look“ mit Long Johns. Er musste nach zwei Minuten realisieren, dass Scheinwerfer Wärme abgeben und es auf der Bühne ca. 35°C wärmer ist als draußen. Long Johns wären also überflüssig gewesen. Er spielte viele Songs seines Albums „Been Listening“, u.a. den Titelsong, der unter die Haut geht, wie kaum ein anderer Song. Außerdem war die gekonnte Solo-Interpretation von Titeln, die er sonst mit The Sussex Wit zum Besten gibt, sehr interessant. Er ist schon ein wahrer Poet mit wunderschönen Titeln. Auch wenn immer mal wieder ein „brain fart“, so nannte er es, dazwischen kam. Er hat den Faden am Ende aber immer wieder gefunden.

Der Künstler auf der Bühne ist allerdings nur so gut wie sein Publikum. Und bei Johnny Flynn war gerade das außerordentlich anstrengend. Wie schon erwähnt, scheint der Engländer DER neue Mädchenschwarm der Indie-Szene zu sein und das machte sich bemerkbar. Selten wurde so viel gefilmt und fotografiert im Molotow. Es gab tatsächlich eine junge Dame in der ersten Reihe, die sich während des gesamten Konzertes nicht bewegt hat, weil sie alles gefilmt hat. Von Anfang bis Ende. Man möchte ihr wünschen, dass Johnny Flynn bald eine Live-DVD rausbringt und sie sich und ihrem Arm das nicht wieder antun muss. Sie hat ja nicht weiter gestört. Anders hingegen die Dame mit den blonden, kurzen Haaren. Sie war sich offenbar nicht bewusst, dass eine Spiegelreflexkamera auf einem ruhigen Konzert sehr wohl für jeden in einem 3m Radius hörbar ist. Sie hat den gesamten Gig wirklich nur durch ihre Spiegelreflexkamera gesehen. Klick, klick, klick. Armes Mädchen. Falls du das liest: Es bleibt zu hoffen, dass dir bei deinem nächsten Konzert die Kamera aus den Händen gleitet. Das sind nur zwei Beispiele. Alles in allem war es schwierig das Konzert zu genießen, da anscheinend viele so beschäftigt damit war, den Moment festzuhalten, dass doch glatt vergessen wurde, den Moment zu erleben. Und das war in der ersten Reihe wirklich anstrengend. Es bleibt zu hoffen, dass Johnny Flynn beim nächsten Mal ein etwas gemischteres Publikum hat. Zu wünschen wäre es ihm. Ansonsten heißt es wieder „klick klick klick“.

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