Das diesjährige Reeperbahn Festival stand für mich in diesem Jahr ganz in dem Namen der Musiklabels Audiolith Records und Grand Hotel van Cleef. Seit Jahren gehören diese beiden Hamburger Labels fest zu den Ensemble des Festivals und stellen so gut wie jedes Jahr einige ihrer Bands zur Verfügung. So hat Grand Hotel van Cleef dieses Jahr nicht nur ein Fußballspiel organisiert, sondern hat der bald pausierenden Band Kettcar noch ein Konzert spielen lassen. Audiolith hat auf dem Reeperbahn Festival ihren 10 jährigen Geburtstag zelebriert und zu verschiedenen Veranstaltungen eingeladen. Ich habe mich über die vier Tage Festival treiben lassen und bin den Labels auf Schritt und Tritt gefolgt mit einigen kleinen Ausnahmen.
Das diesjährige Reeperbahn Festival wurde erstmalig um ein Tag verlängert und hat erste Programmpunkte am Mittwoch den 25. September angesetzt, und damit ging das Festival bis einschließlich Samstag den 28. September. Aufgrund dieser Tatsache begab ich mich auch schon am Mittwoch nach Hamburg. Abends angekommen musste erstmal eingecheckt werden, leider musste sich der September an diesem Abend mit seiner fiesen Fratze zeigen. Es goss in Strömen und die kurzen Minuten, die ich vorm Checkin stand, war ich leider schon klitschnass. Meine Abendplanung hatte sich dadurch erstmal erledigt. Eigentlich wollte ich den ganzen Abend im Molotow gastieren und mir die Bands angucken, auch wenn mir viele noch unbekannt waren. Die drei lieben Männer von Fuck Art Let´s Dance hatte ich versprochen mir ihr Konzert anzugucken, also fuhr ich erstmal mich umziehen, und dann wieder zurück zur Reeperbahn. Das hat natürlich seine Stunden gekostet, aber glücklich und trocken konnte mein Abend im Molotow doch noch mit einem schönen Konzert von Fuck Art Let´s Dance beginnen. Der erste Abend klang dann ganz leicht mit Kontakten knüpfen aus und mit dem schönen Diskussionsthema Musik.
Den Donnerstag habe ich dann um 16.00 Uhr in der Punkrockkneipe Skorbut gestartet, denn Audiolith hat zu deinem kleinen Umtrunk zu ihrem Geburtstag eingeladen. Zu den Gästen gehörten viele Musiker und Mitarbeiter des Labels und viele befreundete Musiker, Labels und Promoter kamen noch dazu. Denn Lars Lewrenz und Arthur Schock laden nur alle 10 Jahre zu Freibier, Pfeffi und Mexikaner ein. So eine Veranstaltung ist nur bei eine Label wie Audiolith möglich, nur diese Verrückten kommen auf die Idee am Späten Nachmittag schon Kurze zu trinken, aber nicht nachdenken und mitmachen Hilft. Direkt im Anschluss, nach so einigen Getränken, kam dann das erste mal das Problem, was schaue ich mir an. Endweder schaut man sich die wunderbar und witzige Türsteherlesung an, oder man geht zu Johnny Schulz und hört sich Geschichten aus seinem neuen Buch „Kein Zutritt für Hinterwäldler“ an. Da ich bereits oft auf den Türsteherlesungen war und das Buch von Johnny Schulz noch nicht erschienen ist, habe ich mich für letzteren entschieden.
Mit der lieben Redakteurin Chrissie (die jetzt auch bei Audiolith für Promotion zuständig ist) und einer guten Freundin von ihr, ging es in fröhlicher und angeheiterten Stimmung Richtung Millerntor, denn dort sollte die Lesung stattfinden. Angekommen nahm man die Plätze an der Bar ein und hörte sich gespannt und mit einem Grinsen im Gesicht die lustigen Einblicke in die Geschichte der Butch Meier-Band an. Was kann passieren wenn vier Punker von ihrer eigenen Szene gelangweilt sind und neues erleben wollen: Es wird eine Country Band gegründet und musikalisch ganz neue Wege bestritten. Wahnsinnige Einblicke gibt Johnny Schultz in die Geschichte einer einzigartigen Band und ihrem Tourleben.
Für mich ging es nach der Vorlesung wieder direkt auf den Spielbudenplatz, wo ich mich ein bisschen treiben lies, bevor ich zum James Blunt Konzert sollte. Für mich war es ein einzigartiges Konzert, denn einerseits wollte ich James Blunt schon seit Jahren einmal live erleben. Und das Konzert im Schmidts Tivoli war hierfür ein ganz besonderes, da normaler weise ein Künstler in der Größenordnung wie er es ist, in der O2 World spielt, war es damit ein kleines und sehr familiäres Konzert. James Blunt hat hierbei seinem Ruf aller Ehre gemacht und eine wirklich gute Show abgeliefert und gezeigt, dass er zu den Musiker gehört die Live wirklich gut spielen können.
Der Freitag Nachmittag wurde mit dem Konsumwunsch angefangen, denn Audiolith und Grand Hotel van Cleef luden zum Garagen Sale ein. Das heißt, dass viele Raritäten und individuelle Fehldrucke an Merchandising vor dem Knust verkauft wurden. Gleichzeitig fand auf dem Trainingsplatz das legendäre Fußballmatch zwischen den Musikern von GHvC gegen The young Rebell Set. Wer genau gewonnen hat, kann ich leider nicht mehr erzählen, da Fußball noch nie Eins meiner großen Interessen war, ich aber unbedingt mal schauen wollte, ob die Musiker auch Sport machen können. Große Enttäuschung an dem Fußballspiel war für mich, dass Thees Uhlmann zwar aufgetaucht ist, dass aber ziemlich spät und dafür nicht gespielt hat, oder vielleicht nur kurz. Wenn Thees das hier liest, soll er wissen, wer über St. Pauli sinkt, sollte das nächste mal spielen. (Soll natürlich nicht fies klingen, ist eine Aufforderung zum nächsten Rückspiel!)
Ab 18 Uhr war dann am Millerntor die „Audiolith Block Party“. Eine sehr einzigartige Veranstaltung, denn verschiedene Rap Acts von und um Audiolith, spielten Hip Hop auf ihre Weise und in eine andere Richtung als sich zurzeit der Mainstream Hip Hop bewegt. Neonschwarz ein Hip Hop Trio aus Captain Gips, Marie Curry und Johnny Mauser spielten kritische Songs, sowie Liebeserklärungen an das freie Leben. Sookee eine befreundete Raperin, spielte ihre gesellschaftskritischen Songs und das Trouble Orchester mischte Hip Hop mit dem Sound einer Band. Der schönste Auftritt von Vier insgesamt, war der von Captain Gips, der uns ein paar unveröffentlichte Lieder zum Genuss gab.
Danach am späten Abend folgte dann ein herzlichst erwartetes Konzert. Erstmals spielt die Band Kettcar auf dem Reeperbahn Festival und nach diesem Konzert, gab es nur noch ein Konzert in Berlin und danach wird es still um die Band, denn sie machen eine unbestimmt lange Pause. Gute Nachrichten um Kettcar ist dafür das Sänger Marcus Wiebusch derzeit an seinem ersten Soloalbum arbeitet. Somit gab es beim Reeperbahn Festival erstmal eine der letzten Gelegenheiten alle Kettcar-Hits zu hören, von den Hamburg-Hymnen „Landungsbrücken raus“ über „Balu“ der Tanzbär und „Graceland“. Kettcar hat wie immer und wie erwartet eine wunderbare und herzzerreißende Show hingelegt.
Samstag, der vierte und letzte Tage des Reeperbahn Festivals sollte also schon angebrochen sein, und die böse Bande um Audiolith hatte mir schon wieder einen Kater verabreicht. Die gute und gleichzeitig schlechte Nachricht nach dem ersten großen Schluck Wasser am Mittag war, ich sollte direkt schon wieder zum Audiolith Konzert. Gleich mehrere Bands von Audiolith, sollten kleine Shows in der Molotow-Bar spielen. (Captain Capa, Findus, Feine Sahne Fischfilet). Das ganze fand am frühen Nachmittag statt, und somit war die Stimmung vor dem Molotow noch sehr ruhig. Da in die Bar nur so ca. 50-80 Zuschauer passten, ging die Audiolithgang nicht mit in die Bar und saß vor der Bar, vor der auch Boxen aufgebaut waren. Mit ca. 20 Leuten saßen wir nun in familiärer Runde auf den Bänken. Ich war knapp angekommen und sagte Nein zum fast morgendlichen Bier, so kam von einem Mitarbeiter von Audiolith der dezente Einwand, ich wäre ja noch viel jünger als er selbst, also müsste ich das ja abkönnen. Danach wurde ich von der Bank geschubst und mir direkt das Bier eingeflößt. Somit „genoss“ ich um 14 Uhr mein erstes Bier des Tages und war dazu noch klitschnass. Die Festivallaune war damit direkt wieder angeheizt, denn passend zu diesem schönen kaputten Moment, kam aus den Boxen „We are wastedt in Jarmen, wastedt im Jarmen. Ich habe mich noch nie so, scheiße benommen“. Maurer-Sven der darüber sichtlich erfreut hat, nahm mich danach entschuldigend in dem Arm und wir stoßen miteinander an.
Dieser Nachmittag sollte ein Schlüsselmoment des Festivals gewesen sein, denn er konnte widerspiegeln wie gesellig dieses Festival nun mal ist. Stundenlang saßen wir in dieser netten Runde draußen und vergaßen die Zeit. Als die Runde sich langsam aufgelöst hatte, unterhielt ich mich noch eine weile mit Norman alias Der Tante Renate, über die neusten Captain Capa Platten, das Raketenkind Album und Testsieger, für die Norman das Mastering übernommen hat.
Den Abend sollte man nach den netten Gesprächen des Tages durch Feine Sahne Fischfilet ausklingen lassen. Sehr oft habe ich dieses Jahr diese Band sehen dürfen, und auch dieses mal wurde mal wieder eine Show hingelegt, die jeden einzelnen Fan nur gefallen konnte. Wie immer unkonform der Gesellschaft gegenüber, wild und aggressiv spielten die Musiker ihre Songs. Doch auch ihre nachdenklicheren Lieder spielten sie.
Nach dem Konzert war der Abend doch noch nicht zu Ende. Auf dem Weg zur U-Bahn traf ich noch Nico, den Sänger von Fuck art let´s Dance. Mit ihm und ein paar seiner Freunde ging es auf die Reeperbahn Festival Aftershowparty für Musiker und Presseleute. Es war eine kleine Disco mit Freigetränken und ausgelassener Stimmung, aber auch mit dem Gefühl, dass die Festivalssaison jetzt wirklich vorbei ist.