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Toy Fight – High Noon (EP)

toyfight_coverDie Sonne steht hoch über den Straßen Paris, die Touristen fliehen mit verschwitzten Blicken in die nahegelegenen klimatisierten Cafés, während die Glocken des Notre Dame zum „High Noon“ läuten. Doch sechs Musiker ziehen unerschrocken weiter durch die leeren Alleen der französischen Hauptstadt, nennen sich Toy Fight und dürfen lächeln, denn in diesem Moment läuten die Mittagsglocken nur für sie.

Paris ist in den letzten Jahren durch das Ed Banger Label und den dazugehörigen Künstlern wie Justice, SebastiAn oder Mr Oizo zu einem Mekka der New-Rave-Bewegung geworden. Elektronische Musik durfte auf einmal wieder dreckig und rau sein, während das Publikum mit Neonlichtern und Stirnbändern die entsprechend positive Resonanz lieferte und obwohl es anfangs noch als kurzweilige Trendbewegung belächelt wurde, halten sich die elektronischen Revolutionäre und ihr Szenepublikum immer noch fleißig auf den schon totgesagten Beinen. Eine musikalische Erfolgsgeschichte, von der es in der Stadt der Liebe leider nur sehr wenige gibt. Meistens verschwinden Bands nach kurzer Medienpräsenz wieder in der Versenkung und lassen nichts mehr von sich hören. So erging es auch unseren Protagonisten Toy Fight bereits einmal.

Anfangs noch als Trio unterwegs entschlossen sich die Solokünstler Sébastien Broca, David Simonetta und Maxime Chamoux im Jahr 2003 dazu, ihre Energien in ein gemeinsames Album zu stecken. Drei Jahre ließen die Arbeiten auf sich warten und nach der Veröffentlichung des Debüts „Anagram Dances“ war man sich sicher, dass hier mehr als nur ein gutes Stück Musik vorlag. Doch in der Zwischenzeit waren Schule, Arbeit und andere Projekte in den Vordergrund gerückt, sodass man sich entschloss, den Anfang direkt wieder zum Ende zu erklären und erneut getrennte Wege zu gehen.

Wäre das hier nun ein weiterer Beweis für die kurze Vergänglichkeit musikalischer Qualität, müssten ich hier einen Schlussstrich ziehen und die letzten Zeilen dieses Artikels schreiben, doch manchmal passieren auch in der harten und unerschütterlichen Musikwelt kleine Wunder. In unserem Fall fiel die oben genannte Platte den Verantwortlichen des Cityslang Labels ein Jahr später in die Hände. Trotz der Gewissheit, dass Toy Fight ihr Kapitel in der Musikgeschichte eigentlich schon fertig geschrieben und persönlich hinter sich gebracht hatten, nahmen sie Kontakt zur Band auf und boten ihnen an, eine Wiederauferstehung der Band und die Aufnahmen einer damit verbundenen zweiten Platten zu finanzieren. Ein Schuss in den Himmel, der die drei Musiker wieder wach rüttelte: „Es ließ uns realisieren, dass wir die Musik, die wir vorher gemacht haben, immer noch mochten„, erklärt Sebastian „und das es ein wenig frustrierend wäre, es dabei zu belassen. Es brachte uns dazu, ein Album aufnehmen zu wollen, mit dem wir zu 100 Prozent zufrieden sein können. Natürlich ist das unmöglich, aber das ist ein anderes Problem…“ Mit dieser Einstellung holte das Trio noch die Musiker Bertrand Faurebrac, Jean ‘Jaune’ Thévenin und die Sängerin Mina Tindle ins Boot und sitzen momentan an den Aufnahmen für das zweite Album „Peplum„, das noch im Frühjahr veröffentlicht werden soll.

Die nun vorliegende EP „High Noon“ ist ein Lebenszeichen aus dem Aufnahmestudio, das schon einmal die ankündigenden Fahnen zur Rückkehr schwenken und einen entsprechenden Vorgeschmack bieten soll. Mit zwei komplett neuen Songs und zwei Songs vom ersten Album in neu aufgenommenem Gewand machen Toy Fight das Warten auf „Peplum“ nicht gerade leichter. So kriegt man hier erfrischenden und authentischen Pop serviert, der zu überzeugen weiß: Mal in antreibender Form mit Rassel und Trompete wie im ersten Song „High Noon„, mal verspielt mit Banjo und Akkordeon in „Your Own Fireworks“ oder mal atmosphärisch experimentell in „The Hidden Second„.

a little time delays all my thoughts
a broken clock on the furthermost
a waiting word in between two days
a hiding sun beyond a window

Auf „High Noon“ finden sich vier kleine Perlen, die die Hoffnung auf ein überzeugendes zweites Album, das in gleicher musikalischer Verliebtheit zu verzaubern weiß wie das erste Album die eigene Plattenfirma, wachsen lassen. Die Hoffnung auf ein Happy End in diesem kleinen Kapitel der französischen Musikgeschichte.


„High Noon“ erscheint am 23. Februar 2009 auf Cityslang.

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