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Robert Francis LP Before Nightfall

Robert Francis – Before Nightfall

Manchmal dauert es unheimlich lang bis es ganz schnell geht. Seit 16 Jahren schon macht Robert Francis Musik, doch eine Woche Featured Artist der „All Eyes On“-Kampagne von MTV und der Einsatz seiner ersten Single-Auskopplung „Junebug“ in der TV-Werbung für Fahrrad.de bringen ihn endlich groß raus. Zeit für eine deutsche Neuveröffentlichung seines Zweitlings „Before Nightfall“, mit dem der Singer-Songwriter alle Skeptiker aus den Socken haut.

Zugegebenermaßen, für die Musik, die dieser schnittige Kalifornier macht, könnte man sich bessere Werbemaßnahmen einfallen lassen, als eine glücklich durch die Heide fahrende Familie nach dem Kauf von Fahrradzubehör. Ein verliebtes Paar, das am Strand dem Sonnenuntergang und ihrer gemeinsamen Zukunft entgegensieht vielleicht. Wie dem auch sei, dem Erfolg des Knaben aus Los Angeles wird das keinen Abbruch tun, denn dass man von ihm noch mehr hören wird, davon ist auszugehen. Beweismaterial folgt.

Als Kind aufgewachsen in einer klassischen Musikerfamilie, mit einem Pianisten und klassischem Musikproduzenten als Vater und einer leidenschaftlichen Ranchera-Sängerin als Mutter, die ihren 7-jährigen Sprössling dazu drang, Gitarre spielen zu lernen, um sie zur traditionellen mexikanischen Musik begleiten zu können, waren die ersten Schritte gemacht.
Als wäre es nicht genug, dass Slide-Gitarrist Ry Coder ein Freund der Familie ist, lernt Robert mit 16 Jahren beim Meister persönlich, dem Red Hot Chili Peppers-Gitarristen John Frusciante. Und bricht keine zwei Jahre später die Schule ab, um als Outlaw durch die Gegend zu ziehen, Dummheiten zu begehen, die Musik zu leben und eine wilde, tumultöse Romanze zu durchleben, die bald darauf schon wieder in die Brüche geht, um am Ende aus Allem zu lernen.

Mit der verlorenen Liebe gewinnt er aber wieder an Bodenhaftung in der Musik. Seine Lieder, von denen die meisten über Liebe schreiben, formen sein Debütalbum „One By One“ (2007), das im Tonstudion eines Freundes aufgenommen und bei Astronaut Records veröffentlicht wird. Ganz anders sein neuestes Werk „Before Nightfall“ (2009) – hochlobende Kritiken und Vergleiche mit dem texanischen Singer-Songwriter Townes Van Zandt brachten ihm nach der Veröffentlichung seines Debüts den lang ersehnten Major-Label Vertrag mit Atlantic Records. Und zeigten ihm den Weg an die Spitze auf.

Seine Songs sind gefühlsbetont. In Nullkommanix verliert man sich in seinem neuen Album „Before Nightfall“, das von Verlustängsten, Entfremdungen, Verzweiflung und Ratlosigkeit erzählt. Erstaunlich bleibt dabei aber, dass Francis seine Zuhörer mit dieser Brandbeite an Gefühlen nicht in den Morrast des abgeschiedenen Selbstmitleids hinabzieht, sondern sie aufbaut. Und das hat man seiner klaren Stimme zu verdanken, die verklärter, aufrichtiger und ehrlicher denn je vom Leben erzählt.

„Ehrlichkeit ist es, was einen guten Sound ausmacht. Ich denke es gibt keinen Grund zu schreiben, solang du nicht von etwas schreibst, das wirklich wichtig für dich ist. Wenn ich schreibe, muss es zu 100% von Herzen kommen. Es gibt nicht einen Fetzen in meinen Songs, der nicht wirklich ehrlich gemeint ist.“

Man kauft dem Mann mit dem zerzausten Haar, der Holzfäller- oder Jeanshemd, V-Ausschnitt und 7-Tage-Bart trägt, ab, was er sagt und singt. Und das, ohne lang darüber zu sinnieren, wie ein junger Mann dazu kommt, mit einer so alten Seele zu reden.


Multiinstrumentalistsich und begleitet von Alex Kweskin als seinen Bassisten, Richard Gowen als seinen Drummer, Graham Lathrop als Gitarristen und Poncho als seinen (sympathischen) Pit Bull, schafft er auf „Before Nightfall“ eine einzigartige Athmosphäre, in der Pianisten, säuselnde Frauenstimmen und Streicher ebenso wenig fehlen dürfen wie lange Gitarrenakkorde, eingängige Drums und nicht zuletzt seine männliche, etwas heisere, eigenwillige Bariton-Stimme.
Neben dem zur Hitsingle mutierenden „Junebug“, das davon erzählt, dass „du weßt, dass die Person, die du liebst, irgendwo allein da draußen ist und du ihr nicht helfen kannst“, sind es Songs wie „Mescaline“, „Nightfall“ oder „Climb A Mountain“, die Herzen schmelzen lassen, Stiche versetzen, Gänsehaut hervorrufen und sich als Schatztruhen für all diejenigen offenbaren, die es sich zum Hobby gemacht haben, Songtexte zu zitieren.

„Ich weiß, dass für einige Musiker, Songs schreiben wie eine Theraphie ist und der Weg, ihre Gefühle loszulassen, doch für mich ist es mehr als das – mich bewahrt es dafür komplett den Verstand zu verlieren.“

Und er selbst scheint auch eine solche Schatztruhe zu sein, die noch einiges offen und zu erhoffen lässt.


VÖ: „Before Nightfall“ erschien am 25.01. bei Warner.

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