Der totale Mensch mit seinen kapitalistischen Fesseln, die ihn tagtäglich am Boden halten und in Strukturen zwängen, die wenig mit Freude als vielmehr mit Existenzerhaltung und -verbesserung zu tun haben. Immer schneller, immer teurer, immer besser. Das Ziel ist der Platz ganz oben. Doch wer genau zwingt uns dazu? Und eine noch viel gerechtfertigte Frage: Wohin soll man streben, wenn dieses Ziel der stetigen Verbesserung mit dem Lösen der Fesseln verschwindet? Es ist wieder einmal der Niederrhein, der eine Antwort parat hält: „Be True, Not Better.“ Haldern Pop Festival 2013. Wir werden 30 und wir feiern zusammen…
Wenn alles gesagt ist und die Worte ausgehen und die Reime und die Satzzeichen und das meiste eine Wiederholung ist oder nichts bedeutet, muß jeder Satz eine Entscheidung sein. Und keinen Satz, kein Wort, nicht einmal ein Komma schreiben, nur um es zu schreiben. Es gibt keine Zeilen mehr, die so noch keiner geschrieben hat, also schreib sie so, daß sie wenigstes für dich selber notwendig sind. Alles sagen, was sich mit den Worten und den paar Akkorden sagen läßt, die zur Verfügung stehen und dann von vorne anfangen und nach irgendetwas suchen, was wahr ist und was scheinbar kein anderer weiß.
(Locas In Love Vs. Kong)
Zugegeben, für mich ist das diesjährige Motto auch ein Rüffel bezüglich meiner Erwartungen des festlichen Line-Ups zum 30. Geburtstag des Festivals gegenüber. Der Blick geht dabei 5 Jahre zurück in das Jahr 2008 als der 25. Geburtstag gefeiert wurde mit Bands wie Editors, Flaming Lips, Foals, Iron & Wine oder The National (Auszug!) und dies alles auf dem damals als noch kleiner empfundenen Reitplatz zu Haldern. So rechnete ich zum 30. Bestehen mit noch größeren Namen, den „Klopper“ bei jedem neuen Bestätigungsvideo… Und dann kam die Enttäuschung. Viele unbekannte Künstler und wenn bekannt, dann doch eher von der Riege derer, die man nicht unbedingt erwartet hätte (Ausnahme hierbei Käptn Peng & Die Tentakel von Delphi). Erst als irgendwann mein Blick auf das diesjährige Motto fiel, wurde mir schlagartig klar, in welche Falle ich getappt war. Be True, Not Better.
Hier geht es um keine stetige Verbesserung. Darum ging es am Niederrhein nie. Viel eher will man sich die alten Werte bewahren, will nicht wachsen, will versuchen, „wahr“ zu bleiben. Wie kann man solch ein Motto dann umso kongenialer ausdrücken, als mit einem Lineup, das genau den Weg einschlägt, den man sich all die Jahre hart erarbeitet hat: Das Festival ohne Headliner. Und wenn wir oben schon mit Kapitalismuskritik kamen, fehlt jetzt noch ein humanistisch-idealistische Gedanke, übertragen auf das Festivalbusiness: Eine Veranstaltung mit gleichgewichteten Künstlern, bei denen keiner so richtig heraussticht und sich der Fokus auf den Eventcharakter verliert und die Rolle der Musik wieder an Gewicht gewinnt. Darauf nun Wein, Schallplatten und Vorfreude – denn Warten muss man auch erst einmal wieder lernen.
30. Haldern Pop Festival 2013: Be True, Not Better.
08. bis 10. August 2013
(Stand: 01.07.2013)
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Noch mehr Informationen zum Festival gibt es hier: Haldern Pop.