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Coldplay – Viva La Vida or: Death and all his Friends

Es gibt nicht wenige Menschen, die behaupten, Coldplay hätten nur zwei Lieder, ein schnelles und ein langsames. Dass dies nicht stimmt, wird schnell klar, wenn man sich mal durch die B-Seiten der Band hört. Aber die drei Alben „Parachutes“, „A Rush of Blood to the Head“ und „X&Y“ stehen in ihrer Gesamtheit nicht unbedingt für Innovation und Variation. Das neue Album „Viva La Vida or: Death and all his Friends“ wurde als großer Schritt, die Revolution in Sachen Coldplay, angekündigt und natürlich wurde dies von vielen Seiten angezweifelt.

„Dieses Album wurde von dem Wunsch angetrieben, von Schwarzweiß ins Farbspektrum zu wechseln. Man kann auch sagen, dass wir ganz bewusst allen Wildwuchs zuließen, der einen Garten erst zu einem Organismus macht.“ – Chris Martin

Zu Beginn gibt es mit „Life in Technicolor“ ein kleines Instrumentalstück, in dessen Titel eben jener Farbenreichtum angesprochen wird. Und er steht wirklich für dieses Album. Denn es ist hebt sich in der Tat sehr von seinen Vorgängern ab. Es ist so facettenreich, so voll mit Tönen und Tonfolgen, die entdeckt werden wollen, wie man dies Coldplay vielleicht gar nicht (mehr) zugetraut hätte. Die bandüblichen Songstrukturen wurden gesprengt, man hat endlich Mut für etwas Neues gezeigt. Das Spektrum an Einflüssen reicht von Weltmusik über Radiohead oder Jay-Z bis zu My Bloody Valentine und Rammstein. All dies wurde in 10 Songs (eigentlich 13, mit Hidden Track und den beiden Doppel-Songs) verarbeitet, die sehr unterschiedlich sind, trotzdem zusammen passen und ein großes Ganzes ergeben. Und bei aller Innovation dennoch nach Coldplay klingen.

Man möchte gar nicht viel über die Musik schreiben, weil man genau weiß, dass man diese Vielfalt nie mit Worten erfassen kann. Man muss dies erleben, mit den Ohren. In ihrer Gesamtheit. Selbst der Gesang von Chris Martin geht über das bisher Gekannte hinaus. Vom Tenor bis hin zum schwebenden Falsett reicht die Bandbreite. Daneben wurden sehr viele Samples verwendet. So wabbert der Sound mal vor sich hin, „Cemeteries of London“ vereint wiederum das Düstere und das Hymnenhafte. Dann der Umbruch in „42“, der so perfekt positioniert ist. Bemerkenswert ist aber vor allem „Viva La Vida“ mit dem Einsatz von Streichern, die aber statt kitschig zu wirken, Druck und Dynamik erzeugen. Oder das überraschende „Strawberry Swing“ mit seiner Leichtfüßigkeit und wunderbaren Frische.

Diese Entwicklung Coldplays ist hauptsächlich zwei Gründen zu verdanken. Erstens den beiden Produzenten des Albums. Brian Eno eröffnete der Band ganz neue Ebenen, er trieb sie voran, befreite sie von den selbst auferlegten Fesseln. Er gab ihnen den Mut für Neues und stattete sie mit dem nötigen Selbstvertrauen aus. Und befreite sie von dem Erwartungsdruck, so dass eben nicht wieder das Debüt mehr oder weniger kopiert wurde. Markus Dravs (Arcade Fire) dagegen war für die Disziplin zuständig. „Er hat uns wie Hunde getrieben“, sagt Gitarrist Jonny Buckland. Ergebnis dessen war aber auch, dass man sich als Musiker weiterentwickeln konnte. Und so wurden das Album zum größten Teil live eingespielt, ein Novum in der Bandgeschichte.
Zweiter Grund ist The Bakery, das neue Hauptquartier der Band in London. In der ehemaligen Bäckerei wurde u.a. ein Studio eingerichtet, so dass man hier in aller Ruhe und ohne den üblichen Druck bei Studiosessions in der Musik arbeiten konnte.

Man muss es neidlos anerkennen, Coldplay haben es geschafft, über ihren eigenen Schatten zu springen. Endlich. Denn auch innerhalb der Band war man sich der Diskrepanz zwischen dem bisher Geschaffenem und dem damit erzielten Erfolg durchaus bewusst. Aber mit „Viva La Vida“ hat man das Album des Jahres 2008 erschaffen. Zumindest was die Verkaufszahlen betrifft. Aber, und das ist eben das Neue, auch musikalisch wird man dieser Tatsache endlich vollauf gerecht.


VÖ: 13.06.08

2 comments

  1. Alex says:

    schön beschrieben!

    auch wenn ich doch zu denen gehöre,
    die coldplay seit dem ersten album wirklich verehren (x&y dagegen nur bedingt gut fanden),
    muss auch ich sagen, dass es sich in richtung „bestes band-album“ entwickelt. toll das. sehr vielfältig und experimentierfreudig. : )

  2. Janina says:

    also, ich liebe coldplay auch schon seit dem allerersten album, so wie meine brüder, meine mutter und mein schatz auch! ich muss aber auch sagen, dass mich das neue album mit den geilen bässen sehr überzeugt. sehr geil, macht sehr viel spaß es zu hören!!!

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