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Untertagen – In dieser Stadt

Braucht es tatsächlich eine weitere blutjunge Indie-Formation, die sich britischer Musik und deutschen Texten widmet und noch dazu so wunderbar durch das Tragen ihrer knallengen Röhrenjeans das einhergehende modische Klischee bedient? Ja, es braucht eine weiter Band mit diesen Attributen. Ist die bezeichnete Stilistik nicht langsam aber sich abgegriffen? Nein, denn Untertagen sind echt und keinesfalls eine bloße Kopie, wobei das Quartett aus dem bairischen Aschaffenburg keinen Hehl um ihre Vorbilder macht, sondern offen zu Einflüssen und Inspirationen steht. Mit ihrer Debüt-EP „In dieser Stadt“ gelingt es der Formation ein erstes Ausrufezeichen zu setzen.

Und diesem Ausrufezeichen folgten unmittelbar einige Wochen, in denen sich die Ereignisse für die Musiker schier zu überschlagen schienen. Kaum war die EP aufgenommen, gewann die Band um Sänger Christian Reis einen Wettbewerb eines Limonaden-Herstellers, der den Bayern eine Tour durch die neuen Bundesländer sowie eine komplette Video-Produktion in Berlin spendierte. Und als sei dies noch nicht genug der Aufmerksamkeit, spielten Untertagen einen Fernseh-Auftritt und gewannen prompt nochmals einen Wettbewerb, der dem Quartett einen Festival-Slot in Luxemburg einbrachte. Kaum zu glauben, dass die Band bis dahin erst ganze vier Monate in der aktuellen Besetzung existierte: Schlagzeuger Christopher stieß als Neuling hinzu und avancierte augenscheinlich direkt zu einer Stütze des Kollektivs.

Von einem zufälligen Durchbruch kann dennoch nicht die Rede sein, denn dem momentan einsetzendem Erfolg ging umfassende und eigenhändige Arbeit voraus. So schuf sich die Band eine beeindruckende Präsenz in nahezu jedem einschlägigen Band-Portal, deren Pflege die Band-Mitglieder nach wie vor selber betreiben. Außerdem scheuten die vier Franken nicht davor zurück, sich auch handwerklich zu betätigen und gestalteten ihr neues Band-Domizil ganz nach ihren eigenen Vorstellungen und selbstredend persönlich.

Der Musik wohnt dementsprechend ebenfalls ein eindeutig hörbarer Tatendrang inne, eine Spritzigkeit, die Aufbruch bedeutet und sollte dieser Aufbruch mit einem gewissen Schmerz einher gehen, so ist dieser dennoch notwendig. „Wir können alles werden/ Nur nicht glücklich sein/ Dafür sind unsere Chancen viel zu klein/ Und alles was für mich war ist auf einmal nicht mehr da“ („Was für mich war“). Melodik gepaart mit Melancholie, vielleicht sogar einer gewissen Melo-Dramatik, aber letztlich sei ein wenig Pathos gestattet, denn die Musik von Untertagen ist eindeutig von einer bitteren Alltäglichkeit durchzogen, die zermürben könnte, sofern ihr nicht schonungslos gegenüber getreten würde. Gemäß dieser Thematik dankt Sänger und Textschreiber Christian Reis im Inlay der CD all seinen Verflossenen:“Namentlich möchte ich sie allerdings nicht erwähnen, wobei sie es eigentlich verdient hätten“, schmunzelt der Musiker.

Die Melodien vermögen den Gesamtkontext aufzuhellen und treiben druckvoll nach vorne. Dabei erinnern die Songstrukturen an Two Door Cinema Club oder an eine glatte Version von Franz Ferdinand. Zweifelsohne beweist die Formation ihr Gespür für feine, akzentuierte Melodielinien, die definitiv das Potetial aufweisen, sich längerfristig im Gedächtnis verankern zu können.

Untertagen sind ein wunderbares Besispiel dafür, dass sich harte Arbeit, Professionalität und jugendliche Unbekümmertheit nicht gegenseitig ausschließen müssen, sondern, dass aus diesem Kompositum inspirierende Musik hervor gehen kann.

„In dieser Stadt“ ist seit dem 12. November 2010 als Download via radioactive.de erhältlich.

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