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Tomte in Bad Gandersheim

Es war Anfang des Jahres, als Tomte aus Hamburg mit ?Hinter all diesen Fenstern? eines dieser absoluten Glanzlichter deutscher Sangeskunst auf den Markt brachten. Thees Uhlmann (Gesang, Gitarre), Dennis Becker (Gitarre), Oliver Koch (Bass) und Timo Bodenstein (Schlagzeug) präsentierten ausgefeilten, melancholisch-charmanten Gitarrenpop von einer Güte, die sich mit Bands wie Tocotronic oder Blumfeld nicht messen muss ? denn Tomte sind besser.

Im Gegensatz zu ihren Hamburger Kollegen haben Tomte allerdings kein Majorlabel im Rücken, sondern (nur) das hauseigene Grand Hotel van Cleef, das sie zusammen mit Kettcar managen. Eigenständigkeit ist Trumpf. Allerdings nicht immer, und besonders dann nicht, wenn es ans Verkaufen geht. Denn gemessen an der Qualität des Albums ist ?Hinter all diesen Fenstern? bisher sicher zu selten über die Ladentische gegangen. Tomte sind bisher noch nicht ganz angekommen im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit. Leider.

Und so verwundert es auch nicht, dass die vier Hamburger auf ihrer aktuellen Tour mitunter vor nur 150 Nasen spielen. So gesehen in Bad Gandersheim, der ?rustikalen Perle des südlichen Harzes? (Uhlmann) am 03. Oktober. Von kleinen Hallen und wenig Zulauf lässt man sich im Hause Tomte jedoch nicht die Laune verderben: Thees und Band zeigten sich (wieder einmal) äußerst gesprächig und erfreuten die Angereisten (?Ihr wohnt doch wohl nicht etwa hier, oder? Ihr kommt doch bestimmt alle aus Göttingen, Hildesheim und Kassel?) mit knapp hundert Minuten bester Unterhaltung zwischen Klasse-Ansagen und grandiosen Songs.

Los ging?s mit ?Für immer die Menschen?, dem Opener überhaupt, ?Wilhelm, das war nichts? und dem ?Rick McPhail Song?. Trotz dreier Kracher vorneweg wollte das Eis allerdings noch nicht so ganz brechen, Bad Gandersheim war schweigsam. Uhlmann die erste: ?Gestern in Lingen hab ich das Eis gebrochen mit ?Jetzt knallt euch endlich mal richtig einen rein, dann lacht ihr auch über meine Witze.?? Gelächter in der Palaver Hall. Von da an ging?s. Auch wenn der Meister bei der einen oder anderen Pointe mal hängen gelassen wurde. Musikalisch war?s von Anfang an erstklassig: ?Hinter all diesen Fenstern? wurde komplett gespielt, dazu noch eine halbe ?Sonnige Nacht? mit ?Passt zu meinem Kalender? als absolutem Höhepunkt. Zum Abschluss ?Schreit den Namen meiner Mutter? und ?Korn & Sprite? ? ?ein Lied aus unserer nachdenklichen Phase? ? dann war Schluss. Uhlmann: ?Zugabe gibt es heute nicht, denn wir haben hier ja noch nicht einmal einen Backstage-Bereich, in den wir uns würdevoll zurückziehen könnten. Stellt euch einfach vor, wir wären eben weg gewesen, ihr hättet ?Zugabe? gerufen, und jetzt sind wir wieder hier.? Also doch Zugabe. ?Die Schönheit der Chance? und, jetzt aber wirklich, ganz zum Schluss ?Insecuritate?. Wer noch blieb, konnte mit Thees ein Bier trinken, der Rest ging glücklich nach Hause.

Und auch wenn momentan noch der kleine Rahmen angesagt ist: Geträumt werden darf ja wohl schon mal. Uhlmann ganz euphorisch: ?Immer, wenn da [gemeint: ?Die Bastarde, die dich nach Hause bringen?] das Schlagzeug einsetzt, fühle ich mich, als wenn wir wirklich eine der drei besten Rockbands der Welt wären.? So weit ist es zwar noch nicht, aber wenn Tomte noch zwei, drei Alben wie ?Hinter all diesen Fenstern? rausbringen, kann man da vielleicht noch mal drüber reden. Und dann braucht man auch kein Major.

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