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Andrew Boyd – Tägliche Heimsuchung

Was macht man eigentlich, wenn man als Atheist durch diese Welt irrt und nicht jederzeit die Bibel nach der Lösung befragen kann? Und wie soll man damit zurechtkommen, wenn die Lebenslagen in denen man sich befindet, sowieso viel komplexer sind als alles, was jemals in der Bibel stand? Seit kurzem schafft der New Yorker Schriftsteller Andrew Boyd in solchen Fällen Abhilfe, mit seinem Werk „Tägliche Heimsuchung“.

Sagen wir es mal so: Während andere Ratgeber oder Überlebenshilfen alles daran setzen, so positiv und hirnwaschend wie möglich an ihre Leser heranzugehen, so versucht dieses Buch, die andere Abzweigung zu gehen. Irgendwo ist die „Tägliche Heimsuchung“ sicherlich auch ein Ratgeber. Aber einer, der an den klaren Verstand des Menschen appelliert. Es geht um gesunde Desillusionierung. Es geht um die Kunst, zu einem an Krisen und Katastrophen reichen Leben zu finden und damit zurecht zu kommen. Und all das auf eine wunderbar ironische Art und Weise, die auch den philosophischen Charakter nicht vermissen lässt.

Eingeteilt ist das Buch in verschiedene Lebensbereiche: Leben, Selbst, Familie, Liebe, Karriere, Politik, Philosophie, Religion, Tod und Erleuchtung. Was nach deftiger Kost klingt, ist eigentlich recht einfach zu verdauen. Zu jedem Überthema gibt es eine kleine Abhandlung, die dem Leser hilft, die Barriere eines gewissen Themas anzuerkennen, sich eigen zu machen und bestenfalls rückwirkend umzusetzen. Die Überschriften dafür lauten dann z.B. „Vom Nutzen der Obsessionen“ oder „Fucked by love“. Zur Unterstützung eines jeden Beitrags gibt es noch ein passendes Zitat von anerkannten Realisten à la Kierkegaard oder Sartre, am Ende eine Conclusio des Autors und fertig ist das „etwas andere“ Nachschlagewerk.

Hier ein Auszug aus dem Text „Umarme das dir aufgezwungene Leben“:

„Von Anfang an bist du ein Opfer äußerer Umstände. Du wirst schreiend und strampelnd in eine dir unbekannte Familie geboren. Als Kind saugst du Einflüsse auf, die deinen Geist auf eine bestimmte Weise formen. Wenn du endlich ausziehst, glaubst du, du wärst frei – Aber dann heiratest du eine Frau, die aussieht wie deine Mutter und trinkt wie dein Vater.“

Alles in allem eine wirklich fantasiereiche Abwechslung zu all den Pseudo-Ratgebern in den Bücherregalen dieser Welt. Endlich mal ein Handbuch, das nicht nur den Weg zu einer scheinbar besseren Welt vorgaukelt. Zudem kommt es sicherlich nicht schlecht, einige der klugen Zitate auswendig zu können. Die passen nämlich ebenso gut in jede Lebenslage!


„Tägliche Heimsuchung“ ist seit August 2008 bei Fischer erhältlich.

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