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YOU FM Vorhörung mit Thees Uhlmann in Gießen

13. Oktober 2008. Erster Tag des neuen Wintersemesters an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Ein Tag voller überfüllter Hörsäle, den ersten unfreiwilligen Freistunden und Scharen orientierungsloser Erstsemester. In der Mensa des Philosophikums I gibt es mittags große Wiedersehen, Hähnchenbrustfilet oder Sojaragout und abends lauscht und antwortet Tomte-Rampensau Thees Uhlmann im Rahmen einer „YOU FM Vorhörung“ den Fragen der etwa 120 geladenen Gäste über seine Texte, Musik, Homies und Hunde.

Tomte-Fans wissen, dass die Band und vor allem Thees Uhlmann ein besonderes Verhältnis zu der mittelhessischen Universitätsstadt, die Vielen höchstens als Herkunfsort der Gruppe Juli bekannt sein dürfte, unterhält. Singt er doch in „Wilhelm, das war nichts“ gleich nach der meist zitierten Tomte-Zeile überhaupt:

Ich erinnere mich an Konzerte, die schon lange zu Ende sind. Zum Beispiel S.N.F.U. in Gießen,…

Die eigentlich beste Band der Stadt heißt natürlich Boxhamsters und schreibt wiederum in ihrer Biographie wie die Gießen-Uhlmann-Freundschaft 1991 langsam entbrannte:

Marcus Wiebusch (später ..but alive / Kettcar) organisiert Konzert in HH-Harburg und ein übernervöser junger Thees Uhlmann (später: „Rockstar“) streßt mit Bleistift und verwirrten Fragen im Band-Bus für ein nie erschienenes Fanzine aus Friesland rum…

Nun ist er also mal wieder da und wenn man dem AStA glauben darf, hatten sie bereits einige Anfragen des Jugendsenders des Hessischen Rundfunks ausgeschlagen bis endlich eine „Vorhörung“ mit Tomte vorgeschlagen wurde. Das Konzept der studentenfreundlichen Konzertreihe ist einfach: Statt grauem Vorlesungsalltag stehen deutsche Künstler in einer hessischen Universität den Gewinnern der stark begrenzten Gästelistenplätze Rede und Antwort, diskutieren und stellen ihre Musik vor. Und wie es der Zufall so will, waren es Tomte, die diese Reihe im Februar 2006 in Fulda mitbegründeten.

Die Gewinner haben es sich auf Sitzkissen auf dem Boden der Pasteria der neuen Mensa gemütlich gemacht. Auf Augenhöhe, ohne Bühne oder Zäune sitzen YOU FM-Moderatorin Raffaela Jungbauer und Thees mit einem Glas Rotwein. Bier kann man zum Glück nur mit Mensakarte kaufen. Zur Einstimmung, als Anregung für Fragen und als Verschnaufpause für den redseligen Sänger werden zu Beginn und zwischendurch einige Titel der neuen Tomte-Scheibe „Heureka“ eingespielt. So machen auch Fragen über Songwriting den Anfang, denen Thees bereitwillig ausführlich und wortgewandt antwortet. Er weiht uns in das Ordner- und Textdokumentensystem seiner drei vollgeschriebenen Computer ein und wie er damals den genialen Einfall zu „Korn & Sprite“ hatte, erzählt über seinen Hund „Goo“, über dessen Ableben er in „Endlich einmal“ singt. Dass ihn Raubkopierer zwar ärgern, Leute, die sich Rohlinge signieren lassen oder nur die Nummern der Songs, aber nicht deren Namen kennen, aber amüsieren.

Auch bei der dritten und auch noch bei der fünften Frage zu seinem kreativen Songschreibeprozess ist er um keine Antwort verlegen, doch als er von einem Studenten damit konfontiert wird, dass „Heureka“ doch eher weich klinge oder dass die Stimmung der Musik nicht zu den Texten passe, sucht er händeringend nach Worten. Ebenfalls, als man ihn nach deutschen Bands fragt, die ihn momentan inspirieren – doch zum Glück fällt ihm noch ein, dass er die alle selbst unter Vertrag hat.

Zwischendurch lästert er über seine Homies, beispielsweise Jürgen Vogel, der im Gegensatz zu ihm ja gar keine richtige Zahnlücke, sondern einfach nur zu wenige Zähne habe und kann sich auch mit keinem der vertretenen Studiengänge anfreunden. Zu Homies werden trotzdem fast alle. Auch für den Ingenieur aus der Mitte des Publikums findet er noch eine wichtige Aufgabe: Eine Tränenkanone für Tomte-Konzerte zu erfinden. Wie man nochmal darauf gekommen war, weiß keiner mehr. Der typische Uhlmannsche Erzählfluss schlägt Haken von einer Anekdote zur Nächsten, preist und verteufelt so ungefähr alles, was seiner flinken Zunge dabei unter die Räder kommt, teilt Weisheiten und heiße Luft. Man merkt, dass er sich gerne reden hört, er in seiner Eigenschaft als Songschreiber einen Vorratsspeicher mit vielen gute Formulierungen, Vergleichen und textliche Kombinationen gefüllt hat, der abrufbereit nur auf die richtigen Anwendungsmomente wartet.

Als der Wissensdurst allmählich versiegt, greift Thees im Anschluss an die Fragestunde zu seiner Gitarre. Nach „Ich sang die ganze Zeit von dir“ und „New York“ heißt es Wunschkonzert – doch unter der Prämisse „nichts von den ersten beiden Alben“. Kein Wilhelm und auch keine Kettcar-Stücke. Dafür improvisiert er zum ersten Mal quasi öffentlich „Wonderwall“ von Oasis, obwohl er eigentlich Manowar verstand. Den Wunsch nach der Nummer elf vom neuen Album erfüllt er kopfschüttelnd grinsend, bevor er Plakate für die WG-Zimmer Gießens improvisiert.

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