Startseite » No Fun At All – Low Rider

No Fun At All – Low Rider

Skinnskatteberg – heute würde man eine Band aus einem Ort diesen Namens sicherlich ohne weiteres in eine Indiepop-Schublade stecken. Mitte der 90er Jahre war das noch alles anders. Bands wie Green Day oder The Offspring hatten gerade den Punk in den Mainstream gebracht. Und infolge dessen fand auch der Hardcore eine größere Reichweite. Auch wurde damals der Begriff Independent noch nicht fälschlicherweise zur Kategorisierung von Musik genutzt, sondern als Bezeichnung für Labels, die unabhängig von den Majors ihre Musik vertrieben. Eines dieser Labels war (und ist) Burning Heart Records aus Schweden. Quasi dem „Kindergarten“ für Bands wie den Hives oder Moneybrother, die heute international erfolgreich sind.

Ebenso zählten zur Burning Hearts-Erfolgsgeschichte aber auch Bands wie Millencollin, Refused und eben No Fun At All. Man konnte damals nahezu bedenkenlos die CDs mit dem brennenden Herzen drauf kaufen, es war ein Qualitätssiegel.

No Fun At All blieb in jener Zeit aber der große Durchbruch verwehrt. Wohl auch deswegen löste sich die Band im Jahr 2001 auf. Vier Alben waren bis dahin erschienen. Alle bei Burning Heart. Ab 2005 gab es dann gelegentlich wieder Konzerte. Und nun erscheint mit „Low Rider“ das fünfte Studioalbum des Quintetts, diesmal auf dem eigenen Label namens Beat ‚em Down Records.

Es ist ja immer so eine Sache mit Reunions. Meist sind die Bands nur noch ein Abklatsch ihrer selbst, man denke nur an damalige Helden wie Helmet. NFAA waren zwar ein Kind ihrer Zeit und in der Skatepunk-Hardcore-Ecke der 90er verwurzelt, hoben sich durch ihre sehr melodische Art der Musik aber von den anderen Bands ab. Es war eben weit mehr als nur dahingerotzter Punk. Melodycore aus höchstem Niveau. Und sie hinterließen mit ihrer Auflösung ein Loch, welches keine andere Band ausfüllen konnte.

„Low Rider“ knüpft genau an jenen Qualitäten an. Und lässt den Ausflug in poppigere Gefilde namens „State of Flow“ aus dem Jahr 2000 als einmaliges Experiment zurück. Denn auch heute werden wieder Songs mit zwei Minuten Länge in atemberaubender Geschwindigkeit auf den Hörer losgelassen. Und damit nahezu nahtlos an das Meisterwerk „The Big Knockover“ angeknüpft, obwohl dieses bereits 9 Jahre zurück liegt. Nur der Sound ist etwas rauher und weniger poliert als damals.

Auch am Aufbau der Songs hat sich nichts geändert. Klar, es ist immer das Gleiche. Strophe – Refrain – Strophe – Refrain – Bridge – Refrain. Aber wäre etwas anderes denn noch No Fun At All? Langweilig wird es trotzdem nicht, dafür sind die Melodien zu markant. Auch echte Hits hat man wieder am Start, wie mit „Forevermore“ oder „Reckless (I don’t wanna)“. Neu ist allerdings, dass es eine Coverversion auf das Album geschafft hat. „Episode 666“ von den In Flames.

Wenn sich musikalisch auch nicht viel geändert hat (glücklicherweise), die Texte sind zum größten Teil überraschend positiv und optimistisch. Was aber eben auch sehr gut zum Melodycore passt. Denn diese Musik bietet nicht nur ein Ventil um Wut abzubauen. Sie kann auch sehr viel Energie und Kraft liefern. Ganz egal ob man mit einem Bike durch die Gegend cruist oder man sich mal wieder durchs Leben kämpfen muss.

Mit „Low Rider“ erfinden sich No Fun At All nicht neu, zum Glück. Stattdessen schafft man es, alte Qualitäten aufzuzeigen. Ganz so, als sei nie etwas gewesen, als hätte es diese viel zu lange Pause nie gegeben. Ob man damit heute neue Fans gewinnen kann, darf berechtigterweise bezweifelt werden. Dazu hat sich die Musikszene insgesamt zu sehr verändert. Aber man ist noch immer die Elite des Melodycore und macht mit diesem Album zumindest alte Fans glücklich. Was hoffentlich im nächsten Jahr im Rahmen einer ausführlichen Tour zelebriert werden kann.

VÖ: 21.11.08

Wir freuen uns über deinen Kommentar: