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Big Jump Party | 18.12.2010 | Haus Auensee, Leipzig

Die besten Hits der 80er, 90er und von heute, Flitzer Blitzer, ohrenbetäubende Nachrichtendurchsagen und nervige Werbung – viel mehr assoziiert man mit Radio nicht mehr. Vielleicht deshalb der Gedanke der Menschen hinter JUMP, einem Radiosender des MDR, Rooney, Mando Diao und White Lies nach Leipzig zu holen. Ganz verflog aber das Gefühl nicht, dass man auf dem 10. Geburtstag eines Radiosenders tanzte.

Es ist für die breite Masse – wie man so schön sagt – schon ein verlockendes Angebot, wenn einem auf den Bühnen des Leipziger Haus Auensee nicht nur Rooney und die White Lies, sondern auch Mando Diao versprochen werden. Kein Wunder also, dass die Stube gut gefüllt war und es sich niemand hatte nehmen lassen zu kommen, dem es leichter fällt, das Radio anzustellen und sich die Musik auf dem Tablett servieren zu lassen, statt selbst die Playlist rauf und runter zu jagen.

Über das Line Up musste man sich schon etwas wundern. Kaum waren die Pforten geöffnet, standen als erstes die Sonnenscheinkinder von Rooney auf der Bühne, und gaben gut gelaunt – wie es sich für das Radio gehört – ein Potpourri aus sechs Jahren Bandgeschichte zum Besten. Wie es sich gehörte, durften When Did Your Heart Go Missing und I Can’t Get Enough nicht fehlen. Doch zum Erstaunen der einen und Misshagen anderer sind Rooney live unerwartet rockig und ließen mit augedehnten Bass- und Gitarrensoli für einen Moment glauben, man befände sich weniger auf einer Kommerzveranstaltung als auf einem Rockkonzert. Schade nur, dass Sänger (und Beinahe-Hollywoodstar) Robert Schwartzman gedacht haben muss, er befände sich im Deutschland der Vorkriegszeit, if you can understand what I mean.

Nach einer kurzen, obligatorischen Umbauphase fanden sich White Lies vor dem Publikum wieder und lieferten ein perfekt arrangiertes, akustisch einwandfreies Live-Konzert, das zweifelsohne der Stimme Harry McVeighs zu Danken ist. Unglücklicherweise aber vor dem falschen Publikum, dass bei dem Wiedererkennen der ersten Töne von Farewell To The Fareground, To Lose My Life und ihrem „neuestem Hit“ Bigger Than Us gröhlte, aber bei anderen, weitaus begröhlenswerteren, weil herausragenden Titeln nur verhalten in die Ferne starrte.

Entsetzt in die Ferne starren oder auf gleich die Flucht ergreifen, waren die ersten Impulse bei der vom Jump-Moderator so euphorisch angekündigten nächsten Band: Filter. Sowas in der Art hätte man sich für seine Gehörgänge wünschen wollen, denn die ebenfalls aus dem warmen Kalifornien angereisten Filter hielten sich in ihrem Gott-sei-dank nur dreiviertelstündigem Set irgendwo zwischem schlechten Industrialrock-und Grunge-Imitaten auf. Dabei bedienten sie sich aller Klischees: Ganzarmtatoowierungen, Kapuzenpullis oder ärmellose Shirts und Sonnenbrille. Scheinbar selbst nicht ganz darüber im Klaren, an welchem Ufer man sich dauerhaft niederlassen soll, schrie sich Sänger Richard Patrick einmal die Seele aus dem Leib, stimmte dann besinnlichere Schmusesongtöne an, verfiel dann wieder in sein Deathmetal-Muster, um anschließend ein fast radiophiles Lied zu trällern. These guys are (hier bekanntes englisches Schimpfwort einfügen) awesome! Schade, dass Jump ihnen wohl nicht erlaubt hatte, zum krönenden Abschluss eine Gitarre in den Verstärker zu schmeißen …

Ein Glück, dass es mit dem Wissen um das Line-Up nur besser werden konnte. Die Klischees, die man sich denken mag, wenn es um Mando Diao geht, kenne ich – und es gibt einige.

Doch was die Schweden mit ihrem Unpluggedset an diesem Abend auf die Beine gestellt haben, war einmalig und allemal sein Geld wert. An akustischer Gitarre, Klavier, Violinen, Trommeln und Kontrabass vertonten sie Songs aller ihrer sechs Alben neu und spielten nicht nur, wie man es hätte erwarten können, die Setliste der MTV Unplugged Above and Beyond-Session hoch und runter, sondern setzten immer noch eins drauf. Sogar zwei neue Songs und eine bejubelte Coverversion der Cranberries fand sich wieder. Der bestens aufgelegte Gustaf Norén plauderte an seinem Klavier etwas aus dem Nähkästchen und trällerte in vorweihnachtlich-engelsgleicher Manier mit Björn Dixgård um die Wette, bis der dann nach einer (man mag es kaum glauben!) noch energiegeladeneren Version von Dance With Somebody den Bühnenabgang seines Lebens lieferte. Dem flehenden Verlangen des Publikums nach einer Zugabe konnten sie aber nicht nachkommen – gemäß des Falles sie selbst hätten es gewollt – womit das Schicksal einer öffentlichen Radioveranstaltung besiegelt wäre.

Bei (fast) grandiosem Line-Up, einwandfreier Akustik, einer herrlichen Location im winterlichen Norden Leipzigs, kostenlosem Sekt und Bockwürsten hätte der Abend ein unvergesslicher werden können. Der immer wieder nach Applaus verlangende, den nächsten Act ankündigende Moderator, die dezente Jump-Werbung auf den Telescreens und die überaus freundlichen Damen an der schon eine halbe Stunde nach Einlass überfüllten Garderobe, die eine Handvoll Menschen zwang an diesem Abend mit ihrer Jacke statt mit ihren Freunden zu tanzen, versalztem den weniger Radiophilen die Suppe leider etwas.

Ein Fazit aber bleibt: Einmal Mando Diao, immer Mando Diao!

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