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Jens Friebe – Das mit dem Auto ist egal…

Dieses Album könnte man allein schon aufgrund seines Titels lieben. Das mittlerweile dritte Werk des Berliner Popliteraten und -musikers Jens Friebe mit dem charismatischen Langzeilentitel „Das mit dem Auto ist egal Hauptsache dir ist nichts passiert“ ist sein bisher bestes. Schon das 2004 erschienene Erstlingswerk „Vorher Nachher Bilder“ wurde mitunter als bestes Popalbum des Jahres bezeichnet und fand sogar bei renommierten Zeitungen wie der FAZ und dem Tagesspiegel Anklang. Der Druck, der nach diesem Erfolg auf Friebe lastete, wirkte sich nicht nachteilig auf das Ergebnis aus.

Auf „Das mit dem Auto ist egal Hauptsache dir ist nichts passiert“ werden die infantilen Elektrospielereien der frühen Lieder ausrangiert und es treten erwachsene Popsongs an deren Stelle, die es schaffen Witz, Leichtigkeit und Intelligenz zu vereinen. Musikalisch ist das Werk ein Paradebeispiel für eine gelungene Symbiose aus Gitarrensounds und elektronischen Klängen. Die erste Single „Neues Gesicht“ verdeutlicht dieses gelungene Zusammenspiel auf bewundernswerte Weise.

Unsere Klasse ist so groß
Es fällt nicht auf, wenn jemand fehlt
Traurig machst du den Regenwurm vom Stacheldraht ab

Und die Lösungen, die du dir auf die Hand geschrieben hast
Kann man kaum noch sehen
Komm wir gehen

Auf die geheime Party
Von der alle wissen
Die geheime Party
Auf die alle gehen müssen

Textlich präsentiert sich Friebe gewohnt lakonisch und etabliert in seinen leicht verständlichen Poptexten oft einen doppelten Boden, eine zweite Ebene, die hinter dem eigentlich Gesagten eine Ernsthaftigkeit und Nachdenklichkeit erkennen lässt. So ist dieses Album einerseits für die Fraktion der so genannten Pop-Intellektuellen als auch für die Menschen, die den Text eher als nebensächlich sehen, genau das Richtige. Friebe schafft es, immer das goldene Mittelmalmaß zwischen den zwei Extremen Aussagearmut und textlicher Verkrampfung zu finden.

Dennoch bleibt „Das mit dem Auto ist egal Hauptsache dir ist nichts passiert“ vor allem tanzbar. „Hass, Hass, Hass“, das in seinem treibenden Sound an Clubsongs in der Machart Nothern Lites erinnert, verdeutlicht das ebenso gut wieder der verschrobene Opener „Du freust dich ja gar nicht“. Immer präsent ist Jens Friebes charmant knatternder Gesang, an dem sich auch auf diesem Album die Geister erneut scheiden werden.

Oh, mein Gott, wie schnell bist du gefahren
Und weißt du noch die Geisterbahn
Ein Skelett hat dich damals berührt

Es war nur Stahl, es war nur Stahl
Und das mit dem Auto ist egal
Hauptsache dir ist nichts passiert

Neben allen eingängigen Ohrwürmern ist der apokalyptische Titelsong des Albums nicht zu unterschätzen. Er versprüht eine wohlig warme Melancholie und baut auf hintergründige Art und Weise ein erzähltechnisches Dickicht auf um es letztendlich wieder zusammenfallen zu lassen. Gleichsam fällt auch „Erschreckend aktuell“ durch seine Andersartigkeit aus dem Rahmen. In beinahe expressionistischer Manier werden zusammenhangslose Beobachtungen geschildert, die schließlich in ein Liebeslied übergehen. Diese textlichen Wendungen und Windungen sind typisch für Jens Friebe und einfach nur fabelhaft.

So vergisst man letztendlich auch gerne die kurze Spielzeit dieser Pop-Perle, die dem Album als einziges Manko anzukreiden ist. Ich freue mich auf das nächste Album und fordere mehr!

„Das mit dem Auto ist egal Hauptsache dir ist nichts passiert“ erschien am 28. September 2007.

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