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Linus Volkmann – Endlich Natürlich

Linus Volkmann ist den meisten von uns wahrscheinlich als Redakteur des Intro Magazins geläufig. Aber da er die Finger nicht von Tasten lassen kann, bringt er auch ab und an ein Buch auf den Markt. Gerade erst erschien sein dritter Roman „Endlich Natürlich“. Darin geht es nicht um ihn selbst, sondern um den Protagonisten Wilhelm Bitter, der nicht nur mit sich selbst, sondern vor allem mit den Menschen um ihn herum so einige Problemchen hat…

„You will never walk alone klang in meinen Ohren immer wie eine furchtbare Drohung.“ – sagt Wilhelm Bitter. Er ist ein Misanthrop wie aus dem Bilderbuch. Menschenmengen machen ihm Angst, Bahnfahren ist für die reine Hölle, allein die Vorstellung von menschlicher Nähe bereitet ihm Zustände und die nächste Tröpfcheninfektion lauert seiner Ansicht nach auch hinter jeder Ecke. Unpassend daran ist, dass er an einer nicht gerade menschenleeren Uni Soziologie studiert (auch wenn er dort nicht häufig auftaucht) und nebenbei als Caterer arbeitet. Um Menschen kommt er also beim besten Willen nicht herum. An einem alkohol-und drogeninduzierten Abend eskaliert das Ganze aber vollkommen. Er landet mit der Hörspiellegende Freya von Rosenberg in der Kiste. Diese ist verheiratet, doppelt so alt wie Wilhelm selbst und bereitet ihm von dem Moment an schlaflose Nächte. Er hat sich verliebt, in diese unerreichbare, berühmte und viel zu alte Lady, die ihn nur als einmaliges Betthäschen ansieht. Als wenn die Situation nicht eh schon schlimm genug wäre, quartiert sich nach der nächsten Party auch noch ein exzessfreudiger Finne in Wilhelm’s heiligen vier Wänden ein und macht ihm das Leben schwer. Hinzu kommt die Tatsache, dass Wilhelm schon seit längerer Zeit von der unangenehmen Pappel gestalkt wird, sein Vater eine Beziehung mit einem viel jüngeren Mädchen anfängt und Wilhelm aufgrund seiner Kontaktunfreudigkeit für schwul hält und so weiter und so fort. Das Leben von Wilhelm Bitter entwickelt sich in eine Richtung, mit der er so wohl nie gerechnet hätte. Plötzlich hat er mit sehr vielen Menschen und Gefühlen zu tun, die ihm bisher stets zuwider waren. Wie soll das nur enden…?

Die Geschichte an sich ist schon spannend genug, aber auch die Art und Weise, wie Linus Volkmann drum herum formuliert, bringt einen dazu, das Buch nicht mehr aus der Hand zu legen. Seine Beschreibungen sind messerscharf und seine Ausdrucksweise ist ironisch. Der Humor im Schreibstil ist angenehm trocken. Aufgrund dessen muss man sich beim Lesen so manchen Lacher verkneifen und kann nur den Kopf schütteln über diesen jungen Mann in seiner chaotischen Welt.

„Ehrlich gesagt genoss ich Besuche selbst von Freunden nur mit äußerst überschaubarer Euphorie. Das war daneben, das wusste ich. Aber wenn man sich Mühe gab, konnte man sein Privatleben um solch ungastliche Spleens herumdrapieren. Und von Freunden wurde man ja letztlich auch für sowas wie Kauzigkeit geschätzt. Sollte man zumindest meinen.

Allem Ekel vor Nähe zum Trotze hatte allerdings ein betrunkener Nordeuropäer, den ich zum zweiten Mal gesehen hatte, in meinem Bett geschlafen. Und jetzt wollte er Brötchen holen gehen. Ja, danke…“

Alles in allem kann Linus Volkmann mit diesem Roman mal wieder voll punkten. Dass er sich gut ausdrücken kann und des Schreibens mächtig ist, hat er ja bereits häufig genug unter Beweis gestellt. Hinzu kommt, dass der Protagonist extrem interessant ist und mit seinen Geschichten und Alltagsbeobachtungen so manche Assoziationen beim Leser selbst weckt. Das Dauergrinsen und an die eigene Nase fassen bleibt beim Lesen also keinesfalls aus. Ein bisschen Wilhelm Bitter steckt schließlich in jedem von uns.


VÖ: „Endlich Natürlich“ erschien im April 2010 im Ventil Verlag.

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