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ClickClickDecker // 29.10.09 // Engelsburg, Erfurt

ClickClickDecker in ErfurtEs gibt Abende, die schmecken nach Abschied. ClickClickDecker sind seit langer Zeit unterwegs, über 50 Konzerte sind es mittlerweile im laufenden Kalenderjahr. Einzig und allein merkt man nichts davon, ist das drittletzte Konzert in der Erfurter Engelsburg doch voll von ungebremster Spielfreude und Lust am puren Musikerdasein. Wieder mal ein Seelenabend – vor historischer Kulisse.PetulaEs geht in den Keller! Die Engelsburg ist ein studentisches Kulturzentrum in der Erfurter Altstadt, das bereits seit 1125 urkundliche Erwähnung findet. Sogar Martin Luther soll sich 1537 zur Behandlung in das früher als Hospital genutzte Gebäude begeben haben. Fast 500 Jahre später werden hier zwar keine Krankheiten mehr geheilt, doch ClickClickDecker sind heute Abend angereist, um wenigstens ein paar kranke Herzen mit musikalischem Balsam zu streicheln.

Die Vorband besteht an diesem Abend aus einem jungen Herrn namens Petula aus Berlin, der allein mit seiner Stimme, seiner Gitare und seinem Loop-Gerät versucht ist, komplexe Songs entstehen, wachsen und wieder zusammenbrechen zu lassen. Zum Running-Gag entwickelt sich seine Konversation mit dem Publikum, dem er teils etwas verzweifelt seine Diskette anzupreisen versucht. Später entdecken wir am Merchstand aber tatsächlich eine Floppydisk der alten Schule von Petula. Darauf enthalten: ein Song und Downloadlink zu zwei Weiteren. Tolle Idee und tollkühne Musik, in die sich später auch noch ein Mini-Piano und ein Xylophon einschleichen. Eine perfekte Einstimmung auf das, was uns danach erwarten soll.

Nach kurzer Umbaupause „erklimmen“ dann ClickClickDecker die 50cm-Bühne der Engelsburg. Für eine spezielle Atmosphäre sorgt zudem ein mittelalterlich-pittoresker Pfeiler, der die Bühne in zwei Teile spaltet. So kann man von keinem Teil des Kellers aus alle vier Bandmitglieder gleichzeitig sehen.

ClickClickDecker in Erfurt„Kümmern uns durch die Jahre“, „Weil Sie uns siezen“, „An Stadt Von“, allein diese Songtitel des aktuellen Longplayers „Den Umständen entsprechend“ verdeutlichen die zarte Poesie und Wahrhaftigkeit, die sich in den Texten von Kevin Hamann alias ClickClickDecker immer wieder herauskristallisiert. So gibt die Band fast das komplette Album zum Besten, aber auch alte Favoriten wie „Der ganze halbe Liter“ oder „Der Rhythmus, Deine Eier“ kommen nicht zu kurz und werden von den Zuhörern gefeiert. Langsam wird es wärmer,und die steinernen Wände des Kellers feucht vom kondensierten Atem der Anwesenden. Doch ist die Hitze auch eine schöne Metapher für die Intimität und Warmherzigkeit des Abends.

Das liegt vor allem an der Band selbst, die mit unbändiger Spielfreude und Spaß an der Sache zu Werke geht. Immer wieder gehen verschmitzte Blicke vom einen zum anderen, es wird gescherzt, gelacht und getrunken. Man hat das Gefühl, als sei zusammengewachsen, was zusammen gehört. Erstaunlich, denn Gitarrist Oliver Stangl ist erst seit knapp zwei Monaten Teil der Band.

ClickClickDeckerZu einem weiteren Höhepunkt entwickelt sich ein enthusiastischer Fan in der ersten Reihe, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, bei den ruhigen Songs gegen Ende des Konzertes mit den Fingern mitzuschnippen, und damit Kevin Hamann ziemlich aus dem Konzept bringt. So entwickelt sich ein Duett voller Herzblut, das am Ende mit einem kühlen Bier begossen wird.

Ansagen sind ohnehin nicht die großen Stärken der Vier auf der Bühne, so reiht sich Song an Song und man beginnt zu begreifen, dass das Repertoire der Hamburger mittlerweile beträchtlich angewachsen ist. Wer tanzen will tanzt, wer herumstehen will steht herum, aber irgendwie scheint es, als ob alle das Konzert auf ihre Weise geniessen.

Nach einer ausgedehnten Zugabe ist kurz nach Mitternacht Schluss. Noch zwei Konzerte erwarten die Band, dann ist vorerst Sendepause. Wenn man sich aber die Begeisterung der vier Musiker an ihrem Schaffen vor Augen führt, darf man sich wohl sicher sein, dass alsbald wieder neues Songmaterial aus dem Universum von ClickClickDecker und den unzähligen Nebenprojekten die Keller der Hamburger Proberäume und Studios verlassen wird.

One comment

  1. Epi says:

    „Erstaunlich, denn Gitarrist Oliver Stangl ist erst seit knapp zwei Monaten Teil der Band.“ Wie kommst du denn auf den Schwachsinn? ;) Seit drei Jahren, nicht erst seit zwei Monate!

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