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Im Gespräch mit Rasmus Kellermann von TGR LOU

16_1200.jpgRasmus Kellermann alias TGR LOU ist Schwede, 28 Jahre alt, verheiratet und hat bereits im jungen Jahren damit angefangen, Musik zu machen. Am 24. Oktober, nach fast zwei Jahren Pause und nahezu 300 Konzerten ist er zurück, mit einem neuen Album im Gepäck. A Partial Print wird es heißen und was er dazu und zu anderen Dingen zu sagen hat, könnt ihr jetzt lesen.

Rasmus, dein letztes Album „The Loyal“ wurde 2005 veröffentlicht. Mittlerweile sind gute drei Jahre vergangen. Warum hat es so lange gedauert bis zum neuen Album?
Das hat hauptsächlich damit zu tun, dass ich mich nicht damit unter Druck setzen wollte, unbedingt ein neues Album rauszubringen, weil ich die Songs für die ersten beiden Alben sehr schnell geschrieben und aufgenommen habe. Einige der Songs auf den ersten Alben wurden sogar erst während der Aufnahme geschrieben. Dieses Mal wollte ich die Songs über eine lange Zeit schreiben, um die Möglichkeit zu haben, die Songs einige Mal zu überarbeiten und umzuschreiben und für jeden einzelnen Song alle Optionen abzuwiegen. So dauerte es ungefähr ein Jahr um die Songs zu schreiben und Demos dafür aufzunehmen und als wir dann anfingen, sie im Studio aufzunehmen, dauerte es noch eine lange Zeit, denn der Produzent Rolf Klinth arbeitet hauptberuflich als Lehrer und hatte somit nur 2 Tage die Woche Zeit mit mir aufzunehmen. Ausserdem hat er noch 2 kleine Kinder und u.a auch deshalb arbeiteten wir etwa von 9 Uhr morgens bis 16 Uhr. Sowas zieht den ganzen Aufnahmeprozess natürlich in die Länge. Deswegen hat es auch sieben oder acht Monate gedauert, die Aufnahmen abzuschließen, aber in Wirklichkeit war es eben auch ein nur Monat Aufnahmezeit.
Gut, das ist natürlich eine relativ normale Zeitspanne, um ein Album aufzunehmen.
Ja, aber für mich ist es auch so, dass ich es wirklich mag, mir Zeit zu lassen und mich nicht unter Druck zu setzen. Es war gut zwischendurch auch mal etwas abzuschalten oder die Sachen anzuhören, die wir aufgenommen haben. So hatte ich dann zwischendurch immer vier Tage Zeit, während wir nicht aufgenommen haben und ich konnte mir alles zu Hause, auf dem Ipod oder beim Fahrrad fahren durch die Stadt anhören. Im Studio wurden dann Sachen geändert, die ich anders haben wollte.
Du hast eine zeitlang zusammen mit deiner Frau Andrea (FIREFOX AK) in Berlin gelebt. Warum Berlin?
Wir beide, meine Frau und ich, beendeten ungefähr zur selben Zeit das Touren und wir wollten eine Pause vom Alltag zu Hause in Stockholm. Wir wollten etwas neues sehen. Außerdem wollten wir beide damit anfangen, neue Songs zu schreiben. Berlin war eine einfache Option, weil wir dort einige Leute kennen, weil es leicht war, eine Wohnung zu finden und weil wir dort vorher schon viel Zeit dort verbracht haben. Wir haben beide viel dort gespielt und auch Off-Days verbracht. Wir wussten also, dass in Berlin viel ist, was uns gefällt. Ich bin wirklich froh, dass wir dort hingezogen sind, weil wir es wirklich toll fanden. So wie es im Moment aussieht, ziehen wir zu Anfang des nächsten Jahres wieder dort hin.
Was für Eindrücke hast du da gewonnen?
Hauptsächlich, dass es ein ziemlich entspannter Ort ist und dass die Leute dort allgemein ziemlich umgänglich und freundlich sind. Im Vergleich zu Stockholm fühlt es sich dort eher so an, dass du sein kannst, wer du möchtest. Die Leute akzeptieren dich als Menschen und nicht dafür, welche Bands du hörst oder welche Klamotten du trägst. Es interessiert sie nicht und man kann sein, wer man ist.
Wie ist es denn dann in Stockholm? So ein großer Unterschied?
Im Verhältnis zu Berlin ist Stockholm ja eher klein und das Trendbewusstsein ist für meinen Geschmack etwas zu weit verbreitet dort.
Dein neues Album „A Partial Print“ erscheint hier in Deutschland am 24.10. Für mich hat es eine ähnlich düstere Atmosphäre, wie schon das vorherige Album „The Loyal“. Woher kommt das? Gibt es dafür einen Grund?
Ich weiß nicht. Von mir, denke ich. Es ist kein Konzept, was ich unbedingt durchsetzen möchte. Ich setze mich hin und schreibe Songs und das was dabei rauskommt, ist es eben das, was dabei rauskommt. Das kann ich nicht anders erklären.
Für mich wirkt es, als würde das Album ab einem gewissen Punkt etwas fröhlicher oder auch positiver werden? Wie denkst du darüber?
In diesem Zusammenhang hab ich noch gar nicht darüber nachgedacht. Worauf es mir ankam war, dass die etwas kürzeren oder auch normaler strukturierten Songs ans Ende des Albums kommen, weil es sich so anfühlte, dass sie dort sehr gut hinpassen. Auf der ersten Hälfte des Albums sind eher längere und etwas indirektere Songs enthalten. Aber ich glaube, dass die Songtexte für die andere Hälfte des Albums nicht so sehr fröhlich sind in ihrer Aussage. Ich verstehe aber, worauf du hinaus willst in Bezug auf die Songs, weil sie etwas poppiger sind, als die anderen, nur wäre wahrscheinlich fröhlich der falsche Ausdruck dafür.
Die ersten beiden Songs auf „A Partial Print“ wirken für mich eigentlich viel mehr wie ein einzelner langer Song. Allein von den Namen der Songs her, hätte es schon Sinn gemacht beide Songs als einen Einzelnen auf das Album zu nehmen. Warum sind sie geteilt?
Ursprünglich sollte es auch ein einzelner Track sein. Ich habe ihn nur geteilt, weil es sich gut fühlte.
Sollte man also vielleicht den ersten Track „The more you give“ als Intro für das ganze Album verstehen? Für mich ist das irgendwie mehr ein richtiger Song.
Auf jeden Fall. Ja, das war im Grunde die Idee, weil der zweite Teil des Songs sich für mich eher wie ein normaler Song anfühlte. Und der erste Teil fühlte sich eher wie ein Intro an und deshalb habe ich das dann geteilt.
Die elektronischen Einflüsse auf „A Partial Print“ sind neu. Woher kommt das?

In erster Linie daher, dass ich damit angefangen habe, Demos zu Hause aufzunehmen und weil ich da einige Sachen, wie zum Beispiel Schlagzeugspuren oder ähnliches, programmiert habe. Und so haben wir dann viele Sachen behalten, als wir damit anfingen, im Studio aufzunehmen.
In der Presseinfo zum neuen Album ist zu lesen, dass du dieses Album wieder mit deinem Stamm-Produzenten Rolf Klinth aufgenommen hast. Mittlerweile arbeitest du seit 10 Jahren mit niemand anderes. Wie fing diese Zusammenarbeit an und warum hast du nie daran gedacht, mit jemand anderes zusammen zu arbeiten?

Das fing alles an, als ich noch in einer Band namens „Music by Em“ spielte und wir mit dieser Band einen Verlagsdeal bei Universal Publishing unterschrieben. Sie brachten uns mit Rolf in Kontakt und er nahm mit uns die Demos auf. Und dabei bleib es dann irgendwie. Es fühlt sich so an, als wäre er der perfekte Partner für mich, weil er so viel über die technischen Voraussetzungen des Aufnehmens weiß, für die ich mir wirklich nie die Mühe gemacht habe, sie zu lernen. Ausserdem hat er ein tolles Studio und viel tolles Equipment, wie alte Verstärker, Gitarren und Mikrofone und solche Sachen. Er ist für mich der perfekte Side-Kick, weil er mich sein lässt, wer ich sein möchte. Er respektiert meine Entscheidungen. Er stellt zwar meine Ideen in Frage, aber er versucht nie gegen mich zu arbeiten, um seine eigenen Ideen umzusetzen. Ich glaube, dass einige Produzenten das schon versuchen würden, weil sie denken, dass ihre Idee besser ist. Selbst wenn Rolf Ideen hat, von denen er denkt, dass sie besser sind als meine, überlässt er mir die Entscheidung, weil er weiß, dass es ja meine Musik ist. Das macht ihn einfach zu dem perfekten Partner für mich, weil ich immer eine ziemlich klare Vorstellung davon habe, welche Musik ich schreiben möchte, wie sie klingen soll und wie sie präsentiert werden soll. Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass ich einen Produzenten finden musste, der mir dabei helfen könnte, weil ich das nach meiner Meinung selbst gut genug kann.
Wie auch schon beim zweiten Album hast du dir aber für das Mischen der Aufnahmen jemand anderes gesucht. Wie groß war der Einfluss von Sean Beavan (mischte u.a. Alben von Nine Inch Nails und Marilyn Manson) auf den Sound von „A Partial Print“?
Wenn du dir unsere Roh-Mixe anhören würdest, die Rolf und ich gemacht haben und sie dann mit seinen Mixen vergleichen würdest, dann könntest du schon einen ziemlich großen Unterschied hören. Aber sagen wir es mal so, wenn wir das selbst gemischt hätten, dann würde das Album für die meisten Leute wahrscheinlich genauso funktionieren, weil Sean nicht den Sound an sich verändert hat. Alle Gitarren-, Schlagzeug oder auch Keyboard-Spuren klingen nahezu identisch, aber was er gemacht hat war, die einzelnen Bestandteile an ihren richtigen Platz zu rücken. In unseren Mixen klingt es eher so wie eine Wall-Of-Sound und als Hörer hätte man hätte es schwer alle Nuancen rauszuhören. Was er also gemacht hat ist, für jeden spezifischen Sound den richtigen Platz zu finden und das ermöglicht einem, alles zu hören. Gleichzeitig entsteht dadurch ein Ganzes.
Wie wichtig sind dir eigentlich die Meinungen von Außenstehenden oder von Leuten, die deine Musik hören?
Das ist eine schwere Frage. Einerseits interessiert es mich überhaupt nicht, was irgendwer darüber denkt, weil ich froh darüber bin, was ich mit diesem Album zu Stande gebracht habe. Auf der anderen Seite ist es natürlich schön, wenn es den Leuten gefällt. Aber am Ende hätte das Album nicht anders geklungen, bloß weil es den Leuten vielleicht nicht gefallen hätte. Es ist so, wie Freunde zu haben, die denken, dass du ein toller Mensch bist. Es ist schön zu wissen, dass es Leute gibt, die meine Musik mögen. Alles in allem eben: Gemocht werden ist immer schön.
Hast du deine eigenen Lieblingslieder auf „A Partial Print“?TGR LOU
Sicher. Ich glaube, dass ist hauptsächlich „An atlas of those our own“. Das ist der letzte Song, den ich für das Album geschrieben habe. In der Ursprungsversion war er fast doppelt so lang und es waren mehr unterschiedliche Parts drin. Es dauerte eine sehr lange Zeit, den Song so zu arrangieren, wie er jetzt auf dem Album zu hören ist.
Liege ich richtig, wenn ich sage, dass der Song „Coalitions“ als erstes fertig war? Bei Youtube.com gibt es ja fast seit einem Jahr ein Video von diesem Song, wo du ihn mit einer Akustik-Gitarre spielst. Hast du das zu Hause aufgenommen?
Ja, das war zwar nicht der erste Song, der fertig war. Es war wahrscheinlich sogar eher einer der letzten Songs, den ich für das Album geschrieben habe, aber es war nahezu der einzige, von dem ich dachte, er könnte gut als Akustik-Version funktionieren. Und ich habe das auch nur gemacht, weil ich gerade so in diesem ganzen Blog-Ding war und dort eben auch einige Informationen über den Aufnahmenprozess gepostet habe.
Warst du glücklich über die darauf folgende Resonanz? Bis heute zählt der Counter auf youtube immerhin insgesamt 19.226 Klicks und dutzende Kommentare.
Ja sicher. Es ist toll zu sehen und zu hören, wenn es den Leuten gefällt, es sie immer noch interessiert, sie daran teilhaben und dass sie auf das neue Album warten.

Von dem neuen Album wird es auch eine Special-Edition geben, die mit einer Bonus-CD auf den Markt kommt, welche Remixe von allen 10 Songs auf „A Partial Print“ beinhalten wird. Wenn man etwas in deinem Blog nachforscht, bekommt man den Eindruck, dass du genau so viel Zeit darin investiert hast, wie in die Produktion des Albums. Wie kam dir die Idee dazu?
Das liegt hauptsächlich daran, dass ich selbst gern elektronische Musik höre und es gab ja auch in der Vergangenheit schon ein paar Remixes als B-Seiten auf einigen Singles. Ich machte eine Liste mit Produzenten und Künstlern, welche ich wirklich respektiere und fand die Idee klasse, alle Songs remixen zu lassen und sie in der selben Reihenfolge zu haben, wie auf dem eigentlichen Album. Alles was die Künstler bekamen, waren die Gesangsspuren der Songs und daraus machten sie ihre Remixe. Sie sind wirklich gut geworden und ich bin wirklich glücklich damit.
Warst du überrascht, was bei den Remixes rauskam?
Auf jeden Fall. Ich wusste vorher nicht, was mich erwartete und einige der Künstler machten Versionen, die überhaupt nicht klangen, wie die Original-Songs und bei anderen Versionen hörte man sofort, dass es von dem jeweiligen Künstler kam. Alles in allem sind sie sehr verschieden und für mich ist es ein sehr interessantes Album geworden. Es fühlt sich nämlich nicht so an, als wären es einfach nur 10 Remixe, sondern eher wie ein separates Electronic-Dance-Album oder so was in der Art. Ein paar der Songs sind sogar ein bisschen anregender und nicht unbedingt nur Tanzflächen-freundlich.
Nachdem du ja für jedes deiner Musikvideos mit dem schwedischen Director Magnus Renfors zusammen gearbeitet hast, wird es doch bestimmt bald auch wieder ein neues Video geben, richtig? Wenn ja, für welchen Song?
Wir arbeiten gerade daran. Bisher wissen wir nur noch nicht, was wir in dem Video genau machen wollen. Der Plan ist, so schnell wie möglich eins zu machen. Es wird für den Song „Crushed by a crowd“ sein, welcher für mich eher eine Art Single ist. Der Song wird auch als 7inch veröffentlicht und wird wohl auch zu Radio-Sendern geschickt. Das wird also offiziell die erste Single-Auskopplung aus dem Album sein.
Rasmus, eigentlich bist immer du derjenige, der alle Songs schreibt, der nahezu alle Instrumente im Studio einspielt (bei „A Partial Print“ spielte Schlagzeuger Pontus Levahn alles ein, abgesehen von zwei Songs). Ist TGR LOU denn jetzt eigentlich eine Band oder doch eher ein Solo-Künstler?
Wenn ich aufnehme, bin ich TGR LOU. Aber wir sind eine Band, wenn wir unterwegs sind, um Konzerte zu spielen. Außerdem teilen wir uns dann die Verantwortung. Wir sind eine Band in jeder Hinsicht, wenn wir unterwegs sind. Da herrscht dann Demokratie. Entscheidungen werden zusammen getroffen und jeder trägt das Equipment und so weiter. Es ist also irgendwie beides.
Auf den neuen Pressefotos sieht man eine neue fünfte Person. Wer ist der Neue und was ist sein Job bei TGR LOU?
Sein Name ist Johnny Karlsson. Er ist alter Freund von mir und er hat in den letzten 8 Jahren in London gelebt. Er hat da auch schon in Bands gespielt. Wir hatten uns schon länger dazu entschieden, eine fünfte Person mit an Bord zu holen, die hauptsächlich Keyboards spielen sollte, aber auch Gitarre bei einigen Songs. Es fühlte sich an, wie eine natürliche Weiterentwicklung für das neue Album, aber auch um die alten Songs interessanter zu gestalten.
Sag mal, was für Bands oder Musik hörst du selbst im Moment?
Im Moment höre ich in erster Linie Filmmusik. Ich habe mir vor Kurzem einen neuen Soundtrack zum Film „First Snow“ gekauft. Den hat Cliff Martinez gemacht und ich finde wirklich toll, was er macht.
Woher bekommst du die meisten Einflüsse?
Ich weiß nicht so genau. Von überall, denke ich. Aus Büchern, Musik, dem Leben.
Was wurdest du bisher am Meisten gefragt in Interviews?
Bisher war das immer die Frage, woher der Name TGR LOU stammt. In Schweden war es häufig auf die Frage, ob ich mich mit Martin Kellermann verwandt bin, welcher ein berühmter Comic-Schreiber ist. Ich glaube in über der Hälfte der Interviews in Schweden wurde ich das gefragt. Ich bin übrigens nicht mit ihm verwandt. Ich muss sagen, dass die Interviews immer sehr gut waren und ich glaube, dass es auch daran liegt, dass ich den Vorteil habe, schon ein paar Alben veröffentlicht zu haben. Es gibt somit nämlich viel Hintergrund-Material. Und bei entsprechender Recherche macht es die Interviews interessanter.

TGR LOU – A Partial Print erscheint am 24. Oktober, im Dezember ist Rasmus mit seiner Live-Band auf Tour.

Tausend Dank an Bernd Frikke, der das Interview mit Rasmus für uns führte, die Fotos hat Dennis gemacht!

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