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Rafael Horzon – Das Weisse Buch

Rafael Horzon möchte vor allem eines sein: Kein Künstler. Er hat die bewegendste Zeit seines Lebens in Berlin verbracht, ausgerechnet dieser Stadt, die vor allem für für ihre Kunstschaffenden und Individualisten bekannt ist. Nun gut, Letzteres ist Rafael Horzon auf jeden Fall auch. Und im stolzen Alter von 40 Jahren ist es an der Zeit, zurückzublicken. „Das Weisse Buch“, sagt er, ist ein Sachbuch. Eigentlich ist es aber eine Biographie. Oder ist nicht doch ein Roman?

Wer aufgrund der Attribute ‚Sachbuch‘ und ‚Biogpaphie‘ zurückschreckt, sollte nicht voreilig handeln. Rafael Horzon hat das über 200 Seiten starke Werk mit einem ausgeprägten Sinn für Humor und Storytelling verfasst. Trocken ist diese Lektüre bei weitem nicht und die Lebensgeschichte dieses Mannes ist sogar ausgesprochen spannend. Denn was wird man in Berlin, wenn man kein Künstler sein möchte? Man wird Unternehmer. Und Rafael Horzon dachte sich wohl: Wenn schon, denn gleich richtig. Es fing alles an mit seiner Idee der Neuen Wirklichkeit. Er hat sich nicht wohlgefühlt in seiner Umgebung, er wollte etwas verändern. Da muss doch mehr zu machen sein! Und so jagte eine brisante Geschäftsidee die Nächste.

Nur einige Zwischenstops davon wären: Er hat gemeinsam mit Franz und Reimo von Jeans Team einen der bedeutendsten Berliner Underground-Treffpunkte der 90er gegründet, die Galerie Berlintokyo. Er hat die Wissenschaftsakademie Berlin eröffnet und dabei die Schwächen des Systems genutzt und unzähligen Studenten in kürzester Zeit einen Abschluss ermöglicht. Er hat Moebel Horzon eröffnet, in dem es ausschließlich ein Regal zu erwerben gab – Das perfekte Gegenmodell zum Ikea-Wahnsinn. Er hat die Modelinie Gelee Royale gegründet. Er wollte das menschliche miteinander versimpeln und hat dafür Redesign Deutschland ins Leben gerufen. Er hat den Geistesblitz, die Stadt mit simplen Fassaden zu verschönern, in die Firma Belfas umgesetzt. Er hatte die Bilder in Wohnungen satt und hat die Firma Wandekor erschaffen, in denen es Einheits-Wand-Elemente zu kaufen gibt. Er hat den erfolgreichen Berliner Nachtclub Pelham gegründet. Er hat ein Fachgeschäft für Apfelkuchenhandel eröffnet. Er hat eigene Lüftungssysteme entwickelt und dafür das Geschäft System-Lüftung gegründet. Er hat einen Nudel-Großhandel namens Noodle Horzon ins Leben gerufen. Er hat, er hat, er hat…

Es ist unfassbar, woher ein einziger Mensch so viele Ideen und Geschäfftsmodelle hernehmen konnte und vor allem, woher er den Mumm hatte, all dies auch noch in die Wirklichkeit umzusetzen. Er gesteht selbst, dass bei weitem nicht alles ein Erfolg war, was er in die Wege geleitet hat. Aber der große Anklang, den seine Firma Moebel Horzon gefunden hat, hat ihn immer wieder motiviert, Neues auszuprobieren. Dabei hat er den Weg nicht allein beschritten, bei Moebel Horzon arbeitete beispielsweise Christian Kracht mit, um einen der bekannteren Namen zu nennen. Horzons Wahn hat nicht nur ihn selbst nach vorne gebracht, sondern Berlin Mitte bedeutend geprägt. Wer all das nicht recht glauben mag, kann sich auf seiner Homepage Modocom selbst einen Überblick davon verschaffen.

„Das Weisse Buch“ ist somit eine Pflichtlektüre für alle, die noch etwas über das Leben lernen möchte. Ein Buch für jeden Großstädter, der sich eine Scheibe abschneiden möchte und ein Buch für jeden, der Staunen und dabei lachen möchte. All das ist hier vereint. Im übrigen hat Rafael Horzon im Zuge der Veröffentlichung einen Buchladen eröffnet, in dem ausschließlich „Das Weisse Buch“ verkauft wird. War ja eigentlich abzusehen…


VÖ: „Das Weisse Buch“ erschien im September 2010 bei Suhrkamp.

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