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Far – At Night We Live

Revivals? Gähn.
Revival Far? Könnte spannend sein!
Ist es aber nur bedingt. Zweierlei Dinge seien hierzu vermutet. Erstens und irgendwie logisch: Das was in den 90ern funktioniert hat und als bahnbrechend galt, könnte heute unter Umständen etwas antiquiert rüberkommen. Zweitens: Es gibt aber auch Dinge, die werden immer funktionieren.Zum Beispiel Charisma und eine eindrucksvolle Stimme.

Zugegeben: Er sieht immer etwas geknickt aus, dieser Jonah Matranga. Er ist die Art Mensch, der optisch aussieht wie eine Mischung aus getretener Hund plus ordentlich im Regen stehen gelassen. Aber vielleicht ist das auch Teil des Tricks. Denn wenn dieser Jonah Matranga zum Mikrofon greift und mit seiner enorm hohen und hellen Stimme auf Hochtouren kommt, dann wundert man sich schon, wie einnehmend das ist.
Das neue Far Album erinnert an diesem Punkt an die Deftones, die vor kurzen ihr neues Album Diamond Eyes herausgebracht haben. Irgendwie ist nicht jeder Song wirklich packend, aber da ist immer dieser Sänger der sie veredelt. Und dieser merkwürdige Kauz Matranga kann das. Er hat es oft genug bewiesen (Onlinedrawing, New End Original) und setzt es auf At night we live fort. Vom ersten Song an hat er einen genau dort wo er seine Hörer haben will: Elektrisiert und in freudiger Erwartung verharrend. Der Opener When i could see verspricht vielleicht ein bisschen zu viel. Aber Far sind klug bei der Zusammenstellung ihres Album vorgegangen.
Drehen wir die Uhren kurz zurück: Zenit-technisch war mit Fars Water&Solutions (1998, produziert von Dave Sardy) fast alles gesagt. Das schien sich auch die Band selbst gedacht zu haben, denn sie lösten sich ein Jahr später auf. Vor allem habe die Trennung auf dem immer unüberwindbareren Graben zwischen Jonah Matranga und Gitarrist Shaun Lopez basiert.
Was damals nicht lange währte und am Ende auch nicht gut wurde, bekommt heute eine neue Chance. Im positiven Licht betrachtet könnte man den Antagonismus der beiden Kreativpole der Band als sehr förderlich betrachten. Es ist eben alles immer eine Frage der Auslegung…
At night we live setzt den Far-Siegeszug nun weiter fort. Es ist ein positives Album voller Melodien, Krach und eben diesen Jonah Matranga der aus manchen Passagen mehr macht als andere, weil seine Stimme so unberechenbar zwischen samtweich und spröder Aggressivität pendelt und dann meist noch eine Ohrwurmmelodie obendrauf setzt. Früher war seine Stimme oftmals in Gitarrenwände wie in Deafening gebettet, was den Effekt noch verstärke und Water&Solutions zu einem Referenzwerk machte. Damals fiel es noch schwer eine Kategorie für Far zu finden. Weder Emo-Core noch Alternative oder gar Post-Rock passten wirklich auf dieses kraftvolle Gemisch. Unter den Zeichen der heutigen Zeit jedoch sind sie vor allem im Alternative-Bereich einzuordnen und man hört ihnen an, aus welcher Zeit sie kommen. Songs wie Burn, Are you sure, oder Give me a reason sind schlicht und ergreifend ganz nett. Handzahm. Und irgendwie zu glatt.
Aber das Gute ist: At night we live hat mehr Stärken als Schwächen, weil die Songreihenfolge viel rettet und das Ende des Albums Water&Solutions huldigt und knallt wie blöd. Und wenn Matrangas Stimme diesen Sprung von schüchternem Wispern zu kraftvollen Melodien wagt, ist auch die alte Magie zurück. Schön das sie zurück sind. Mit einem der besseren Revivals der letzten Zeit.

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