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I Heart Sharks – Anthems

23074116Dies ist keine Review zu „Anthems“, dem neuen Album von I Heart Sharks. Dafür kann ich nicht objektiv genug sein. Dies ist ein offener Brief an Pierre, Simon und Martin. Anders geht es einfach nicht.

 

Liebe I Heart Sharks, lieber Pierre, lieber Simon, lieber Martin, ich muss mit euch reden.

Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich zu „Anthems“ stehe. Sehr lange, immerhin erschien euer neues Album bereits am 28. März 2014 (via Universal Music/Island Records) und erst jetzt habe ich die Worte gefunden. Aber ich brauchte einfach meine Zeit, um diesen Brief an euch zu schreiben, der, wenn ihr ihn jemals lesen würdet, sicher nicht gefallen würde.

Das erste Mal sah ich euch auf einem Pop10-Konzert im Blauen Bock, Magdeburg. Es war 2010, durch den unnützen Plattenbau schoss blaues Licht, Maurica Gajda moderierte euch an, durch den im Raum umher wabernden Rauch erkannte man nach ihm auf der Bühne einen kleinen auf sein Keyboard einhämmernden, einen riesigen mit seiner Gitarre tanzenden und einen wahrscheinlich normal gewachsenen Typen, der um sein Leben zu trommeln schien. Es wummerte, flackerte, knarzte und knackste, und das war nur das Intro. Danach folgte „Monogamy„, ich weiß es noch als wäre es erst gestern gewesen. „Make it stop, make it stop“, sang der kleine Brite, mit deiner wirklich einzigartigen Stimme und ich dachte, „nein, nein, bloß nicht“. Dann sang er „We’re getting married today“ und ich war wieder ganz bei ihm. Es war der Moment, in dem ich euch verfiel (Simon etwas mehr als Pierre, das kann ich ja an dieser Stelle mal loswerden). Ich hörte wochenlang nichts anderes, als „Wolves. I let my body go, ihr wisst was ich meine.

Vier Jahre ist all das her, und wir haben uns alle verändert. Damals trugt ihr noch eure eigenen Klamotten (Simon beispielsweise ein schwarzes Shovelhead-Shirt) und hattet zerzaustes (unterschiedlich geschnittenes) Haar. Sagen wir, ihr habt euch verändert.

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Versteht mich nicht falsch, ich bin für Veränderung, vor allem, wenn es um musikalische Weiterentwicklungen geht. Niemand will voller Erwartung das neue Album einer Band kaufen, und feststellen, dass es sich genauso anhört, wie das davor, das davor und das davor (Chris Martin, du kannst dich ruhig angesprochen fühlen). Aber was euch angeht, war ich glücklich damit. Ich war glücklich, als 2011 endlich „Summer erschien und sich die teilweise noch rohen, kratzigen Tracks der Wolves-EP in ausgefeilte, feinstimmigere Stücke verwandelt hatten, in der ich aber die gleiche dreckige, wilde Leidenschaft wiederentdeckte. Darauf hin sah ich euch .. sagen wir, einige Male.

Das letzte Mal auf dem Feel Festival, auf dem ihr „Anthems“ bereits ankündigtet und zusammen mit einer Backgroundsängerin und einem zusätzlichem Gitarristen einige neue Songs anspieltet. Es war wie immer ein Fest, doch schon damals dachte ich mir, weniger ist mehr. I Heart Sharks sind für mich die in Jeans gekleideten, weiß beschuhten Pierre, Simon und Martin, eine Stimme, eine Gitarre, ein Schlagzeuger (ein paar Synthesizer) – nicht weniger, bitte aber auch nicht mehr. Als ich das dachte, hatte ich ja keine Ahnung.

 

Denn dann hörte ich Anthems das erste Mal hörte, und musste mich wirklich mehrmals vergewissern, dass ich eine I Heart Sharks-Platte aufgelegt, nicht aber das Radio angemacht hatte. Erst nach dem fünften Mal hören erkannte ich „To Be Young“ oder „Headlines“ als die Songs wieder, die ich auf dem Feel Festival schon in mein Herz schließen wollte. Ich erkannte sie am Songtext wieder, als ich mich mit geschlossenen Augen darauf konzentrierte, alles wegzudenken, was in der Postproduktion der Platte beim Knöpfchen drehen und Regler schieben ganz offensichtlich dazu gekommen war.

Es gibt keine stürmischen Gitarrenspielerein, keine hochsynthetischen Keyboardeinsätze, und am schlimmsten keine eckige, britische Stimme mehr. All das musste französischen Frauen- oder fremden Männerstimmen, wiederhallenden Hooks, sich in die höhsten Höhen steigernde Gitarrenriffs und allerlei anderen super-poppigen Hintergrundexplosionen der 80er Jahre weichen. Wahrscheinlich weil Hurts-Produzent Joseph Cross, Universal und Radioformate das gerne so mögen. Reykjavik (Stay Here) oder „Us“ dürften deshalb ihre Lieblinsgtracks sein. Aber mögt ihr das selbst?

Ich mag es nicht. Ich mag „To Be Young“, die erste Single (VÖ: 14.03.2014), vor allem in der akustischen Version, denn darin höre ich alles, was mein Herz begehrt: edgy Gitarrenriffs, pointierte Drums, British-poshen Gesang. All das, was in auf das Radio zugeschnittenen Überproduktionen à la Universal verloren geht.


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Aber nach all dem muss ich euch und mir trotzdem einiges eingestehen.

Ihr seid ursympathische (und unglaublich gutaussehende) Typen, die musikalisch (oder modisch) gern experimentieren, nicht auf der Stelle stehen, sich weiterentwickeln und damit erfolgreich sein wollen. Das ist etwas, das man nicht gegen euch verwenden sollte. Ihr seid außerdem live herausragend, weil sich all die Euphorie, Ekstase und Leidenschaft, die I Heart Sharks ausmacht, auf der Bühne entladen und aus noch so starren, tristen Gestalten tanzwütige Teenager machen. Das ist etwas, dass man nicht gegen euch verwenden kann.

Am allerwenigsten ich, denn nach dem sechsten, siebenten, dutzendstem Hören von „Anthems“ – weil ich euch nicht aufgeben kannkann ich doch einigen Songs mehr abgewinnen, als ich es eigentlich zugeben will. Naja, und live bin ich sowieso dabei.

  • 25.04.2014 KÖLN, Club Bahnhof Ehrenfeld
  • 29.04.2014 BERLIN, BI NUU (ehem. Kato)
  • 30.04.2014 DRESDEN, beatpol (ehem. Starclub)
  • 02.05.2014 LEIPZIG, Täubchenthal
  • 03.05.2014 MÜNCHEN, STROM
  • 07.05.2014 NÜRNBERG, MUZclub
  • 08.05.2014 WIEN, B 72
  • 10.05.2014 FRANKFURT / MAIN, Nachtleben

Wir sehen uns also im Täubchental, darauf sei Verlass. Bis dahin verbleibe ich mit den liebsten Grüßen, und in der Hoffnung, dass wenigstens live alles beim Alten bleibt.

Yours truly,
Anna.


VÖ: „Anthems“ erschien am 28.03.2014 via Universal (Island Records).

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