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Sophie Hunger Foto: Pressefoto/Jeremiah

Sophie Hunger – Halluzinationen

Die Schweizerin Sophie Hunger füllt große Hallen, obwohl sie kaum im Radio gespielt wird. Man würde sie wahrscheinlich nicht einmal auf der Straße erkennen, so unspektakulär wirkt sie. Doch wer sie einmal musikalisch entdeckt hat, der kommt von der ausdrucksstarken Frau mit der warmen Stimme nicht mehr los. Jetzt stellt sie ihr neues, ihr vielleicht bestes, Studioalbum vor.

Seit einigen Jahren lebt Sophie Hunger in Berlin, es ist nur eine Frage der Zeit bis sie wieder eine neue musikalische Heimat findet. Der Wandel scheint eine Konstante in ihrem Leben zu sein, genauso wie die Neugier. Die elektronisch geprägte Musikwelt Berlins, die auf ihrem letzten Album „Molecules“ mehr als deutlich ihren Weg in die Kompositionen gefunden hat, findet man auch auf ihrem neuen, dem siebten Studioalbum „Halluzinationen“ wieder, allerdings nicht mehr ganz so vordergründig. In der winterlich-grauen Einsamkeit der Großstadt waren sie plötzlich da, die „Halluzinationen“, da ist sie ins Träumen geraten, hat eine Fiktion erfunden, die mitunter realer als die Wirklichkeit wurde.

Die Lieder entstanden in ihrer Berliner Küche, für die Produktion arbeitete sie wieder mit Dan Carey zusammen. Dafür gingen sie in die Abbey Road Studios in London und nahmen das gesamte Album in einem Stück auf. Volles Risiko, denn wenn beim letzten Stück etwa  schief gelaufen wäre hätte man es komplett wiederholen müssen. Herauskommen ist ein intensives, innovatives Album, bei der auch Fans der früheren (Singer/Songwriter)-Stücke, die sich bei „Molecules“ etwas vernachlässigt fühlten, auf ihre Kosten kommen werden. So ist „Stranger“ am Ende ein ganz ruhiges, sanftes Stück am Piano. Es ist bemerkenswert, wie vielfältig die Stimmungen auf dem Album geworden sind, obwohl sich die Instrumentierung gar nicht so viel unterscheidet. Die Lieder sind geprägt von Suchen und Zweifeln, von Reflexion und Wahnsinn. In „Alpha Venom“ scheinen sich Drums und Gitarren überholen wollen, als ob sie völlig unnötig konkurrieren: „We are maybe equal. But we are not the same.“

Drei Lieder singt Sophie dieses Mal auf Deutsch, die anderen sind in Englisch gesungen. Ein Satz, der hängen bleibt ist: „Ich Granit, du Kristall, zusammen sind wir Zucker“ aus „Finde mich“, als ob durch die Fusion und Kooperation von verschieden Komponenten, etwas Neues, womöglich etwas Besseres entstehen kann, mit dem man gar nicht gerechnet hatte. Ein Plädoyer für Mut und Neugier. In der Ballade „Rote Beeten aus Arsen“ beschreibt sie bittersüß beobachtend und nahezu ein bisschen zärtlich die Überkorrektheit der deutschen Frau. Fast wie eine Erleichterung erklingen gleich drauf die beschwingten Töne von „Everything is good“.

Sophie Hunger wird weiter im Wandel bleiben. Das ist spannend fürs Publikum und gut für die Musik.

VÖ: Sophie Hunger "Halluzinationen erschien 04.09.2020 bei Caroline International.
Mehr Infos unter: www.sophiehunger.com

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