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Bryan Ferry – Olympia

Der Mann des guten Geschmacks gibt sich mit neuem Album und vor allem neuem Liedgut die Ehre. Bryan Ferry, musikalischer Revolutionär und Dandy gleichermaßen, verlegte sich in jüngster Vergangenheit auf die Neu-Interpretation von mehr oder weniger geläufigen Dylan-Songs und veröffentlichte mit „Dylanesque“ ein Album, das er jedoch keinesfalls als Tribut verstanden wissen wollte. Drei Jahre später scheint der Brite wieder Tatendurstig, unter anderem aufgrund seines neuen Werkes „Olympia“, in dessen Entstehungsprozess neben Ferry zahlreiche musikalische Größen involviert waren.

Aber der Reihe nach. Ferry, seines Zeichens zunächst Kopf der alternativen und experimentellen Formation Roxy Music, die der Sänger im Jahre 1971 gemeinsam mit Brian Eno aus der Taufe hob und in deren Verbund er fortan im Bereich avantgardistischer Musik für Furore sorgen sollte. Eno hingegen stieg bereits zwei Jahre später im Streit mit Ferry aus und widmete sich unterdessen Solo-Projekten oder Gruppierungen wie den Talking Heads und somit den aufkeimenden New-Wave-Strömungen. Eine adäquate Solo-Karriere seitens Ferry folgte, genau wie das Ende von Roxy Music 1976. Eine Wiedervereinigung wurde organisiert- allerdings ohne Eno.

Nahezu 40 Jahre sind seit dem ohne Kooperationen zwischen Ferry und Eno verstrichen, wobei sich Ferry eindeutig auf das praktische Fach verlegte, während sich Eno unter anderem zunehmend als Produzent von U2 und zuletzt gar von Coldplay verdingte. Sowohl für die Arbeit an „Olympia“ , als auch für neue Bestrebungen in punkto Roxy Music fanden sich zwei der kreativsten Köpfe der britischen Musiklandschaft wieder zusammen. Und damit ist bis dato lediglich einer der zahlreichen Superlative dieses Tonträgers zitiert, da Bryan Ferry zu dem David Gilmour, ehemals Pink Floyd, Jonny Greenwood, von Radiohead sowie Flea von den Red Hot Chili Peppers ins Studio bat. Außerdem ziert Pete Dohertys Ex-Muse Kate Moss in lassziver Form das Cover.

Die 10 Songs des Albums orientieren sich letztendlich eindeutig an der ehemaligen Roxy Music-Stilistik. Rhytmisch ist die Musik geraten, bedeutungsschwer, aussladend und keinesfalls bescheiden. Eine Kompilation aus etlichen Spuren vereint auf einen Nenner, dem Ferry schließlich beitritt. Sein Gestus hat sich indes ebenfalls nur marginal verändert. Der Sänger streckt sich nicht, er fällt nicht aus seiner Rolle, er verliert nie die Contenence- schließlich ist er Gentleman. Ferry erzählt besonnen und zugleich fesselnd, wobei er sich nicht für impulsive Höhen erwärmen kann, sondern diese durchweg durch stimmgewaltige Backround-Sängerinnen abdecken lässt. Trotz all dem, oder vielleicht gerade deswegen gewinnt seine Stimme an Charakter.

„Oh I love to travel would you come with me?“ („You Can Dance“)

Es ist möglich, sich gänzlich in „Olympia“ zu verlieren. Gerade das hypnotische „You Can Dance“, in dessen Video Ferry mit geschlossenen Augen singt, vermag es den Hörer zu vereinahmen. Das folgende „Alphaville“ setzt diese Strömung nahtlos fort. „Me Oh My“ beginnt mit behutsamer Piano-Einleitung, während „Shameless“ durch treibende Rhythmik nach vorne drängt. „Life is tough no matter how I try.“ („Me Oh My“)

Mit „Olympia“ ist Bryan Ferry ein durchweg konzeptioneller Langspieler gelungen, der eindrucksvoll Zeugnis darüber ablegt, dass der studierte Kunst-Lehrer nichts von seiner musikalischen Geschmeidigkeit und Klasse eingebüßt hat. Zuvorkommend führt Ferry durch eine psychedelische Musiklandschaft, in der er nie überheblich wirkt, sondern eher zu verstehen scheint, dass auch seine Stimme Alterrungsprozessen ausgesetzt ist, denen er nicht immun gegenübersteht. Das ausufernde „Tender Is The Night“ führt schlussendlich vorsichtig in Richtung Ausgang. Definitiv ist Ferry nach wie vor einer der ästhetischsten Künstler in der Musikszene.

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„Olympia“ erscheint am 22. Okt. 2010 via Virgin.

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