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Stars For The Banned – dto.

Die österreichische Haupstadt Wien ist für allerlei kulinarische Genüsse bekannt. Sachertorte und hervorragende Kaffee-Variationen werden in den zahlreichen Café-Häusern der Metropole serviert, in denen es sich bei köstlichem Gebäck und koffeinhaltigem Heißgetränk offensichtlich umso besser kreativ sein lässt. Wien, die Stadt der Lebensart, weil ihre Künstler eben diese zu zelebrieren vermögen. Der Klangkünstler Robert Guenther hat unter dem Pseudonym Stars For The Banned ein herzzereißend wunderbares Album geschaffen.

„Vienna based music from the bottom of your hearts“, heißt es auf Guenthers Homepage recht lakonisch, aber doch ausdrucksstark. Genau so wie das selbstbetitelte Debüt des autodidaktischen Multiinstrumentalisten, der sich für die Aufnahmen der Mitarbeit von Schlagzeuger Florian Steinringer und Pianistin Christiane Schuh versicherte. Und lakonisch ist hier keinesfalls auf wortkarge Phrasen gemünzt, sondern eher im Sinne des dicht konstruierten Klangbildes zu verstehen. Stars For The Banned verzichtet auf dick aufgetragene, leuchtende Farben. Vereinzelt eingestreute Spielereien sind es, die der Musik eine ganz besondere Emotionalität verleihen. Guenther ergeht sich nicht in dekadenter Instrumentierung, auch wenn ihm diese Option sicherlich offengestanden hätte. Er zeichnet minimalistisch mit Bleistift. Eine Skizze entsteht. Eine Melodie beginnt sich zu verfestigen. Gitarre und Piano suchen sich ihren Weg. Synthesizer wehen durch die Nacht und das Schlagzeug führt rhythmisch gesittet und niemals stürmisch. Wenn es die zehn Songs des Albums anhand einer Farbe zu beschreiben gelte, so wäre dies ein facettenreiches Grau. Ein Grau, das Aufrichtigkeit verspricht und keine dem Überdruss anheimgefallene Pralerei. Im Übrigen mutet das Cover des Albums ebenso an. Auf das Wesentliche beschränkt: Eine Strichzeichnung, mehr nicht, zeigt ein Phantasiewesen vor einer Gebirgskette sitzend, beim Eisangeln. Ein Herz wird hierfür als Köder seines Zwecks entfremdet. Im Hintergrund stehen die Sterne am Firmament.

Was bildlich recht unprätentiös daher kommt, trifft auch auf das Musikalische zu. Guenther will nicht beschönigen, sondern schildern. „This car is really burning!“ Von der ersten Sekunde an gewinnt die Musik des Künstlers an Geltung, die so fesselnd und imponierend ist, dass es nahezu unmöglich scheint, sich diesem starken Sog des Albums zu entziehen, bevor die allerletzte Note verklungen ist. Da wirkt es fast schon wohlweißlich, wie der Österreicher die einzelnen Titel seines Albums überschreibt: „Arrest my eyes“ heißt das erste Stück, auf dem steinigen Weg durch die Tiefen der Melancholie, vorgetragen durch leidvollen Gesang. Vielleicht das einzig Pathetische, aber selbst das scheint dem Gesamtkontext angemessen.

Und dennoch bewahrt Guenther seine deutlich hörbare Verzweiflung davor, in pure Resignation zu münden: „Defeat every dream don’t fall asleep in your blinding party for the weak. Taste a last intrigue.“ Vielmehr ist es Analyse und Prognose zugleich, als längst verlorener Kampf. Bedrückend, wie detailliert der Künstler die zwischenmenschlichen Beziehungen in Metaphern kleidet: „You are my window on a naked wall. Your autum is my fall. Flowers grow on their own. I will learn to swim on my own.“Die spartanische Instrumentierung verhilft gerade „Taste“, nur mit Akustik-Giatarre und Melodica vorgetragen, zu einer faszinierenden Unmittelbarkeit.

Kurz um, wer an der Philosophie und dem teils obskuren menschlichen Miteinander interessiert ist, dem sei Stars For The Banned in diesem Fall buchstäblich ans Herz gelegt. Die Veröffentlichung des Tonträgers fällt darüber hinaus, ob schicksalhaft oder geplant, in jene Jahreszeit, in der die Tage sich immer früher ihrem Ende entgegen neigen und es sich in den heimischenVier-Wänden bei einer heißen Tasse Kaffee so wunderbar nachdenken lässt. Auch in Zweisamkeit, der Überwinterung zuträglich, sei diese Platte empfohlen. Wenn vor dem Fenster der erste Schnee fällt, dürfte dieses Album seine volle Wirkkraft entfalten.

Der Sachertorte wird der Konsument nach zu reichlichem Genuss irgendwann überdrüssig. Mit der Musik von Stars For The Banned verhält es sich diamtral. Sie liegt nicht schwer im Magen, obgleich sie schwer wiegt. Es gibt viel zu entdecken und zu verstehen.

„We sink deeper and deeper. We count the minutes.“

VÖ: 30. Sep. 2011 via Labelship

Stars For The Banned„Desert Diver“

 


 

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