Derweil erweist sich besonders der deutsche Musikmarkt als äußerst empfänglich für die Auswüchse der skandinavischen Musiklandschaft. Die dänischen Dúné bezogen unlängst ihr neues Hauptquartier in Berlin, die zwei Schweden von Friska Viljor touren seit Anbeginn ihrer Karriere vornehmlich in Deutschland und die mittlerweile in den Himmel gewachsenen Mando Diao sind ebenfalls immer gern gesehene Gäste. Somit verwundert es wenig, dass die Stockholmer Shout Out Louds ebenfalls Berlin zur Präsention ihres neuen Werkes „Work“ auserwählten.
Bekannt ist das schwedische Quintett längst nicht mehr ausschließlich in der Heimat, sondern weltweit. Ein Hoch auf eine US-amerikanische Fernsehserie, die sich nicht nur für die eher stoisch zurückhaltenden Shout Out Louds erwies. So profitierten unter anderem auch Death Cab for Cutie von der Ausstralung in diversen Ländern- ein Milionen-Publikum selbstverständlich inbegriffen. Brachial glamourös und somit eine Attitüde, die schwer mit den fünf Musikern in Verbindung gebracht werden kann, wirken sie zwar bestimmt, aber doch überwiegend introvertiert. Niemandem Rechenschaft über sich schuldig, einzig der Musik verpflichtet. Und genau auf diese Weise blicken Olenius, Stenborg, von Abin, Edman und Malmos aus dem Inneren des Album begleitenden Heftchens dem geneigten Hörer entgegen. Geradezu als unterlänge die Band dem Zwang, ihr Gesicht zu zeigen, um für die komponierte Musik verantwortlich zu zeichnen.
Die Veröffentlichung von „Work“ übernahm nicht das in der Szene verwurzelte Haldern Pop, sondern der Major-Hühne Universal. Ein klares Signal, wohin in Zukunft die Weichen des Kollektivs gestellt werden sollen: nach oben. Das Potetial dazu hat die Band zweifelsohne, fraglich ist nur, ob das wirklich ihr Ziel ist. Bereits auf „Our Ill Wills“ verzückte die Band mit ausufernder Epik, einem rein instrumentalen Stück und Verstöße gegen Konventionen dessen, was wohl im Format-Radio Platz finden würde. Zu ausführlich beschreibt Sänger und Gitarrist Olenius seine Gefühlswelt, zu sehr lassen seine Worte das Gefühl entstehen, dass all jenes zu persönlich sei, um es mit einer breiten Masse zu teilen. Dies ist längst nicht mehr der Fall, obschon sich die einschlägigen Empfindungen keinesfalls verändert haben. Nach wie vor erscheint es, als zöge Olenius den Hörer ins Vertrauen, offenbare seine immanente Melancholie, zuckersüß in gefühlvolle Gitarren und treibende Rhythmen verpackt. Je mehr die Ausweglosigkeit um sich greift, desto stärker scheinen die Shout Out Louds aufzublühen.
„Work“ bildet diesbezüglich keine Ausnahme. Lediglich die Songs sind weitaus kürzer und knacken die 5-Minuten-Marke kaum noch. Doch das emotional Ausschweifende scheint immer noch vor handen, obgleich die Textdichte zugenommen hat und die rein instrumentalen Sequenzen nahezu ausgemerzt wurden. Sicherlich macht es dieser Umstand einfacher die ein oder andere Single im Airplay der Rundfunkanstalten unterzubrigen, aber die zauberhafte Leichtigkeit nimmt er der Musik nicht. Getreu der Zeilen „Give me a secret and I´ll tell you. I need memories to keep.“ („Fall Hard“).
Die Reihung der Songs erweist sich darüber hinaus als gekonnt inszeniert, getrieben von Bassist Ted Malmos der ein stabiles Fundament errichtet, auf eine Art und Weise wie ein Holzfäller in den skandinavischen Wäldern Bäume fällt. Nicht spektakulär, vielmehr zweckmäßig. Schlagzeuger Eric Edman bricht ebenfalls nicht ein einziges Mal so wirklich aus, sondern trommelt zuverlässig wie ein belastbares Muli akzentuiert seinen Takt. Immer im Dienste der Band. Gitarrist Carl von Abin verleiht den Stücken durch verträumte Melodien ihren ausschweifenden und zwanglosen Charakter. Genau wie Bebban Stenborg am Keyboard, deren zarte Stimme ohnehin des Öfteren als starkes Stilmittel eingesetzt wird. So etwa im Duett mit Adam Olenius in „Too Late“. Dabei überrascht es wenig, dass sich auf dem nunmehr dritten Album der Schweden wieder so ziemlich alles um den Sänger des Quintetts dreht. Seine teils brüchige Stimme, seine Gedanken, seine zurückhaltende Repräsentation der Shout Out Louds. Ihm wird seitens der Band zugearbeitet und er verwandelt jede Vorlage zielsicher.
„Work“ ist somit ein kompaktes, geschlossenes, 10 Songs umfassendes Album, mit dem der Stockholmer Formation weitere Popularität gesichert sein dürfte. Aus der Szene sind die Musiker längst ausgebrochen. Und wenn schon? Die Musik hat den derartigen Trubel offensichtlich gut überstanden. Vielleicht bereichern sie tatsächlich demnächst die momentan triste Radio-Landschaft.
—
„Work“ erschien am 26. Feb. 2010 bei Universal.
—
Shout Out Louds auf Deutschland-Tour
23. Mrz. 10 Rostock – Mau Club
24. Mrz. 10 Hamburg – Uebel & Gefährlich
25. Mrz. 10 Berlin – Astra
26. Mrz. 10 Dresden – Reithalle
27. Mrz. 10 München – Backstage
29. Mrz. 10 Frankfurt – Mousonturm
30. Mrz. 10 Köln – Live Music Hall
31. Mrz. 10 Stuttgart – Wagenhalle