Startseite » Bloc Party im Interview

Bloc Party im Interview

bp_interview02Als Bloc Party verkündeten, ihr drittes Album „Intimacy“ würde vor dem Verkaufsstart der Plattenläden als Online-Download herauskommen, sorgte dies , genau wie Radioheads Veröffentlichungsmethode, für großen Wirbel innerhalb der Musikpresse.Auf ihrem letzen Deutschlandkonzert ihrer Tournee trafen wir ihren Bassisten Gordon Moakes und sprachen mit ihm über die Entscheidung einen ungewohnten Weg bei der Veröffentlichung zu gehen, die Zukunft der Musikindustrie und den Musikgeschmack der Band.

Seht ihr euch selbst als eine Live- oder als eine Albumband?

Gordon: Ein bisschen von beidem. Ich denke man muss einfach beides können. Wenn du immer nur an deinen Platten arbeitest und nie Konzerte spielst, dann wirst du nie eine Fanbase erschaffen können, welche diese dann kaufen können

Gibt es Unterschiede zwischen dem deutschen Publikum und dem Englischen?

Ich glaube nicht, dass es einen großen Unterschied gibt. Das deutsche Publikum hört sehr viel Rock. Zudem ist Deutschland ein Land, aus dem sehr viel Techno kommt. Deshalb denke ich, dass wir in beide Richtungen reinpassen. Zudem ist das deutsche Publikum sehr beständig. Es gab eigentlich keine Zeit in der unsere deutschen Fans nicht zu uns gehalten haben.

Kennst du deutsche Bands?

Das ist eine gute Frage. Hmm, also Blumfeld kenn ich; Und Rammstein natürlich. Wer ist denn im Moment bekannt?

Also außer Tokio Hotel gibt es aus Hamburg ein paar bekannte Independent-Bands, wie z.B. Tomte und Kettcar. Ansonsten ist eine Band namens Beatsteaks im Moment recht bekannt.

Na gut, die kenn ich. Anscheinend kenn ich ja doch nicht so wenig. (lacht)

Welche sind denn momentan deine Lieblingsmusiker?

bp_interview02Das ist lustig. Im Zug hat mir ein Mann genau dieselbe Frage gestellt. Irgendwie konnte ich sie ihm aber nicht wirklich beantworten. Aber wenn ich so nachdenke, dann gibt es eine Band die ich im Moment wirklich klasse finde. Es ist eine kleine Band aus Montreal, „Land Of Talk heißt sie, und es ist ein Trio, bei dem ein Mädchen singt und Gitarre spielt. Erinnert mich an Sonic Youth, nur ein bisschen persönlicher.

Teilt ihr einen gemeinsamen Musikgeschmack in der Band?

Nun ja, der Musikgeschmack innerhalb der Band ist schon etwas verschieden. Es gibt halt Bands bei denen wir uns einig sind, und welche bei denen wir es nicht sind. Und das ist, glaube ich, der Grund weshalb wir eben diese Band sind und genau diese Musik machen. Aber es ist halt häufiger so, dass wir uns über Bands uneinig sind.

Kannst du uns Beispiele nennen?

(lacht) Ich denke, dass man bei Musikgeschmäckern tolerant sein sollte. In unsere Band haben wir gelernt zu akzeptieren, dass wir verschiedene Leute mit verschiedenen Geschmäckern sind. Kele zum Beispiel ist ein riesiger Fan von „Beyoncé“, die ich okay finde. Ich mag ein paar Songs, aber das wars dann auch.

Welche Bands haben euch beim Schreiben von „Intimacy“ inspiriert?

Puuh, gute Frage. Kele hatte ein paar interessante Ideen, die in Richtung von R’n’B gingen. M.I.A. ist da ein gute Beispiel. Ich hab zu der Zeit eher World- oder Country/Folk-Bands gehört. „Siouxsie and the Banshees“ bp_interview01haben mich zum Beispiel inspiriert.

Wie geht ihr denn beim Schreiben von neuen Songs vor? Was inspiriert euch dazu?

Ich stoße immer etwas später im Songwriting-Prozess dazu. Deshalb inspiriert mich eigentlich am meisten, was die anderen Jungs schon an Musik gemacht habe. So entwickel ich dann neue Ideen dazu, die dann die Musik auch nochmal in eine andere Richtung bringen. Ich denke aber, dass Kele diese Frage komplett anders beantworten würde. Er hört generell viel Musik und kommt dadurch immer wieder auf neue Ideen, die er dann auch umsetzen will. „Better Than Heaven“ ist zum Beispiel durch einen Song von „DJ-Shadow“-Song inspiriert worden. Wenn uns bestimmte Aspekte eines Songs gefallen, dann versuchen wir sie in unsere Musik zu übernehmen und am Ende kann es trotzdem ganz anders klingen.

Was fasziniert euch so sehr an griechischer und römischer Mythologie? Auf eurem dritten Album ist ja der Großteil der Namen aus der Mythologie übernommen.

Eigentlich ist das wieder eine Frage für Kele. Ich kann aber versuchen sie zu beantworten: Soweit ich weiß, waren eigentlich die meisten dieser Songtitel ein wenig zufällig gewählt worden. Eigentlich waren diese nur als Arbeitstitel gedacht. Ich weiß auch gar nicht woher Kele diese mythologischen Referenzen genommen hat, sie waren aber gute Startpunkte bei Liedern, zwar eine grobe Idee, aber noch keine Songtexte hatten.

Gab es eigentlich einen bestimmten Punkt, an dem ihr entschieden habt, dass ihr euer Album nicht auf dem gewohnten Weg rausbringen wollt?

Ja, wir hatten uns einfach gedacht, dass wir nach zwei Alben, die wir auf dem traditionellen Weg rausgebracht haben, ein einfach etwas Neues ausprobieren sollten. Ein Mitarbeiter in unserem Label hat uns dann ein paar Vorschläge gemacht und eine Idee war halt, dass wenn wir das Album fertig hätten es einfach online stellen sollten. Eines der Probleme die eine Band hat ist halt, dass es eine Deadline gibt und bestimmte Erwartungen die es zu erfüllen gibt. Das Ganze wollten wir damit umgehen um uns einzig und allein auf die Musik konzentrieren zu können. Unser Label Wichita war dabei sehr kooperativ.

Wie glaubst du, wird das Musikbusiness in zehn Jahren aussehen?

Oh mein Gott! (lacht) Ich frage mich echt wie Bands dann in der Lage sind Musik zu machen. Das Gute ist aber, dass die Musik wieder aus den Händen der Firmen zurück zu den Musikern kommt. Ich finde interessant, was Patrick Wolf gemacht hat. Er hat durch „Fan-Aktien“ seine Produktionskosten finanziert. Wenn so etwas funktioniert, dann gibt es eigentlich keinen Grund mehr zu Labels zu gehen. Es wird immer Leute geben die Musik machen werden-Ob mit, oder ohne Plattenfirma.

Glaubst du , dass die Musikindustrie, so wie sie momentan existiert noch eine Zukunft hat?

bp_interview03Ich wäre überrascht, wenn Major-Labels komplett überflüssig würden. Sie werden immer einen Weg finden ihre Flagschiffe auszumelken. Illegale Download hatten große Auswirkungen auf den „Britney-Spears-Markt“. Popstars wie sie ist es aber trotzdem noch möglich Millionen von CDs zu verkaufen, und dieser Markt wird auch nicht in zehn Jahren verschwunden sein. Ich glaube auch, dass Independent-Bands sich anpassen werden. Künstler oder auch Plattenlabels, die durch die Liebe zur Musik getrieben werden, werden überleben können.

Habt ihr denn schon Pläne für ein viertes Album?

Wir haben schon ein paar Songs die in unseren Köpfen rumgeistern. Ich denke aber, dass wir erstmal eine kleine Pause machen werden. Mal schauen wie es kommt.

Fühlt ihr euch unter Druck gesetzt, dass ihr jetzt unbedingt wieder etwas innovatives machen müsst?

Nicht wirklich, wir sind ja nicht die ersten die soetwas gemacht haben. Radiohead ist hier das beste Beispiel. Wobei es bei Bands dieser Größenordnung nun wirklich kein Risiko ist. Auch wenn der Versuch furchtbar gefloppt wäre, hätte es immer noch genug Leute gegeben, die das Album gekauft hätten, sodass die Bandmitglieder nicht verhungern müssten. (lacht)

Gordon, wir danken dir für das Interview

Fotos: Martina Drignat

Bilder vom Konzert gibt es hier

Wir freuen uns über deinen Kommentar: