Startseite » Tiefseetaucher – Sudoku

Tiefseetaucher – Sudoku

Mir liegt es noch in den Ohren, dass Dirk von Lowtzow auf einem Konzert in Linz skandierte: „Ihr seid ein verrücktes Volk“. Und spätestens nach dieser Platte glaube ich es nun auch. Mit „Sudoku“ erschien dieser Tage das Debütalbum von Tiefseetaucher, einem Musikprojekt des Österreichers Rainer Schöngruber, das sich am besten als Mischung aus Knarf Rellöm, Kraftwerk und Falco beschreiben lässt. Oder auch nicht. Vielleicht ist es etwas ganz anderes. (Vielleicht vergleicht man auch jeden österreichischen Musiker mit Falco?) Jedenfalls kommt hier viel zusammen – und das ist das Fabelhafte daran – vor allem auch geniale Texte.

Zuerst ins Theater, dann in die Bar
und hinterher noch tanzen gehen!

Der Vorteil von Wiener Altbauten seien meterdicke Wände, heißt es im Pressetexte zum Debütalbum „Sudoku„. Sie ließen problemlos zu, dass Rainer Schöngruber sein Wohnzimmer für ein Jahr lang in ein Aufnahmestudio verwandelte. Doch wer nun eine Lo-Fi-Platte oder Dilettanten-Rock vermutet, liegt meterweit daneben! Dass an dieser Platte im privaten Umfeld kontinuierlich gearbeitet und gefeilt wurde, hört man ihr an – aber nicht in diesem technischen Sinne. Der familiäre Charme fußt auf einer Vielzahl an musikalischen Gastauftritten von Schöngrubers Freunden, Freundinnen, darunter ebenso sein zehnjähriger Neffe und einer sympathischen Computerstimme. Nicht nur diese stimmliche Ambivalenz, sondern auch die Vielfalt an Stilen, die auf „Sudoku“ hörbar werden, lassen die 17 Songs zu einer wahren Fundgrube an eingängigen Melodien, genialen Texten und fixen Ideen werden.

Sechs mal die Zwei.
Sechs mal die Drei.
Und jeweils einmal in die Mitte.
Ich komm nicht los davon.
Sechsmal die Zwei.
Sechsmal die Drei.
Und jeweils einmal in die Mitte.

Es geht doch darum,
ob es mir gut geht.
Geht mir nicht!

Ein Beweis für die Reife dieses Albums ist dabei der Umstand, dass sich trotz dieser Ambivalenz und Offenheit der musikalischen Ausrichtung beim Hören nie der Vorwurf des Eklektizismus einstellt. Hier passen bratzige Ein-Zeilen-Lieder wie das krachige „Binsenweisheiten“ ebenso in den Kontext wie das trashige Electro-Stück „Funkenflug“ oder der punkige Dada-Song „Stan„. Schöngruber, der nur einem guten Drittel der Lieder seine Stimme leiht, betont dabei den Charakter eines „echten Albums“, bei dem kein Stück vor einem anderen stehen soll und bei dem auf organische Umsetzung Wert gelegt wurde.

Stell
dir
vor,
du
springst
aus
dem
13.
Stockwerk
und
landest
in
einem
Lastwagen
voller
Zementstaub.

(Oder Pfirsiche?)

Ähnlich wie bei der musikalischen Umsetzung sind die Inhalte und Stimmungen der Liedtext sehr differenziert. Von „Unterschicht„, einem gesellschaftskritischen „Protestsong“, in dem Schöngruber sich Definitionsspielereien hingibt und versucht, sich selbst zu verorten, über das krude und expressionistische Bild von einem Sprung aus dem 13. Stockwerk, das der Song „Pfirsiche“ erzählt, bishin zur etwas anderen Indie-Hymne „Theater, Bar, Tanzen„, die auch schon Eingang in die Playlist der namenhaften Radiostation FM4 fand. Der rote Faden bei den Songs auf „Sudoku“ sind dabei der ironische Witz und das freche Hinterfragen dem sich Schöngruber bei seiner lakonischen Textarbeit hingibt. Daraus entspringen dann einerseits phänomenale, antiintellektuelle Kreationen wie „Stan„, aber eben auch das melancholische „Hundstage„.

This is Stan.
Stan is my monkey.
Sitting on a train.
Drinking Ananaswasser.
1, 2, 3, 4… Ananaswasser!

Tiefseetauchers „Sudoku“ ist eine begeisternde, bunte Platte, auf der man Musik findet, die ich (legen wir Knarf Rellöm, Kraftwerk und vor allem Falco mal bei Seite) mit nichts vergleichen kann, was ich zuvor gehört habe.

Sudoku“ erschien am 3. Juni 2008 und ist vorerst nur via Mailorder über tiefseetaucher.at erhältlich.

Wir freuen uns über deinen Kommentar: