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TV On The Radio – Nine Types Of Light

Die Mitglieder von TV On The Radio sind gefragte Allstars im US-Musikbiz: Sänger Tunde Adebimpe spielt in dem einen oder anderen Indie-Kinofilm mit und Gitarrist Dave Sitek nimmt mit Scarlett Johansson auf deren persönlichen Wunsch schon mal eben ein Album auf. Darunter litt in letzter Zeit die Arbeit des Brooklyner Kollektivs. Doch nach längerer Pause nimmt der Dampfer mit neuem Majorlabel-Motor wieder Fahrt auf und verfolgt mit „Nine Types Of Light“ weiter die mit „Dear Science“ bereits begonne Route: Kopf oben halten und schwimmen, statt Ertrinken.

 

Wenn es eine herausragende Fähigkeit dieser Band gibt, dann ist es das Vermögen ihre Alben stets mit monströsen Killertracks zu eröffnen. Nach „I Was A Lover“ und „Halfway Home“ nun also „Second Song“ – als erster Song. Eine perfekt inszenierte, fröhliche Hymne, die sich mit lehrbuchmäßig lässigen Gitarren entfaltet und in einem absolut euphorischen Falsetto-Refrain von Adebimpe mündet. Man darf eigentlich vor lauter Mitwippen, Mitsummen und Mitswingen nur nicht vergessen, den Repeat-Knopf zu drücken. Stark!

Und das energetische Stimmungslevel von „Nine Types Of Light“ bleibt, abgesehen vom zentralen „Killer Crane“, permanent hoch. Die schwermütigen „Return To Cookie Mountain“-Zeiten sind scheinbar wirklich passé, das hatte sich schon auf „Dear Science“ angedeutet. „Liebeslieder“ seien der Großteil der Songs auf „Nine Types Of Light“ ließ Adebimpe im Vorhinein verlauten. Liebe ohne Liebeskummer ist gemeinhin in der Popmusik schwierig, aber TV On The Radio pflanzen ihre Songs in genau diese Nische und lassen allumspannende Statements vom Stapel: „keep your heart, if the world all falls apart.“ intoniert Kyp Malone im zweiten Track „Keep Your Heart“, dessen Refrain pathetisch-wundervoll dahinschmelzt. Die Textzeilen läsen sich auch wie eine Entpolitisierung, ergeben aber in Zeiten von Fukushima schon wieder Sinn. Musik ist für TV On The Radio, trotz allen intellektuellen Anspruchs irgendwie avantgardistisch zu sein, in erster Linie emotional: sie soll die Herzen dieser Welt berühren und vor allem – sie zum Tanzen bringen.

Genau das wird auf „Nine Types Of Light“ permanent durchgezogen. Der zappelnde Jazz-Irrsinn von „No Future Shock“ übertreibt es dann sogar mit der Abspackerei und schießt wirklich über’s Ziel hinaus. Interessant ist, dass genau darauf die einzige ruhige Ode des Albums folgt: „Killer Crane“, das wie einst „Family Tree“ auf „Dear Science“ das kompositorische und inhaltliche Epizentrum von „Nine Types Of Light“ bildet. Mit Banjo und Mellotron souffliert Adebimpe auf sechs Minuten herum. Leider ist das Stück zu abwechslungsarm, um wirkliche Tiefe und Brillianz zu erreichen. Ähnlich verhält es sich beim folgenden „Will Do“, das auch ein, zwei Bridges mehr vertragen hätte. So gerät die Mitte von „Nine Types Of Light“ zur Schwachstelle.

„Repetition“ und „Forgotten“ sind da schon wohltuende Bonbons, die das letzte Drittel mit Beats und einer Ahnung von Düsternis versüßen und die Bandhistorie ganz gut musikalisch synthetisieren. „Caffeinated Consciousness“, das genau so klingt wie es heißt, gibt dann noch mal alles und beschließt ein Album, das irgendwie nach allem klingt, nur nicht nach den Erwartungen, die man im Vorfeld hatte. Das ist die große Stärke dieser Band, sie sind nicht prognostizierbar und haben trotzdem einen unverwechselbaren Sound. Auch wenn „Nine Types Of Light“ nicht der große Wurf ist, den viele gerne auf diese (mehrheitlich farbige) Band projizieren würden, bleibt doch ein starkes Album, das ihren Ruf als Ikonen einer gewissen Freigeistigkeit im Umgang mit Popmusik weiter festigen dürfte. Und da TV On The Radio in Deutschland noch längst nicht so bekannt sind wie auf der anderen Seite des großen Teiches, darf vorerst bedenkenlos weiter gepredigt werden.

 

„Nine Types Of Light“ erscheint am kommenden Freitag, dem 15. April 2011 via Interscope/Universal.

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