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Berlin Festival 2012 | 07.-08.09.2012 | Flughafen Tempelhof, Berlin

Zelte, Gummistiefel, Konfetti und Glitzer-Make-Up stecken wieder in den Untiefen unserer Schränke – das beste Zeichen, dass es sich ausgefestivalt hat. Doch nur zu gern blicken wir zurück, auf eines der schönsten Ereignisse im Festivalsommer: das Berlin Festival 2012 ist, das es uns wieder einmal bewiesen hat! Man soll es kaum glauben, doch auch in diesem Jahr konnte das Berlin Festival wieder überraschen. Neben den freundlichen (und sehr adretten) Stewards und Stewardessen, die in standesgemäßen Aufzügen in der Vorhalle des ehemaligen Flughafen die Festivalbesucher empfingen, dem bunten Art Village, sowie der imposanten Mainstage, die sich in ein Gewand kleidete, dass der Vorderansicht eines Fliegers glich, war es vor allem das Line-Up, das andere Festivals alt aussehen lässt.

Den Einstand in ein berauschendes Festivalwochenende gaben am frühen Freitagnachmittag Of Monsters and Men auf der Mainstage, bei dessen wohlwollenden Klängen man ganz vergaß, zu welchen trüben Ungestümen sich die Wolken zusammenzogen. Diese Stimmung trug einen dann zur Bühne auf die Zippo Encore Stage, auf der Elena Tonra vor einem nur kleinen wissenden Publikum bezaubernd schön die wenigen Songs zum Besten gab, die es von Daughter bisher zu hören gibt. Nachdem die letzten Töne verklangen, sammelte man sich inzwischen wie sonst noch nie vor dieser Bühne, um Kate Nash zu lauschen. Das Mädchen jedoch, in das vor ein paar Jahren noch jeder ein bisschen verliebt war, mag wohl in letzter Zeit zu viel Nirvana rückwärts gehört haben. Das Pünktchenkleid scheint sie für ein Addams Family-Outfit an den Nagel gehaben zu haben, in dem sie mit ihrer Pussy Riot-Gedächtnisband sogar „Foundations“ kaputt machen kann. Kate Nash jedenfalls ist das beste Beispiel, dass „sich musikalisch weiterentwickeln“ auch gehörig schief gehen kann, was die entsetzten Gesichter des Publikums bestätigten. We Have Band dagegen zeigten auf Hangar 5, dass sie nach wie vor, das Tanzzepter in der Hand haben.

Tocotronic drehten währenddessen auf der Mainstage die Uhren zurück auf 2006, denn so wie zu „Kapitulation“ oder „Sie wollen uns erzählen„mitgegröhlt wurde, bewiesen sie, dass in jedem von uns noch immer ein trotziger Teenager steckt. Das Kontrastprogramm lieferten Grimes nur ein paar Meter weiter. Unter fluoreszierendem Licht, in voller Leuchtstabmontur sorget die Kanadierin bei allen, denen es nichts ausmacht, wenn mehr wild getanzt als live gesungen wird, für den wohl abgefahrensten Trip. Ein weiteres Schmankerl war auch Ghostpoet, der die neue Berlin Music Week Stage – auf der sonst hitzige Diskussionen ausgefochten werden – voll und ganz für sich einnahm.

Sigur Ros und Nicolaas Jaar , die mit ihrer sich überschnittenen Stagetime für manch zerrissenes Herz gesorgt haben müssen, sorgten dann nachdem der tosende Regen endlich ein Ende genommen hatte, unter wieder sternenklarem Himmel für die letzten sorglosen Stunden auf dem Tempelhofer Flughafen, bevor es am nächsten Tag wieder in die Vollen gehen würde.

Nachdem sich im Club X-Berg u.a. Metronomy,When Saints Go Machine und Crookers die Klinke in die Hand gegeben hatten, und die bis in die frühen Morgenstunden zwischen Badeschiff und Glashaus für eine gelungen Afterhour sorgten , lag es am Samstagvormittag am als Panda maskiertem Cro, die Festivalbesucher auf Tag Zwei einzustimmen. Tatsächlich herrschte vor der Mainstage bei bestem Sonnenschein mehr als gute Stimmung, die man als in Vorfreude auf Django Django behielt. Im Batik-Partnerlook gekleidet bestritten diese ihren ersten, auf den ersten Blick verliebt machenden Deutschlandauftritt.

Immer noch beschwingt, zog es als Nächstes zu Kimbra oder aber zu I Heart Sharks. Letztere zeigten sich, scheinbar beseelt von der Ehre „Neuzeit“ als diesjährige Festivalhymne beigesteuert zu haben, mal wieder von ihrer besten jeansbehemten Seite.Währenddessen ging die Mainstage in Unmengen an Konfetti, Kunstblut, Federn, Glitzer und nakter Haut unter, denn Bonaparte machten, was sie am besten können, und selbst wenn das am Ende immer wieder das gleiche ist, zieht es einen jedes Mal auf’s Neue in den Bann.

 

Nach einem Abstecher zu den auf dem Berlin Festival altebkannten Dänen von WhoMadeWho, sorgten Franz Ferdinand für die Fortsetzung einer Zeitreise in die Jugend. Übertrumpft werden konnte dieses unglaublich nostalgische Gefühl, mit dem man sich aus der verschwitzten Masse drängte, nachdem einem der Wunsch erfüllt wurde, alle großartigen Franz Ferdinand-Songs live gehört zu haben, nur noch von SBTRKT, die einen fulminanten Abschluss auf Hangar 5 machten. Völlig besellt schwang man sich dann in Bus und Bahn, um seine letzten Kräfte bei Modeselektor oder Junior Boys im Club X-Berg wegzutanzen, bevor sich Mr. Higginbottom, besser bekannt als Totally Enormous Extinct Dinosaurs, die Ehre gab. Für all die jenigen, die sich bis dahin nicht bereits im 7. Himmel verloren hatten, weil sie all ihre Träume verwirklicht sahen, warteten in den frühen Sonntagmorgenstunden auch noch Simian Mobile Disco und zuletzt die Tetrismusiker von Slagsmalsklubben, das Wochenende zu einem unvergesslichen zu machen.

Es muss wohl nicht noch einmal gesagt werden, dass das Berlin Festival 2012 eines der einzigartigsten Festivals in deutschen Gefilden ist. Wie eine großstädtische Wundertüte wartet es jedes Jahr mit einer neuen, musikalischen Überraschung auf und betört seine Gäste mit Art Village, Silent Disco, als Flugzeugpersonal verkleidete Helfer oder Auto-Scooter. Nicht nur sind es die neuen Acts wie Of Monster and Men, Kimbra oder Cro, mit denen das Berlin Festival ganz weit vorn mitschwimmt, vor allem sind es auch die Autritte (oder sogar Reunions) von Franz Ferdinand, Tocotronic, Simian Mobile Disco oder Metronomy, die das Berlin Festival so besonders machen, und in diesem Jahr so manch langgehegten, vor allem jugendlichen Traum wahr gemacht haben. So schnell dieses berauschende Septemberwochenende auch wieder vorbei ging, so sicher kann man sich sein, dass das Berlin Festival 2013 wieder eins drauf setzten wird, auch wenn wir keine Vorstellung haben, was das noch sein könnte!

Fotos: privat. Mehr Infos und Fotos gibt’s hier und auf Berlin Festival Facebook.

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