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Lichter – Lichter

cd_l_lichter2.jpgDies ist eine dieser Bands, die 2007 in jedermanns Munde war. Lichter bespielten letztes Jahr viele deutsche Festivals und kleine Konzerte und die Reaktionen der interessierten Zuhörer waren überragend. Nun, März 2008 bringen Lichter endlich ihr selbstbetiteltes Debütalbum auf Loob Musik heraus. Und jetzt gilt es erst Recht, ihnen Aufmerksamkeit zu schenken.

Aber wie geht man nun heran, an die Beschreibung eines Albums, auf das eine ganze Szene gewartet hat? Wie geht man heran an ein Album, wo jeder Song einzeln beachtenswert ist? Wie geht man an die Texte heran, die zu viele einzelne Lebensweisheiten enthalten, die man nicht verschweigen kann und will? Um eine explizite Track-für-Track-Rezension kommt man hier nicht herum, will man der Musik gerecht werden.
Daher:

Das Intro-Lied „Leerer Raum“ handelt von einer Phobie aus der Kindheit, die sich bis ins Erwachsenenalter durchzieht und sogar die Zweisamkeit beeinträchtigt.

„Meine Mutter sagte, es seien bloß Gespenster.
Doch nach der Bettgeschichte war es wieder da.
Meine Posterhelden konnten es nicht ändern.
Und die Monster unterm Bett hat es verjagt.“

Die Stimme von Sänger Mathias Mauersberger ist dazu warm und freundlich. Die musikalische Untermalung von Gitarre, Keyboard, Synthesizern, Bass und Schlagzeug ist kraftvoll und erhaben, in sich harmonisch und abgerundet. Der Bandname „Lichter“, Hoffnung vorgaukelnd. Dieses Leitmotiv und Paradoxon zieht sich durch das gesamte Album, denn von Hoffnung ist in den meisten Texten wahrlich nicht viel zu sehen.

Im zweiten Lied „Das Gespenst ist K.O.“ wird zwar von dem Sieg über ein Gespenst gesungen, was eine witzige Herleitung vom ersten Track darstellt, aber hier wird mit dem Stilmittel der Ironie gespielt.

„Applaus, applaus, dieser Kopf weiß wieder, was er will.“

Denn während der Gesang einem weißmachen will, dass man sich nicht mehr zu fürchten hat, spricht die Musik eine ganz andere Sprache. Die Gitarren jaulen angsteinflößend, Vera Mohrs imitiert leise den Gespenstergesang im Hintergrund und lässt Frankenstein-esque das Glockenspiel ertönen.

Nun aber genug von Gruselgeschichten, einen Themenwechsel stellt der nächste Titel, „Uns“, dar. Zumindest inhaltlich, allzu wohl ist einem beim genauen Hinhören auf die Thematik immer noch nicht. Unter hetzenden Gitarren und ungeplanten Schlagzeugtönen erzählt das lyrische Ich von einem scheinbaren Sein, dass sich in dieser Welt hier aber nicht entfalten kann.

„Nenn mir die richtigen Codes, ich sag dir, wer du bist.“

Und auch auf die zwischenmenschliche Thematik wird hier noch angespielt, dem lyrischen Ich ging es besser „ohne uns“. Beziehungsprobleme.

Beziehungsprobleme, die im folgenden Stück „Hier geht etwas vorbei“ dann auf die Spitze getrieben werden. Eine Trennung steht kurz bevor, das Gefühl von Ende scheint nicht mehr abwendbar.

„Und zwischen uns liegt still und dumpf
ein Satz, den keiner sagt.
Und mitten in das Schweigen
schleicht sich eine Ahnung ein:
Hier geht etwas vorbei“

Zwischen den herzzerreissenden Sätzen dann eine sanfte Musik, Vera Mohrs summt im Background, eine unerträgliche Heiterkeit, die sich im Refrain dann explosionsartig aus den Fesseln löst und klar macht, dass hier eine Sprache gesprochen werden muss.

Mit dem nächsten Song, „Amphetamin“ kommen wir zu einem der Top-Tracks dieser Platte. Im ursprünglichen Sinn ist Amphetamin der chemische Begriff für die Droge „Speed“. Angesichts dieses Fakts überkommt einen beim Hören dieser Zeilen doch ein komisches Gefühl:

„Du weißt: Alle unsere guten Momente
sind auf Zeit und alle nur geliehen.
Ich finde keine Ruhe mehr in dir“

Hier greifen Musik und Text ineinander. Der Text hektisch, die Musik auch unruhig. Nur in der Mitte des Tracks wird es kurz sanfter. Vera und Mathias singen gemeinsam und beruhigend, nur um dann am Ende nochmals in die Ursprungsgeschwindigkeit ausbzubrechen.

Und da ein Top-Track selten allein kommt, stellt der folgende Song, „Ich bleibe ruhig“ direkt das zweite Highlight des Albums dar, respektive handelt es sich hierbei um den besten Song der Platte. Hier wird musikalisch alles vereint, was man auf dem Album findet, was zu einem guten Mid-Tempo führt, im Refrain singen Vera und Mathias leise davon, dass sie ruhig bleiben würden, was unter ansteigendem rhythmischen Schlagzeug immer unglaubhafter und verschleierender wirkt. Und die letzten 2 1/2 Minuten dieses Songs sind einfach umwerfend.

„Diese Welt ist nicht mehr für uns reserviert.
Und wer kann hier noch sagen, wer gewinnt, wer verliert.“

Diese Textzeilen repetetiv herausgehauen, die Musik dabei immer mehr ansteigend, immer mehr Instrumente greifen die Stimmung auf, am Ende dann nur noch eine jaulende Gitarre, aus, Ende. Wirklich ein kleines Meisterwerk an Musik, das unglaublich mitziehend wirkt.

Aber da ein Album ja nicht perfekt sein kann, folgt das Lied „Unter Tieren“. Im Vergleich zu den anderen Tracks ist dieser ziemlich schwach und langatmig. Auch die Texte können hier leider kaum überzeugen, es wird ein Vergleich zwischen Mensch und Tier gezogen, was das Liebesverhalten anbelangt. Nun denn.

So ist man umso froher, wenn das nächste Lied anfängt: „Radar“. Dieser Song war schon seit Längerem auf der Myspace-Seite der Band hörbar. Ungeduld und das Warten auf ein Album stellte sich schnell ein, denn er ist sehr gut! Er handelt von einer Aufbruchstimmung, die letztendlich dann auch realisiert wird.

„Diesen Moment halt ich fest
Rahm ihn ein, häng ihn auf
Schenk ihn dir, wenn du ihn brauchst“

Und die Musik schwingt hier mit. Luftig-leichte Arrangements, die beim Hörer selbst eine Aufbruchstimmung hervorrufen.

In logischer Konsequenz folgt beim nächsten Lied „Steig aus“ die Aufforderung:

„Alles darf und gar nichts muss
Gänsehaut im Überfluss
Dein schönes Leben zuhaus
Mach die Tür auf und steig aus“

Die Musik dazu Mid-Tempo gehalten, ein Keyboard, das die Tonleiter heruntersteigt im Hintergrund. Und der Refrain dann ruhig, nur Gesang und Klavier und dazu die Aufforderung, alles hinter sich zu lassen. Pro Refrain kommen allerdings mehr Instrumente hinzu, so dass die letzte Ansage schon sehr dringlich wirkt.

Das nächste Lied, „Platz“, kommt mit einer Textzeile aus:

„An einen Platz, der uns gehört“

Allerdings hätte man sich diese Zeile auch sparen können, die Musik an sich sagt schon alles aus. Beim Hörer stellt sich ein zufriedenes Gefühl ein. So als ob man nach den letzten beiden Liedern jetzt das gewünschte Ziel erreicht hätte. Glockenspiel und Vibraphon im Hintergrund unterstreichen die Stimmung. Einfach ein sehr schönes Lied.

Und schon ist man beim letzten Lied angelangt: „Vorstadt“. Das Outro ist vom gesamten Album der ruhigste Track, als wolle man den Hörer belohnen, dass er mitgegangen ist, jetzt darf er zur Ruhe kommen, Cello, Klavier und Gitarre lauschen. Und Mathias sagen hören:

„Das Beste was wir haben, ist, was wir noch nicht verstehen.“

Alles in allem bleibt es also nur, zu sagen: Endlich!
Danke, Lichter! Weiter so! Bitte.

VÖ: 22.03.2008 auf Loob Musik

4 comments

  1. Andreas says:

    Ganz, ganz fiese Band. Die Musik ist ja durchaus noch annehmbar. Aber dieser Sänger und diese unfassbar FURCHTBAREN Texte gehen gar nicht.

  2. Timm says:

    Zum Glück sind Geschmäcker verschieden, Andreas… grandiose Platte, tolle Songs, toller Gesang! Danke, Lichter!

  3. Ludwig says:

    Der Sänger ist super sympathisch und seine Texte sehr sensibel. Sie berühren mich jedes Mal aufs Neue…

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