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Im Gespräch mit The Floor Is Made Of Lava

In ihrer Heimat Dänemark sind die Musiker der Band The Floor Is Made Of Lava längst gemachte Männer. Mit ihrer Symbiose aus tanzbarem Indierock und pathetischer Rockanleihe avancierten die vier Kopenhägener schnell zu Stil-Ikonen. Supports für die frisch geschiedenen Oasis und AC/DC gerieten dabei fast zur Nebensache in der Vita einer Band, die ohne vorab ein Album veröffentlicht zu haben, zum renomierten Roskilde-Festival eingeladen wurde.

Und damit nicht genug: Kaum hatten die drei Freunde Simon, Ace und Tobi erste Songskizzen ins Internet hochgeladen, meldete sich eine Plattenfirma mit dem Anliegen, ein Album der Kopenhägener produzieren zu wollen.

„All Juice No Fruit“ vermochte aus dem verwaschenen Indie-Allerlei hervozustechen- tanzbar, elektrisierend, tiefsinnig, unangepasst und all das in perfekter Ausführung. Gitarrist Rock spielt minimalistisch, aber effektiv, Bassist Visti untermalt ununterbrochen mit seinen Läufen und Schlagzeuger Ace treibt punktgenau an. Kippenberger verleiht der Band dabei nicht nur eine gutaussehende, sondern auch stimmgewaltige Präsenz. Er ist es, der sich an die Spitze dieser Bewegung sitzt- stets mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht. Der Durchbruch, so er denn einer war, erfolgt prompt. Videos, in denen sich Topmodells Schläuche in ihre Hälse stecken und Kippenberger wächsern nur statisch seine Lippen bewegt, verleihen der Band zusätzliche Aufmerksamkeit. Neben der perfekten künstlerischen Inszenierung, beweisen The Floor Is Made Of Lava direkt soziale Kompetenz. Und so prahlt der Sänger vor den Damen damit, aus einem der härtesten Stadtteile Los Angelos zu stammen: Compton. Die dazugehörige Single steigt in die dänischen Charts ein und das Quartett steht fortan vor über 1000 Menschen auf der Bühne, die allein wegen ihnen zu den Konzerten pilgern.

Mit ihrem nachfolgenden Tonträger schwimmt sich die Formation schließlich frei. Produktiver Fortschritt, ohne dabei das vorher Geschaffene gänzlich um zu werfen. Tour-Gitarrist Lars Rock wirde zum vollwertigen Mitglied befördert und drückt „Howl at the Moon“ umgehend seinen Stempel auf. Die Band verliert dabei jedoch nicht ihr Gesicht. Ganz im Gegenteil-es wird markanter. Kippenberger, jetzt mit dichtem, aber gepflegten Vollbart, greift während der Aufnahme-Sessions zur Gitarre. Das Album ist epischer und gewaltiger als das Debüt. Die Videos zeigen Kippenberger, wie er durch schier endlose Landschaften schreitet und Bassist Simon Visti beim Blumengießen- das reicht. The Floor Is Made Of Lava sind keine nach Effekt haschenden Kiddies, die mal eben einen Platten-Vertrag unter die Nase gehalten bekommen haben. Das Quartett ist ein Verbund aus gestandenen Männern, die ihr Handwerk beherrschen. Seriöse Künstlern, denen aber trotzdem im richtigen Momen noch spürbar der Schalk im Nacken sitzt.

Höchstgradig unverständlich also, warum die Band in Deutschland bis dato weitesgehend unbekannt ist. Erste Versuche in der Bundesrepublik Fuß zu fassen, scheiterten 2007 aufgrund von Konzeptlosigkeit, so Kippenberger. Eine zwei-wöchige Tour durch deutsche Groß- und Klein-Städte verlief im Sande und konnte keine potente Plattenfirma dazu bewegen, sich die Rechte am Debüt der Dänen zu sichern.

Wir sprachen mit Sänger Tobias Kippenberger unter anderem über Kamikaze-Touren, die kalte Kopenhagener-Szene und seine Deutsch-Kenntnisse.

mainstage: Wie geht es Euch? Ihr habt ein neues Album veröffentlicht und wart außerdem auf Tour. Fällt es Euch leicht, wieder in den kreativen Prozess einzutauchen? Ich meine, neues Material zu schreiben?

Kippenberger: Es gibt viel zu tun, aber ich denke, soweit geht es uns gut. Mittlerweile ist ein Jahr vergangen, seit dem wir „Howl at the Moon“ in Dänemark veröffentlicht haben. Wir mussten erkennen, dass sich das Geschehen um uns herum nicht beruhigt, wenn wir nicht versuchen ein wenig kürzer zu treten. Also haben wir begonnen gewisse Angebote auszuschlagen, um uns auf das Schreiben neuen Materials fokusieren zu können. Wann immer wir Zeit dazu haben, kommen wir zusammen. Während des Produktionsprozesses unseres zuletzt enstanden Albums konnten wir einiges lernen. So versuchen wir diesmal unsere Sessions auf vier oder fünf Tage zu blocken, sodass wir während dessen unseren Alltag ausblenden können. Und sicherlich, wir versuchen in eine Art „creative mode“ hinein zu kommen. Wenn allerdings irgendwo etwas in Gang kommen sollte, sei es in Deutschland oder irgendwo anders, wären wir sofort bereit los zu legen.

„Howl at the Moon“ ist Euer zweites Album. Wie sehr hat sich der Produktions-Prozess im Vergleich zum ersten Album „All Juice No Fruit“ verändert?

Die beiden Entstehungsprozesse haben sich sehr unterschieden. Unser erstes Album haben wir Stück für Stück aufgenommen- wir habenimmer zwei bis drei neue Songs geschrieben und diese dann aufgenommen. Das zweite Album hatten wir komplett fertig geschrieben, bevor wir ins Studio gingen. Für unser nächstes Album haben wir uns eigene Aufnahme-Technik zugelegt, sodass wir direkt von unserem Proberaum aus arbeiten können. Sozusagen eine Symbiose aus den ersten Entstehungsprozessen. Wir haben die Idee, uns auf diese Weise von der Limitierung eines Studios zu lösen und jedes Detail so lange bearbeiten zu können, wie wir es für richtig halten.

Euer Gitarrist Lars Rock ist mittlerweile ein vollwertiges Mitglied. Er tritt allerdings bereits seit Euren ersten Konzerten gemeinsam mit Euch auf. Wie habt Ihr Euch kennen gelernt- Du erwähntest mal, er sei eine Myspace-Legende.

Yeah, Lars war immer Mitglied unserer Live-Besetzung, hat allerdings keinen der Songs zu „All Juice No Fruit“ beigesteuert. Es war also schon eine gravierende Veränderung, ein neues Mitglied zu integrieren. Ich denke, der klangliche Unterschied der beiden Alben ist vor allem Lars Verständnis Gitarre zu spielen geschuldet. Neben anderen Dingen natürlich. Lars und ich haben zuvor bereits in einer anderen Band zusammen gespielt. Es war also nur natürlich ihn zu fragen, als wir einen Gitarristen für unsere Konzerte brauchten. Und dieser Myspace Legenden-Mythos war nur ein lustiger Titel den wir gaben- in etwa wie sein richtiger Name Morten. Lars ist ein weiterer Vorname, der in seiner Familie seit Generationen weiter gegeben wird. Verwirrt? Also: sein richtigerName ist Lars Morten Rock und in unserer Welt ist er tatsächlich eine Myspace-Legende!

In der heutigen Zeit ist es für junge Bands äußerst schwierig einen Platten-Vertrag zu erhalten. Ihr seid das genaue Gegenteil: kurz nach dem Ihr als Band zusammen kamt, hattet Ihr einen Vertrag in der Tasche. Welche Rolle spielte das Internet dabei?

Das war alles zu Beginn dieser Internet-Bewegung. In den USA gab es Myspace bereits seit geraumer Zeit und in Dänemark begann es, sich zu etablieren. Wir hatten Glück, genau im richtigen Moment auf den Zug aufzuspringen und zu dem noch einen Produzenten zu finden, Troels Abrahamsen. Es war sicherlich einfacher als momentan, in diesen ekstatischen Zeiten der sozialen Netzwerke. Bestimmt gibt es viele gute Bands die niemals die Aufmerksamkeit eines großen Publikums erreichen, weil diese ganze Sache einfach explodiert. Das Internet spielt eine größere Rolle, als man sich jemals hätte vorstellen können. Trotzdem suche ich immer nach neuen Widgets, um unseren Internet-Auftritt zu verbessern und unsere Fans mittels Twitter und Newslettern bestmöglich zu informieren.

Euer erstes Konzert habt Ihr vor 500 Menschen gespielt, Ihr seid bei 100 Prozent gestartet. Einen wirklichen Durchbruch hattet Ihr demnach nicht.

Yeah, wir hatten wirklich Glück und den bestmöglichen Start. Allerdings sind wir Typen, die nie mit Dingen zufrieden sind. Wir arbeiten immer daran, Dinge zu verbessern und hoffen, damit eine breitere Hörerschaft zu erreichen. Ich meine, niemand interessiert sich für uns in Deutschland. Außerdem glaube ich, dass eine Band ihren eigenen Durchbruch gar nicht wahrnimmt. Es liegt in der Hand des Publikums, wer wann erfolgreich wird. Wir hatten nie das Gefühl, es geschafft zu haben, was auch hoffentlich so bleibt. Ich befürchte, man könnte seine Linie verlieren, wenn man einen solchen Punkt erreicht.

Na ja, in Eurer Heimat seid Ihr unbestritten eine große Band. Ihr habt Oasis und AC/DC supported und neben dem natürlich Eure eigenen Konzerte gespielt. Wächst der Druck, je größer eine Band wird?

Druck erwächst von innen. Wenn Du also mit Dir selbst im Reinen bist und nie den Kontakt zu dem verlierst, was Du bist, lässt Du Dich nicht von dem verrückt machen, was andere über Dich sagen. Ganz egal ob es gut oder schlecht ist. Druck sollte also kein Problem sein. Wir sind in der glücklichen Lage, dass niemand sich auch nur einen Dreck darum schert, wie jemand über die Songs denkt, die wir schreiben. Irgendwie klingt das arrogant, aber als Künstler musst Du dieses Gefühl einfach haben. Es hilft uns auf dem Teppich zu bleiben. Wir sind gleichermaßen sehr selbstkritisch.

Ihr wart 2007 in Deutschland unterwegs und habt etliche Städte bespielt. Danach seid Ihr hier zu Lande jedoch nicht weiter in Erscheinung getreten. Man kann nicht einmal Eure Alben erwerben. Ich frage mich, warum das so ist. Deutschland ist nicht so weit entfernt, genauer gesagt sind wir Nachbarn. Außerdem erinnere ich, dass Du damals einige Ansagen auf deutsch gemacht hast.

Diese Tour war verdammt beschissen! Du kannst nicht einfach irgendwo in der Weltgeschichte herum fahren, wenn Du nicht Leute vor Ort hast, die entsprechend Werbung für Dich machen. Und das war der Fall. Ich meine, es hat niemand dafür gesorgt, dass sich unsere Konzerte herum sprechen. Wir haben diesen verrückten Tour-Manager gehabt, der darauf beharrte, dass alles gut werden würde, wenn wir mit dem Bus durchs Land fahren und in leeren Clubs spielen. Irgendwann würde das Ganze in Gang kommen. Na ja, es kam gar nichts in Gang und obwohl wir eine hart arbeitende Band sind und wirklich gern live spielen, würden wir so ein Himmelfahrtskommando sicher nicht noch einmal mitmachen. Ich habe keine Ahnung, warum niemad unsere Musik in Deutschland raus bringen will- wir würden liebend gern jedem die Rechte einräumen, der Interesse daran hat, unsere Alben zu veröffentlichen, nur um einen Grund zu haben wieder auf Tour gehen.

Was unsere Deutsch-Kenntnisse anbelangt: wir hatten alle Deutsch-Unterricht in der Schule und können fast alles verstehen. Beim sprechen hapert es allerdings, ich finde die Aussprache so verdammt schwer. In meiner Situation ist das besonders peinlich- mein Vater ist deutsch.

Ihr lebt und arbeitet in Kopenhagen. Ist die Stadt künstlerfreundlich? Könntet Ihr Euch vorstellen, irgendwo anders zu leben?

Ich glaube es ist zu bequem für uns in Kopenhagen, als dass wir irgendwo hin umziehen würden. Ich mag es hier. Das wechselnde Wetter, die grauen Gebäude, das Meer, die selbstzerstörerische und mittelmäßige dänische Mentalität.

Wir sind gerade in einen neuen Proberaum gezogen, der so ziemlich der einizige Teil der hiesigen Szene ist, in dem ich auskenne. Alles andere klingt hier im kalten Norden eher nach Computern und Synthesizern, was mich nicht wirklich interessiert. Ich bin im Rock beheimatet.

Ist absehbar, wie die nächste Zeit bei Euch verläuft?

Wir beginnen langsam damit, neue Songs zu schreiben. Im kommenden Sommer plane ich, eine Auszeit von meinem Studium zu nehmen, um fünf oder sechs Monate Vollzeit im Studio arbeiten zu können. Wir werden außerdem einige Festivals spielen. Wer weiß, vielleicht auch in anderen Ländern. Ich arbeite gerade nebenbei an einem Kaye West Cover, wobei ich noch nicht genau weiß, wie ich es anstellen soll. Vielleicht erblickt dieser Song also nie das Licht des Lebens. Ich meine, es ist nur für meinen persönlichen Kick.

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