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Hans Unstern | 01.07.2010 | Haus III&70, Hamburg

Hans Unstern hat im April sein Debüt „Kratz Dich Raus“ veröffentlicht. Die Songs haben gefangen genommen, wenn nicht sogar schockiert mit ihrer Struktur und den ungewöhnlichen Texten. So richtig loslassen wollte einen das Album seitdem auch nicht mehr. So ist das Gefühl noch ganz frisch, als ich mich am vergangenen Donnerstag ins Haus III&70 in Hamburg begab, um das Ganze live anzuschauen.

Als ich um 20 Uhr das Kulturhaus betrat, war noch erschreckend wenig los. In der Lounge tummelten sich die Leute und tranken ihr Bier, aber eine Etage höher, vor dem Saal, wo das Konzert stattfinden sollte, waren die Vorhänge noch zu und kein Mensch war da. Kurz herumgefragt und herausgefunden, dass der Beginn sich verzögert. Als ich etwa eine Stunde später zurückkehrte, war der gemütliche Saal bereits gut gefüllt und das Publikum hatte auf den Stühlen Platz genommen. Ein Konzert im Sitzen hatte ich schon eine Weile nicht mehr erlebt. Da an diesem Sommertag die Sonne noch in voller Kraft strahlte, waren schwarze Vorhänge vor die große Fensterfront gezogen und der Raum hatte sich wahnsinnig aufgeheizt. So kam man trotz Sitzplätzen und der ruhigen Stimmung ins Schwitzen. Schnell ein kühles Bier besorgt und schon betrat Hans Unstern um kurz nach 21 Uhr die nicht mehr als knöchelhohe Bühne. Zu diesem Anlass wurde dann sogar das Licht an der Bar auf ein Minimum gedimmt.

Wortlos griff Hans Unstern nach seiner Gitarre und spielte „Tief Unter der Elbe“. Ganz ohne Band, sogar ohne Mikrofon stand er da und summte das Lied, das wohl zu keiner Stadt besser passt als zu Hamburg. Das Publikum schwieg und lauschte. Selbst der Applaus nach dem Song schien nahezu unangebracht laut zu sein. Zum zweiten Stück hin nahm Hans Unstern dann aber doch ein Mikrofon an sich. Und plötzlich leuchtete etwas auf dem Boden. Was im Dunkeln nur schwer zu erkennen war, wurde aber schnell deutlich: Es handelte sich um einen Scanner. Während „Ein Coversong“ langsam eingeläutet wurde und die Band hinter dem Vorhang die Bühne betrat, legte Hans Unstern seinen Kopf auf den Scanner und und das Bild wurde an den Vorhang geworfen und alle 5 Sekunden aktualisiert. Ziemlich beeindruckend, wenn man sich ausmalt, dass der Raum abgedunkelt war und man nichts sah außer dem Aufleuchten eines Scanners und das plötzliche Bild des Sängers an der Wand…

Von diesen kleinen Besonderheiten sollte es noch so einige geben an diesem Abend. An der Decke hingen kahle Glühbirnen, die beim Song „Endlos Endlos“ zu flackern anfingen, als ob man sich in einem alten Keller befindet. Auf der Bühne stand eine Leiter, die vom Schlagzeuger ab und an gerüttelt wurde, wenn die Musik experimentell wurde. Für „San Simon“ legte Hans Unstern das Plektrum aus der Hand und fuhr stattdessen mit einem eingeschalteten Taschenventilator über die Saiten. Und last but not least gab es einen Beamer, der pausenlos passende Filme an die Wand warf. Die Musikvideos zu „Paris“ und „Ein Coversong“ liefen dort ebenso wie andere stimmungsvolle Aufnahmen.

Und so führte einen Hans Unstern mit seiner Band durch den Abend. Die berührenden Songs wurden auf der Bühne noch tiefschürfender dargebracht und jedes Geräusch, das man vom Album kannte, fand sich auch in der Live-Umsetzung wieder. Hans Unstern hatte mehrere Mikrofone auf der Bühne, sang manchmal mit dem Gesicht und manchmal mit dem Rücken zum Publikum. Der Vorhang wurde zu manchem Anlass wieder vorgehangen, was besonders beim letzten Song „Flecken“ seine Verwendung fand. Das Mikrofon hinter dem Vorhang, Hans Unstern davor. Als würde er mit dem Kopf gegen eine Wand singen. Der Vorhang mit dem Rauschen eines Fernsehers beleuchtet, das ab und an durch das Aufflackern des Fotos eines kleinen Mädchens unterbrochen wurde. All das verlieh der Verzweiflung des Songs gleich noch mehr Nachdruck.

Als nach einer knappen Stunde eigentlich schon genug sein sollte, ließ sich Hans Unstern mit seiner Band doch noch einmal auf die Bühne bitten. Da bisher nur ein Album fertig ist, gab es keinen Song mehr im Repertoire, aber „Endlos Endlos“ wurde einfach nochmal gespielt. Aber dann war genug. Die Band verbeugte sich und verließ mit schüchternen Dankesworten die Bühne. Nun musste das Publikum wieder zurück in die Realität kehren. Raus aus der Geborgenheit des Saals und in die laue Nacht. Die Gedanken an das Konzert noch in den Köpfen. So etwas Geheimnisvolles vergisst man so schnell nicht. Thoughtdreams be my parachute…


Hier entlang zu unserer Rezension zu „Kratz Dich Raus“.

1 comments

  1. re says:

    Hans Unstern spielt live beim diesjährigen PROSANOVA Festival (26. – 29. Mai 2011)! Freikarten für Festival und Konzert und weitere schöne Dankeschön-Pakete gibt es für Supporter der interaktiven Rauminstallation “nichts bleibt, baby” bei http://www.startnext.de/baby

    Wir freuen uns auf euch!

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