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ClickClickDecker – Nichts für Ungut

Es gibt Dinge, die macht man nicht und macht sie dann trotzdem. Verstehen Sie, was ich meine? Man läuft durch den Supermarkt, sieht die Lieblingschips und sagt sich, man solle das jetzt wirklich besser lassen, schon wegen des bekannten Suchtpotentials. Dann steht man in der Schlange der Kasse, begrüßt den Antagonisten des erstgenanten Gedanken, der einem eindringlich sagt, man solle sich aber wirklich mal etwas gönnen – das habe man sich doch verdient! – und rennt letzten Endes doch noch zurück. Beim Essen weiß man dann aber doch nicht so recht, ob man das jetzt genießen kann oder nicht. Eine ähnliche Wirkung hat auch das am 25. September erscheinende, zweite ClickClickDecker-Album.

Denn in dem Moment, in dem man, die CD in der Hand haltend, vor der Anlage steht, weiß man ganz genau, dass das die Stimmung wirklich nur intensivieren wird. Die Melancholie wird sich bestimmt verfestigen, die Katerkopfschmerzen werden zweifelsfrei schlimmer und danach hat man doch ganz bestimmt keine Lust mehr, mit der S-Bahn zur Freundin zu fahren, um den während der letzten Tage entstandenen Beziehungskonflikt zu besprechen. Doch man entscheidet sich trotzdem für das Einlegen der CD und ab dem Moment des Erklingen des Gesangs erkennt man den kleinen aber feinen Unterschied zu der besagten Chips-Supermarkt-Situation: Während des Hörens sind all die vorherigen Zweifel wie weggeblasen, man taucht ein und fühlt sich irgendwie aufgehoben, weil es da anscheinend doch jemanden gibt, der einen verstehen könnte.

„Wer hat mir auf die Schuhe gekotzt“ beschreibt ein Gefühl, das nicht nur den Hamburger Astratrinkern bekannt vorkommen wird. Der Abend in der Indiedisco, das Bier schon in größeren Mengen aufgenommen und genervt von den „Szenetypen“ in Sonnenbrille und Lederjacke, die ja bekanntermaßen immer wissen, was Sache ist. Irgendwann am frühen Morgen – denn man bleibt ja trotz der störenden Faktoren immer, nur, um nicht nach Hause zu müssen – dann die Entscheidung, das Taxi zu nehmen. Das Ziel: die Wohnung im Irgendwo, die also das Zuhause sein soll und das Wissen, dass man ganz sicher keine Lust auf den nächsten Tag hat. „Fahr‘ mich einfach nach Hause, lass mal gut sein mit dem Wechselgeld“.

ClickClickDecker heißt eigentlich Kevin Hamann. Das klingt so nach „Boy next door“ wie seine Musik wirkt. Denn während die Töne der Gitarrensaiten, die zwischen Elektrogefrickel und Folkeinflüssen immer noch das Zentrum seiner Musik sind, erklingen, kommt es einem immer wieder so vor, als säße er im gleichen Zimmer. Vielleicht auch nur, weil man sich das in manchen Momenten so sehr wünscht, um nichts alleine ertragen zu müssen. Denn Kevin Hamann schafft es gut, besonders die Wichtigkeiten des Lebens in Worte zu fassen, die die Produktion der Glückshormone nur bedingt unterstützen.

Ein Merkmal, welches sich auch in „Der ganze halbe Liter“ zeigt. Es geht um das „Du und ich“, das „Wir“, das es zumindest sein sollte, wenngleich es nicht so funktioniert, wie man es sich wünscht. „Das Jahr ist längst vorüber und es hat wieder nicht geklappt – Es ist wie die U-Bahn, die nicht kommt, oder der Mut, den man nicht hat“. Worte, die das, was uns in den Köpfen umherfliegt, besser beschreiben als alles andere. ClickClickDecker ist traurig. ClickClickDecker ist melancholisch. Aber vor allem ist ClickClickDecker die pure Wahrheit.

Am 25. September soll es also im Plattenladen um die Ecke im Regal stehen, das zweite Album des Hamburger Herren, das einen ohne Widerspruch auf seinen Wegen begleitet und dabei nur eine einzige Bedingung stellt: Es will, dass man genau zuhört, denn wer Musik braucht, die während des Putzens nebenher laufen soll, wird mit „Nichts für Ungut“ nur wenig anfangen können. Doch für diejenigen, die zurzeit jeden Morgen direkt nach dem Aufstehen zum Fenster eilen, um sich zu vergewissern, dass der Himmel immer noch unbedeckt und völlig blau ist, weil das zeigt, dass die Herbstmelancholie einen noch eine Weile verschont, sollte der Kauf dieses Langspielers eine Selbstverständlichkeit sein. Denn der Herbst wird kommen und er wird einen noch kälteren Winter hinter sich herziehen. Ob man es dann will, oder auch nicht.

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