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Im Gespräch mit Broadcast 2000

Joe Steer ist Musiker, besser bekannt unter dem Pseudonym Broadcast 2000. 2008 brachte er seine erste EP „Building Blocks“ heraus. Wir berichteten an dieser Stelle bereits darüber. Nun ist es soweit, dass er endlich sein Debütalbum veröffentlicht. Mitte Februar erscheint die „Broadcast 2000“ betitelte Platte. Und wir hatten bereits jetzt die Chance, mit dem sympathischen Londoner ein paar Worte zu dem Album, zu seiner Musik und zu seinem Leben allgemein zu wechseln.

Deine erste EP „Building Blocks“ hast du zuhause aufgenommen. Aber für dein Album bist du jetzt mit einem Produzenten in ein Studio gegangen. Warum hast du dich dafür entschieden?

Joe: Es war ja nicht das ganze Album, das ich zusammen mit dem Produzenten aufgenommen habe. Die Grundzüge wurden noch immer in meinem Schlafzimmer aufgenommen. Aber irgendwann kam ich dann zu der Erkenntnis, dass die Songs so zwar schon gut sind, aber von der Soundqualität her der EP viel zu nah sind. Ich merkte, dass die Lieder das Potenzial haben, noch aufpoliert zu werden. Die Musik könnte vielschichtiger sein. Und dann ist passenderweise James auf mich gestoßen, der bereits von meiner EP ziemlich begeistert war. Und so hat er mir bei meinem Album unter die Arme gegriffen, speziell beim Abmischen. Und Violinen-Parts haben wir auch noch hinzugefügt. Aber man darf sich sein Studio jetzt auch nicht allzu glamourös vorstellen. Er hat ein kleines Studio, dass für diese Zwecke aber genau richtig war. Es ist dort sehr heimelig. Ich glaub in so großen Studios würd ich mich auch gar nicht wohl fühlen.

Aber wenn die ganze Basis zuhause aufgenommen wurde… Dein Schlafzimmer muss groß sein!

Joe: Nein nein, nicht wirklich. Was ich dazu benötigt habe ist wirklich erstaunlich rustikal: Meinen Laptop und ein Mikrofon. Ich nehme dann halt eine Spur nach der anderen auf. Zuerst die Gitarre, dann Percussion, Cello, Glockenspiel, etc… Ich benutze kein teures Equipment, um meine Musik aufzunehmen. Und das braucht dementsprechend auch nicht viel Platz!

Abgesehen vom Sound: Was ist der größte Unterschied zwischen EP und dem Album? Was fühlt sich für dich persönlich anders an?

Joe: Wirklich anders fühlt es gar nicht an. Die EP war eine Mixtur aus Demos und kleineren Ideen. Das war so eine Phase, wo ich experimentiert habe, um den passenden Sound für das Projekt herauszudividieren. Und das Album ist nicht mehr als eine Vervollständigung dessen. Ich habe immer noch sehr viel experimientiert, aber ich fühle mich jetzt noch mehr als bei der EP so, als ob ich den endgültigen Broadcast 2000 Sound entdeckt habe. Wenn man so will, ist dieses Album erst der Beginn, da die EP nur eine Art Selbsttest war.

Wenn du live spielst hast du eine ganze Menge mehr Menschen mit dir auf der Bühne. Warum machst du aus deinem Projekt nicht direkt eine Band?

Joe: Es fing als mein Projekt, das nie als Band gedacht war. Erst als ich die Musik den Leuten vorgestellt habe, wurde mir klar, dass man sowas live mit Band umsetzen muss. Für mich ist das alles deutlich getrennt. Wenn ich Songs schreibe und aufnehme, findet das in einem für mich sehr persönlichen Rahmen statt. Und wenn ich live spiele, ist das natürlich anders. Und ich denke, dabei wird es bleiben. Ich fühle mich wohler, wenn ich beim Schreiben der Musik mein eigener Herr sein kann. Nichts desto trotz gefällt mir das Spielen mit Band sehr gut, aber es ist einfach eine ganze andere Geschichte.

Wenn du Songs schreibst, achtest du da bereits darauf, dass sie nicht zu komplex werden, sodass man sie live auch mit Band umsetzen kann?

Joe: Da achte ich nicht wirklich drauf. Mir ist es wichtig, dass ich interessante Strukturen schaffe. Und erst wenn die Songs fertig sind, überlege ich gemeinsam mit der Band, wie man das live umsetzen kann. Dabei ist es dann auch nicht so wichtig, dass alles genau wie auf der Platte klingt. Live ist alles natürlich viel lebendiger und es ist ja auch viel spannender, wenn alles nicht 1:1 übertragen wird.

Ist für dich in diesem Jahr auch eine Deutschland-Tour geplant?

Joe: Hoffentlich komme ich im März oder April zu euch. Zwei oder drei Leute aus der Band werden mich dann begleiten. Leider wird sich das in Deutschland nicht so umsetzen lassen, wie wir es demnächst in der UK machen, mit neunköpfiger Band und Orchesterarrangement. Aber so wichtig ist das auch nicht. Hauptsache einige Leute sind dabei, denn ganz allein auf der Bühne stehen ist überhaupt nicht mein Ding.

Woran liegt das?

Joe: Ich denke ich bin einfach ein wenig schüchtern. Ich bin nicht so der geborene Frontmann, wie man das vielleicht denken würde. Es ist immer gut, Unterstützung mit auf der Bühne zu haben. Ich weiß, allzu Rock’n’Roll ist das nicht, was soll’s…

Die Videos zu deinen Songs sind immer wunderschön und aufwendig gedreht. Aber du bist nur auf einem kleinen Label. Wie lässt es sich realisieren und finanzieren, diese Videos zu drehen?

Joe: Freut mich, dass die Videos gut ankommen. Es ist so: Es überrascht mich selbst, was man heutzutage mit einem geringen Kapital alles schaffen kann. Das Video für „Rouse your bones“ zum Beispiel wurde von einem Studenten gedreht, der das Video an seiner Uni in Vancouver als Projekt eingereicht hat. Wir haben ihn dafür schon bezahlt, aber so ist das nicht teuer. Solche Leute, die grad erst mit ihrer Karriere beginnen, freuen sich über jeden Auftrag, mit dem sie ihr Portfolio verfeinern können. Bisher hatte ich immer Glück, die richtigen Leute zu kennen, die mit mir zusammenarbeiten wollen. Wie du schon sagst, ich bin nur auf einem kleinen Label, daher sind solche Bekanntschaften und Zufälle sehr wichtig. Wir hoffen natürlich, irgendwann auch mehr Geld an die Leute zahlen zu können, weil sie es auf jeden Fall verdient hätten.

Du nutzt das Internet sehr intensiv. Denkst du, dass das Internet wichtig ist, um im Musikbusiness Fuß zu fassen?

Joe: Absolut. Ohne das Internet kommt keiner weit. Selbst erfolgreiche Radiostationen senden vermehrt online. Und die Interaktionen mit den Menschen und Fans ist natürlich auch von Bedeutung. Es ist ein günstiger und einfacher Weg, auf sich aufmerksam zu machen. Wir haben alles eingerichtet.. Facebook, Myspace, Twitter. Das ist wichtig.

Als du die EP aufgenommen hast, hattest du noch einen normalen Job und musstest die Musik nachts bzw. nach der Arbeit aufnehmen. Hat sich daran inzwischen was geändert, kannst du von der Musik und dem Touren leben?

Joe: Kann ich, ja. Darüber bin ich sehr glücklich. Einen bedeutenden Teil davon macht der Fakt aus, dass einer meiner Songs für einen EON-Werbespot genutzt wurde. Das hat mir meine Miete für ein ganzes Jahr bezahlt. Das war natürlich nicht nur gutes Geld, sondern gleichzeitig gute Promo für meine Musik. Bleibt natürlich zu hoffen, dass sich das nicht allzu negativ auf meine Anerkennung als Künstler innerhalb der Szene auswirkt. Aber es ist halt so, dass man, wenn man im Musikbusiness überleben will, sich die Wege suchen muss, die einem Geld einbringen. Jeder Musiker, der so etwas ablehnt, ist verkopft oder baucht sich um sein Geld keine Gedanken zu machen. Es ist heutzutage keine Leichtigkeit mehr, über Plattenverkäufe sein Leben zu finanzieren und nur darauf kann man sich nicht verlassen. Hoffen wir mal, dass ich weiterhin so überleben kann. Aber wer weiß, vielleicht muss ich in ein paar Monaten auch wieder irgendwo im Büro sitzen.

Wie sieht es bei dir mit Nebenprojekten aus, ist da etwas geplant? Vielleicht zusammen mit Tom Hobden, der ja schon auf dem Album mitgewirkt hat?

Joe: Derzeit ist da nichts geplant. Tom Hobden ist derzeit wahnsinnig beschäftigt, da seine Band Noah And The Whale in den letzten Monaten so an Aufmerksamkeit gewonnen hat. Er ist quasi ununterbrochen auf Tour. Auch ich hab nicht wirklich Zeit, da mein Album ja nun herauskommt und ich dafür auch Promotion betreiben und herumreisen muss. Aber ich wäre einer Zusammenarbeit mit ihm nicht abgeneigt. Auch mit anderen Künstlern nicht. Konkret kann ich da niemanden mehr nennen, aber mal sehen, was sich in Zukunft so ergibt.

Das war es mit unseren Fragen. Vielen Dank für deine Zeit!

Joe: Danke für das Interview, bis bald!


Rezension zur EP „Building Blocks“

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