Wie jedes Mal stürmten auch in diesem Jahr zahlreiche Besucher zu dem Festival, bei dem sich Electro und Indie bereits seit 13 Jahren die Klinke in die Hand geben: MELT! … Nachdem ein Großteil der Besucher vergangenes Jahr enttäuscht nach Hause fuhr, waren die Ansprüche an diese Ausgabe der Veranstaltung umso höher: Sind die Kinderkrankheiten vom MELT! endlich beseitigt und sind auch die groben Fehler aus 2008 behoben worden?
Die Antwort lautet: Glücklicherweise in vielen Punkten JA. Erstens: Die unfaire und übel gelaunte Security wurde gegen freundliche Gesichter ausgetauscht. Allerdings wure dieses Jahr etwas zu lässig kontrolliert. Es wurde mit akribischer Genauigkeit das Festivalbändchen auf Halt überprüft; aber was ich in meiner Umhängetasche bei mir trug, war oftmals nicht von Interesse. Natürlich beschleunigt das den Einlass, aber die Sicherheit wird nicht unbedingt gefördert, wenn auf dem Festivalgelände zuhauf zerbrochene Glasflaschen herumliegen.
Wo wir schon angefangen haben mit Kritik, noch mehr negative Anmerkungen: Für mich war es dieses Jahr zwar nicht relevant, da ich mit dem Zug anreiste, aber es muss erwähnt werden, dass es beim diesjährigen MELT! nicht mehr möglich war, direkt mit seinem Auto auf dem Campingplatz zu zelten. Die Jahre davor gab es immer separate Campingplätze mit Auto, die ich gern genutzt hab und darin auch kein Problem sah. Nun war es so, dass die Besucher ihre Autos parken und dann mit allen Sachen noch bis zum Campingplatz schleppen mussten. Sehr ärgerlich und ich verstehe auch nicht, warum das so geregelt wurde.
Positiv zu erwähnen ist es, dass die Gemini-Stage in diesem Jahr überdacht war. Als der Regen bei Simian Mobile Disco am Freitag immer heftiger wurde, schätzte man diese Plane über dem Kopf sehr. Es gab auch Änderungen an der Big Wheel Stage, die ich persönlich nicht so zusagend fand. Man hat die auflegenden Künstler kaum gesehen, da sie hinter Tonnen von Stahl und Pfeilern versteckt waren und man nur am Oberkörper erkennen konnte, wer da grad auflegt, wenn überhaupt. Der Bühne mangelte es einfach an Interaktion. Und ob Interaktion einer noch kräftigeren Beleuchtung weichen sollte…? Ich denke nicht. Schade auch, dass auf die Feuer verzichtet wurden, die sonst jedes Jahr im Takt auf einigen der Bagger tanzten. Das hat stets Gänsehaut mit sich gebracht und wurde sicherlich nicht nur von mir in diesem Jahr vermisst.
Sehr schade war es außerdem, dass viele Acts nicht wie geplant auftreten konnten, oder sogar gar nicht mehr spielten. Inwiefern die Macher vom MELT! etwas dafür können, sei natürlich in Frage gestellt. Aber trotzdem war es traurig, dass die Auftritte von Foals, Trentemoller und Moderat gar nicht statt finden konnten und viele Bands erst später als geplant anfingen (Fever Ray und MSTRKRFT als Beispiel).
Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass der allergrößte Stimmungskiller des letzten Jahres auch dieses Mal wieder dabei war: Regen und Sturm wollten nicht Zuhause bleiben und so erlebte man zumindest Freitag Nacht eine mittelschwere Katastrophe. Nicht enden wollender und plötzlich eintretender Regen führten zu einem spontanen Aus des Festivals gegen 4 Uhr morgens. Moderat konnte unter den Umständen nicht mehr auf der offenen Hauptbühne spielen und musste seinen Auftritt absagen (Dieser wird nun auf dem diesjährigen Berlin Festival nachgeholt). Demzufolge stürmte eine vorstellbar große Menschenmenge in katastrophalstem Wetter mit betrunkener und schlechter Laune Richtung Shuttlebusse. Leider wurde nicht der Situation entsprechend gehandelt und mehr Busse eingesetzt, sodass ein großer Menschenhaufen fast 10 Minuten lang aufeinander hocken musste und dem Unwetter ausgesetzt war. Nicht weniger witzig wurde es dann auf dem Zeltplatz, der halb unter Wasser stand. Mit wenig Schlaf rechnet man ja auf einem Festival, aber bitte nicht auf diese Weise. Natürlich können die Veranstalter nichts für Wetterumschwünge, aber sie müssen mit solchen rechnen und dem Chaos entgegenwirken, um die Besucher zumindest einigermaßen sicher ins Bett zu schicken.
Aber so negativ dieser Bericht bisher auch klingen mag: Nach wie vor weiß man natürlich die regulären Trümpfe des Festivals außerordentlich zu schätzen, auch wenn meckern immer am einfachsten fällt. Wir lieben es: Das Line-Up ist jedes Jahr bombastisch, der Campingplatz liegt direkt an einem See, die Preise für Bier und Essen sind human, die Beleuchtung der Area ist so umwerfend, dass man die nächste Nacht kaum erwarten kann und der Wechsel von Indie-Rock tagsüber zu Electronic Music bei Nacht ist extrem reizvoll. Die Hauptbühne des Festivals ist von angenehmer Größe und durch die aufsteigenden Treppen rund um die Bühne kann man aus nahezu jeder Position noch alles gut erkennen. Immer wieder freut man sich auch darüber, dass die Campingplätze in ausreichender Entfernung vom Festivalgelände liegen. Da der Sleepless Floor 24/7 mit feinstem Gewummer auftrumpft, würde sonst niemand zum Schlafen kommen. So klappt es aber wunderbar und man wird höchstens durch ätzende Zeltnachbarn geweckt. Und trotzem braucht man zu Fuß bloß ca. 15 Minuten bis zum Gelände.
Aber kommen wir nun zu dem eigentlichen Grund eines Festivalbesuchs: Der Musik. Das Programm war von Anfang an sehr verlockend und wusste es, mit internationalen Größen wie Oasis, Travis, Boys Noize oder Simian Mobile Disco zu locken. Natürlich brachte das Line-Up auch viele Sensations-Konzertgänger mit sich, sodass die freundschaftliche Atmosphäre, die man zum Beispiel 2007 noch erleben durfte, mehr und mehr einem prolligen Publikum mit Ray-Ban-Verschnitten auf der Nase weichen musste.
Der Freitag begann für mich mit dem relativ spontanen Auftritt von Clickclickdecker abseits der großen Bühnen auf der Converse-Stage neben der Hauptbühne. Kevin Hamann spielte solo, lediglich Oliver Stangl begleitet ihn an der Gitarre. Nach wenigen Liedern allerdings machte die Technik schlapp und Kevin konnte nicht mehr weiterspielen. Da trotzdem alle eine Zugabe forderten, wurde noch ohne Verstärker „Ich beneide dich um deinen Sternenhimmel“ aus heiserer Kehle vorgetragen. Dann war genug des guten Willens, obwohl das Publikum noch mehr wollte. Ich machte mich auf den Weg zu Gisbert zu Knyphausen im Coca Cola Soundwave Zelt. Wie üblich herrschte eine brüllende Hitze dort, aber wenn man sich auf einen Act freut, dann sieht man darüber auch sehr gern hinweg. Gisbert spielte mit seiner gesamten Band (Schlagzeug, zweiter Gitarrist, Keyboarder) und es wurde ein großer Haufen neuer Songs präsentiert. „Hurra, hurra, so nicht“ ist ja schon länger bekannt, aber auch ein neuer Song namens „Jeder geht allein“ wurde gespielt. Insgesamt scheinen die neuen Lieder eine ganze Ecke dunkler zu sein als die des ersten Albums. Eines der letzten Stücke war wie immer der Song „Mitbewohnerin“ von Moritz Krämer, der Gisbert’s Programm stets wundervoll abrundet. Als nächstes begab ich mich zum Bodi Bill Konzert. Die Jungs haben wunderbar zur Gemini Stage gepasst, die bereits zu dieser frühen Zeit genial beleuchtet war. Neben den tanzbarsten Hits von ihren beiden Alben coverten die Berliner sogar noch „Nothing compares to you“ und verwandelten den Song in eine geniale Minimal Electro-Version. Es macht immer wieder Spaß, der Band zuzusehen, wie sie auf der Bühne ihren Kopf verlieren und häufig den Kontakt zum Publikum suchen. Die großflächige Leinwand mit Projektionen tat dann den Rest, um die Stimmung perfekt zu machen. Nach Bodi Bill begab ich mich schnell zur Mainstage, um noch die letzten Songs von Röyksopp mitzubekommen. Der Auftritt hat mich sehr überrascht, die Musik ist live um einiges energiegeladener als auf Platte.
Nun stellte sich aber wohl für viele die Frage: Travis oder Crystal Castles? Ich entschied mich dafür, zunächst den Anfang von Crystal Castles anzuschauen und dann zu Travis zu hechten. Das Set von Crystal Castles war heftig und intensiv, alle Hits vom selftitled Debüt waren dabei: „Air War“, „Crime Wave“ und „Courtship Dating“ nur als Beispiel. Travis schienen mir zunächst etwas deplaziert zu dieser Uhrzeit, wo bereits hauptsächlich Electro auf dem Festival angesagt ist. Sie konnten mich aber vom Gegenteil überzeugen und haben ordentlich gerockt. Besonders verwundert war ich, als der Gitarrist Andy Dunlop während „All I wanna do is rock“ sogar noch am Träger seitlich der Bühne hochklettere und dabei tapfer weiter Gitarre spielte. All die bekannten Songs durften sie dann auch spielen: „Sing“, „Side“ und „Flowers in the window“ z.B. – Allerdings überzog die Band so weit, dass sie „Why does it always rain on me?“ als finalen Abschluss nicht mehr darbieten durften. Das ließ das Set etwas unrund wirken. Nach einem kurzen Abendessen ging ich weiter zu Simian Mobile Disco. Schon als man den beiden Herren beim Aufbauen zusah, wusste man, was einen erwartet: Licht, Licht und nochmal Licht. Das Konzert selbst war dann allerdings ein wenig enttäuschend. Ihr Album Attack Decay Sustain Release hab ich immer sehr gerne gehört, aber die Live-Darbietung war erschreckend monoton. Als es dann während des Auftritts auch noch anfing mit dem weiter oben erwähnten Starkregen, verließen bereits viele das Gelände, selbst wenn die Gemini-Stage überdacht war. Das war eine kluge Entscheidung, denn als nach dem Konzert von Simian Mobile Disco die offizielle Evakuierung ausgerufen wurde und Moderat absagen musste, gab es ein vorstellbar heftiges Gedrängel.
Der Samstag: Nach nur wenigen Stunden Schlaf durch Regen machte ich mich am frühen Abend auf den Weg zum Konzert von Jochen Distelmeyer. Nachdem sich Blumfeld 2007 aufgelöst haben, wartete man eine ganze Zeit, bis es erste Neuigkeiten gab. Aber nun steht es felsenfest: Jochen setzt sein Solo-Projekt durch und die ersten Songs, die live dargeboten wurden, waren auch bereits sehr überzeugend. Nachdem das letzte Blumfeld-Album „Verbotene Früchte“ für viele Hörer zu farblos war, packt Jochen auf seinem Album „Heavy“ wieder den Rocker aus. So mag man jedenfalls nach den neuen Songs urteilen, die er beim MELT! spielte. „Wohin mit dem Hass?“ lässt sich ja bereits auf Myspace anhören, aber auch „Ich will mehr“, „Er“ oder „Hinter der Musik“ wussten es zu begeistern. Traurig war es, dass zu Beginn des Konzerts noch so wenig Leute anwesend waren, aber als dann auch altbekannte Blumfeld-Kracher gespielt wurden, füllte sich die Mainstage rasend schnell. Unterstützt wurde er auf der Bühne von seinem Blumfeld-Kollegen Lars Precht und von Henning Watkinson, der bis 2007 noch bei Jeans Team Mitglied war. Die neuen Songs von Jochen zu verdauen brauchte seine Zeit und so beobachtete ich erst das Konzert von Animal Collective wieder mit voller Aufmerksamkeit. Die New Yorker fingen etwas später als angekündigt an, aber begannen gleich mit einem der ganz großen Songs ihres aktuellen Albums Merriweather Post Pavillon: „My Girls“. Kombiniert mit einer fantastischen Lightshow schaffte die Band es, auch zu meltverhältnismäßig früher Stunde, das Delirium herbeizuzaubern. Nach dem Konzert sah man so manchen Zuschauer noch mit geschlossenen Augen dastehen oder nur schwankend zum nächsten Act wandern. Eine einzigartige Band! Auf Phoenix, die direkt nach Animal Collective spielen sollten, hatte ich nur mäßig Lust. Die Musik ist zwar in Ordnung, aber die Band wird derzeit so gehyped, dass es sicherlich nicht das Angenehmste gewesen wäre, dort im Publikum zu stehen. Nach dem Animal Collective-Konzert bin ich also zunächst zurück zum Zeltplatz, was auf dem MELT! auch immer dem reinsten Event gleich kommt. Man trifft unterschiedlichste Nationalitäten und diverse Drogen werden problemlos auf dem Zeltplatz gehandelt. Viele der Dealer haben nichtmal ein Festivalbändchen um – Vielleicht sollte man sich mal über gesonderten Einlass zum Campingplatz Gedanken machen? So wird es auf dem Immergut ja zum Beispiel auch gehandelt, was zusätzlich auch gegen Diebe wirkt.
Nach kurzem Aufenthalt ging es für mich zurück zum Gelände, denn Bloc Party kann man sich ja ruhig mal anschauen. Es war kurz vor Konzertbeginn noch nicht wirklich gefüllt an der Mainstage und man kam noch leicht in die vorderen Reihen. Das erste Album der Band fand ich wirklich großartig, die danach eher langweilig. An dem Abend wollte ich nun schauen, ob sie live überzeugen können. The answer ist: Leider nicht, zumindest nicht bei diesem Auftritt. Sänger Kele führte sich unglaublich kindisch auf, beschimpfte regelrecht das Publikum („You fuckers!“) und auch der Rest der Band stellte sich nicht als sonderlich spielwillig dar. Man erkannte die Songs von Platte selten wieder und allgemein sprang der Funken gar nicht über. So entschied ich mich, wie viele andere, das Konzert vorzeitig zu verlassen und lieber was zu essen. Zum Glück meinte der Zufall es gut mit mir, denn aus Langeweile schaute ich bereits früher als geplant im Coca Cola-Zelt vorbei, wo als nächstes Bonaparte auf dem Plan standen. Als ich reinkam war die Masse nämlich bereits ausgiebig am feiern und ich fragte mich, warum, denn auf dem Timetable las ich nur Berlin Mash-Up Surprise, was mir kein Begriff war. Als ich mir der Bühne näherte, kam ich aber auch sofort ins Staunen: Da standen The Whitest Boy Alive, die bereits am Nachmittag auf der Hauptbühne spielten, zusammen mit den Jungspunden von Kakkmaddafakka und zahlreichen anderen Künstlern. Die Bühne war gerappelt voll! Und in dieser Konstellation wurde ein nahezu vollkommen improvisiertes Set dargeboten, einige Cover und eigene Songs wurden gespielt. Ich erinnere mich an „Around the world“ von Daft Punk. Allgemein war das Ganze extrem tanzbar und hat unglaublichen Spaß gemacht – Sowohl dem Publikum als auch der Masse auf der Bühne. Am Ende des Konzerts versprach Whitest Boy-Sänder Erlend, am nächsten Tag beim Kakkmaddafakka-Auftritt auch nochmal mit von der Partie zu sein, was sich am nächsten Tag dann aber leider doch nicht bestätigte.
Aber das, was nun folgen sollte, übertraf alles, was man an diesem Wochenende geboten bekam. Ich hab Bonaparte nun bereits 3mal live gesehen, aber dieser Auftritt war einfach eine Wucht. Es war, wie in letzter Zeit üblich, eine der Circus-Shows, aber extrem aufgemotzt! An einer Stelle kam sogar eine gelernte Feuerspuckerin zum Einsatz, die über die Köpfe des Publikums ihre Flammen entzündete. Das Zelt war am Kochen und bis zum Anschlag gefüllt, dass schon nach wenigen Songs Einlasssperre verhängt wurde. Man hätte den Gig natürlich auch auf eine andere Bühne legen können, aber so im Hexenkessel hat es am besten gepasst. Die gesamte Too Much-Platte wurde in einer Geschwindigkeit durchgeboxt, die keine Gnade kennt und auf der Bühne herrschte ein Tumult wie auf dem Jahrmarkt. Die verschiedensten Statisten wechselten andauernd ihre Kostüme und Sänger Tobias Jundt flippte aus, als wenn es kein Morgen mehr gäbe. Atemberaubend. Zusätzlich wurden auch zwei neue Songs gespielt, die etwas verschleierter anmuteten als die auf der Too Much – Heftig abgegangen wurde dazu trotzdem allemal. Bonaparte waren der letzte Act an diesem Abend im Zelt und konnten somit so viel überziehen, wie sie wollten. So spielten sie gleich mehrere Zugaben und kamen am Ende sogar noch einmal auf die Bühne, wo sie „Anti Anti“ ein zweites Mal spielten. Dann imitierte Tobias noch gemeinsam mit dem Publikum einige Tierstimmen und dann war gegen 4.30 Uhr Feierabend. Schon irgendwie komisch, da fährt man bis zum MELT! und ist nicht etwa von den großen Acts wie Bloc Party am meisten begeistert, sondern von Bonaparte, die man doch eigentlich schon so oft gesehen hat. Aber so eine Band kann wohl einfach nicht langweilig werden. Letzte Station für diesen Festivaltag war dann das DJ-Set von Erol Alkan & Boys Noize. Boys Noize spielte auch letztes Jahr auf dem Festival und da war ich schon sehr angetan, dass der Berliner Alex Ridha über mehrere Stunden hinweg eine ansprechende Setlist halten kann. Das war diesmal aber leider anders. Wer weiß, ob es an Erol Alkan lag, aber das Set war dieses Mal viel zu poppig und ließ auf die großen und tanzbaren Hits lange warten. Immerhin folgte gegen 7 Uhr dann das lang ersehnte Cover zu „My Moon My Man“ von Feist. Diesen Track spielt Alex immer zum Abschluss seines Sets und zaubert dem Publikum auf diese Art und Weise leicht ein letztes Lächeln ins Gesicht. Als nach diesem vermeintlichen Abschluss die beiden aber nochmals die Bühne betraten, entschied ich mich um 7.30 Uhr dann doch dazu, mal langsam schlafen zu gehen. Das Tag/Nacht-Gefühl ist auf diesem Festival ja immer ein wenig durcheinander.
Der letzte Tag des Festivals ist der umstrittene Sonntag. Es gibt viele Festivalbesucher, die den dritten Tag für unnütz halten, aber ich finde das immer ganz angenehm, um das Wochenende ausklingen zu lassen. Nach gemütlichem Frühstück in Gräfenhainichen bin ich um 17 Uhr zum Konzert von Patrick Wolf aufs Gelände gegangen. Patrick spielte viele Songs seines neuen Albums The Bachelor und wusste es nicht nur, mit seinem Können an vielzähligen Instrumenten zu überzeugen, sondern kramte auch diverse Outfits aus, an denen sich die Meinungen scheiden dürften. Mit schwarzem Glitzerschal betrat er die Bühne, nur um dann später bis auf Feinripp-Latz-Unterhose und Stöckelschuhen (!) nichts mehr zu tragen. Vollkommenen Respekt an dieser Stelle, auf solchen Schuhen hätte ich sicherlich nicht von Box zu Box hüpfen können. Während des Auftritts kuschelte Patrick auch noch mit den vorderen Reihen des Publikums und tanzte so erotisch wie nur möglich einen der Security-Männer an. Dieser schien davon nicht sonderlich begeistert gewesen zu sein, wurde aber seitens des Publikums lautstark beneidet. Der Auftritt war neben Bonaparte mein persönliches Highlight, die Show war selbst zu so früher Tageszeit eine Wucht und durch Patrick’s Wunsch kam sogar die Sonne hinter den zugezogenen Wolken hervor. Nach dem Konzert schaute ich noch bei DJ Supermarkt vorbei, wo schon fleißig getanzt wurde. Das nächste Konzert, das ich mir ansah, war das von Kakkmaddafakka im Zelt. Nach der Überraschung am Abend zuvor wollte ich natürlich sehen, was die junge Band alleine auf der Bühne reißen kann. Das Konzert war gut besucht, obwohl parallel schon Polarkreis 18 auf der Hauptbühne spielten. Kakkmaddafakka haben zwar zugegebenermaßen einen etwas gewöhnungsbedürftigen Namen, aber konnten ihr gutes Image vom Abend zuvor problemlos halten. Tanzbare Songs, Interaktion mit dem Publikum, große Klasse. Danach war es dann auch schon Zeit für den Headliner des Festivals: Oasis. Der Auftritt war gut, keine Frage. Die Hits wie „Wonderwall“ und „Champagne Supernova“ wurden brav gespielt und das Publikum war zufrieden, auch wenn die Hauptbühne zu anderen Zeiten des Festivals bereits deutlich besser besucht war. Aber was hinter der Fassade durchscheint, ist mal wieder alles andere als erfreulich. Oasis ließen wohl zeitweise den Backstage-Bereich absperren und nur noch für Künstler zugängig, die am gleichen Tag Auftritt hatten. Nach Oasis machten sich dann viele noch auf den Weg zu Tiga, der sein DJ-Set spielte. Mit Songs wie „Mind Dimension“ rundete er das Festivalgeschehen ab und schickte die Besucher ab in die letzte Nacht und bestenfalls auf den Sleepless Floor, wo nachfolgend noch Lexy von Lexy & K-Paul, Sascha Funke und Ellen Allien auflegen sollten. Für mich war allerdings nach Tiga bereits genug der Feierei.
Alles in allem lässt sich trotz der anfänglichen Kritik aber nur ein hervorragendes Fazit zum Festival ziehen. Nach wie vor ist das MELT! in puncto Atmosphäre einzigartig in Deutschland und Anzugspunkt für Electro/Techno/Indie-Liebhaber aus ganz Europa. Viele der Macken aus dem letzten Jahr wurden bekämpft und mit seiner wachsenden Größe (dieses Jahr 20.000 Menschen) kommt das Festival noch gut zurecht. Aber wenn das MELT! wirklich noch weiter wachsen will, wie es die Festival-Crew auf der Pressekonferenz am Sonntag verlauten ließen, dann könnte es knapp werden in Ferropolis. Bleibt nur zu hoffen, das das MELT! nicht letzten Endes seinen Standpunkt wechseln muss, denn dann verliert das Festival eine Menge seines Charms. Denn das macht es doch aus: Sich bis in die frühen Morgenstunden in der aufgehenden Sonne vor der Kulisse aus Bagger die Füße in den Bauch tanzen… Und nicht nur in dem Punkt hat das MELT! definitiv sein Versprechen gehalten.
Das nächste MELT! findet vom 16. bis 18. Juli 2010 statt.
Top Artikel, ich war auch da und kann dir in allen Punkten zustimmen. Ich war jetzt das dritte mal auf dem MELT, es hat sich organisatorisch wirklich einiges getan.
ich hätt’s allerdings besser gefunden, wenn mehr neuer heisser scheiß da gewesen wäre. oasis, bloc party, das hat man irgendwie alles schonmal gehört/gesehen…
naja, ich freu mich aufs nächste jahr!
sorry, aber der artikel ist rein „journalistisch“ betrachtet schon mal unter aller sau. verzeih die harte wortwahl, aber DAS geht gar nicht.
erst einmal: es interessiert NIEMANDEN, wann du dein abendessen hattest. generell ist deine ich-schreibweise („danach machte ich mich auf den weg zu… dann besuchte ich den auftritt von…“) völlig daneben. so kannst du in deinem blog schreiben, aber hier ist das echt recht unangebracht.
des weiteren sind deine kritikpunkte in vielen teilen völlig überzogen. ganz ehrlich, fahr mal auf andere große festivals, vielleicht mal aufs glasto, oder so. klar, dass die security-sache letztes jahr nicht optimal war, aber es gibt dinge, die kann meinen keinem organisator ankreiden. die buchen die leute über irgendeine agentur/firma. meinst du, die casten die vorher, oder wie um himmels willen stellst du dir das vor?
dann: bloc party. liebe autorin, deine meinung in allen ehren. doch once again: journalistisch großer müll. es interessiert in dem bericht erstmal kaum jemanden, dass du die zwei letzten alben langweilig fandest. doch wenn du so eine aussage wirklich in den raum stellst, dann belege sie wenigstens halbwegs. denn „intimacy“ als LANGWEILIG zu beschreiben grenzt an naivität. wenn sie dir nicht gefällt ist das schön und gut, aber langweilig. sorry, das ist echt krass. ehm. ein kleines bisschen kulturelle erfahrung würde dir vielleicht nicht schaden. wenn ein junger man aus london – oder generell von der insel – das publikum als „you fuckers“ bezeichnet, hat das so wenig mit der ursprünglichen bedeutung dieser aussage zu tun wie wenn ein dir fremder us-ami ich an der supermarktkasse fragt, wie es dir geht. hierzu: das macht kele im übrigen nicht selten. erst bei einem vorangegangenen festival-auftritt übertrumpt er diese schandtat(!!), indem er das publikum sogar als „you MOTHERfuckers“ bezeichnete. in einem folgendenden interview statete er, es sei einer der besten festivalgigs ever gewesen. huh. confused now.
ich könnte ewig weitermachen. nimms nicht persönlich, aber das war einfach NICHTS. poste das in deinem blog, wenn es einen gibt, aber für ein mag, das sich halbwegs ernst nimmt, ist das ziemlich peinlich.
eines noch: es schadet nicht, sich auch ein bisschen zu informieren, weshalb diverse bands nicht spielen konnten. damit wäre deine frage, inwiefern die organisatoren etwas hätten verhindern können, schon überflüssig gewesen. ein kurzer blick in den blog der foals (zwei fünftel der band leideten under akuter schweinegrippe-infektion) oder moderat beantworten das nämlich schon.
genug jetzt. wie gesagt. kein persönlicher angriff, geht auch gar nicht, weil ich dich nicht kenne, aber rein aus der sicht eines menschen, der hier an sich gerne liest und vor allem interessiert liest: bitte, bitte. ab in den blog damit. bleib beim wesentlichen und überleg dir, ob es irgendwen interessiert, wer dir das bier ausgegeben hat, oder welche sonnenbrille du am samstag um 17.24 getragen hast.
vielen dank.
Wolfrick, ich für meinen Teil interessiere mich nicht für deine Engführung des Faches Journalismus. Zumal du den Fehler machst und das, was du unter klassischem Journalismus verstehst, eins zu eins auf die Fanzine-Kultur zu übertragen. So viel wie nur wie irgendwie möglich an Objektivität anzustreben ist eine ideologische Seifenblase.
marcus, danke für die anregung. sicher kam das so rüber, war aber nicht so gemeint. ich glaube, kaum jemand möchte hier einen schmidt-esken zeit-journalismus haben, oder sowas. nichtsdestotrotz darf man doch ein wenig anspruch auch an fanzines haben, oder?
ich verweise da einfach mal auf ein bekanntes internetportal, das sich ausschließlich mit plattenreviews beschäftigt. das ist irgendwo auch eine art fanzine. oder zumindest weit entfernt vom profijournalismus. und dennoch geben die autoren sich dort große mühe, die beiträge spannend und gut leserlich zu gestalten.
ich hab auch bei weitem nichts gegen eine persönliche note, um gottes willen. im gegenteil, das kann ja gerne mal erfrischend wirken. die frage ist da nach der dosierung des ganzen. wenn man aber das gefühl hat, jemand berichtet da nur noch total subjektiv, dann ist das vielleicht für die friends gut, die mit dabei waren, aber ansonsten.. na ja.
ist ja auch nur meine meinung, die nicht geteilt werden muss.